Geschichten:Die Tjoste - Finale

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5.Runde


Malina von Niederried-Brendiltal gegen Unswin von Keilholtz

Unswin war nach dem für ihn wichtigsten Gefecht nicht viel Zeit geblieben um sich auf das Finale vorzubereiten. Einzig der kurze aber heftige Schauer nach dem Kräftemessen mit Quanion von Isenbrunn hatte für eine kurze Erfrischung gesorgt. Die Luft war deutlich weniger schwül, und man konnte wieder besser atmen. Doch sein spontaner Auftritt nach dem Sieg gegen Leomaras Bruder hatte ihn neben der nötigen Zeit für die Vorbereitung auch die Konzentration geraubt. Immer wieder wanderten seine Gedanken zu Leomara und den Bedingungen die ihr Vater ihm gestellt hatte. So lange ihn jeder sehen konnte hatte er seine selbstsichere Miene beibehalten. Doch allein im Zelt kamen ihm erste Zweifel an seinem forschen Auftreten. Immerhin wusste er den versammelten Adel moralisch auf seiner Seite. Kaum einer schien sich an seinem Äußeren gestört zu haben, sondern nur den heroischen Sieger aus einem spannenden Duell vor sich gesehen zu haben. Dieses ungewohnte Gefühl der Akzeptanz zerrte ebenso an seiner Konzentration. Wenn er hier in der Fremde solcherart aufgenommen wurde, konnte er dann vielleicht gar darauf hoffen in Ehren in den Schoß seiner Familie zurückzukehren?


In Gedanken versunken saß er auf und nahm von seiner Knappin die erste Lanze entgegen. Seine Gegnerin im Finale war niemand anderes als die Braut höchst selbst. Unswin beließ es dabei auf ihren Schild zu zielen, wollte er doch vermeiden die Schwiegertochter des Gastgebers durch allzu gefährliche Manöver zu verletzen.

Wenige Augenblicke und einen dröhnenden Schädel später musste er erkennen, dass seine Kontrahentin diesbezüglich keinerlei Hemmungen zu besitzen schien. Der Ordensritter war sich sicher, eine Delle in seinem Helm zu spüren. Wenigstens hatte er trotz einer kurzen Orientierungslosigkeit ihren Schild nicht verfehlt. Beim zweiten Anritt war er besser vorbereitet und endlich auch gedanklich bei der Sache. Als er erkannte, dass erneut sein Kopf ihr Ziel war, lehnte er kurz vor dem Aufprall den Oberkörper ein wenig zur Seite, wodurch ihre Lanze wirkungslos an seinem Helm abglitt. Er jedoch traf erneut ihren Schild.

Zufriedenließ Unswin sein Pferd zum dritten Anlauf traben, war es ihm nach seiner anfänglichen Unachtsamkeit doch gelungen nach Punkten auszugleichen. Ohne zu zögern ritten beide Kontrahenten in die Schranken. Die Zuschauer auf der Tribüne konnten förmlich spüren, dass beide das Duell mit diesem Anritt für sich entscheiden wollten. Der Ordensritter konzentrierte alle Kraft und Aufmerksamkeit in seinen Lanzenstoß, wodurch es ihm nur mit Mühe gelang den Schild noch rechtzeitig zu heben, als Malina im letzten Moment den Winkel ihrer Lanze veränderte. Beide Lanzen vergingen in einer Wolke aus Holzsplittern. Die kleinere Ritterin von Niederriet wankte bedenklich nach diesem heftigen Zusammenprall, schaffte es jedoch im Sattel zu bleiben. Unswin hatte erkannt, dass seine Gegnerin angeschlagen war und setzte im vierten Anritt erneut auf seine Kraft. Zu seinem Pech hatte sich Malina nun auf seine Taktik eingestellt. Zu spät erkannte er, dass sie die Position ihres Schildes veränderte, wodurch seine Lanze wirkungslos daran abglitt. Sie jedoch brachte ihre Lanze ins Ziel und einen Moment später war die Tjostbahn mit jubelnden Menschen gefüllt.

Unswins Enttäuschung währte nur einen kurzen Augenblick. Die Braut hatte gewonnen und war unversehrt geblieben. Es gab wohl kaum ein schöneres Ergebnis für dieses Hochzeitsturnier. Zudem hatte er seinen persönlichen Sieg bereits in der Vorrunde errungen. Er nahm seinen Helm ab und betrachtete einen Moment kopfschüttelnd die Beule die Malina ihm dort beigebracht hatte. Dann wendete der Ordensritter sein Pferd um der glücklichen Siegerin in der sich gebührenden Form zu gratulieren. Doch das war leichter gesagt als getan. Besonders die nebachotischen Zuschauer ließen „ihre Kriegerin“ hoch leben, angeführt vom Bräutigam selbst.

Sie winkte ihm über die Köpfe der Nebachoten hinweg zu, und der meinte sowas wie: „Wir stoßen später darauf an...“ vernommen zu haben, bevor ihr Gemahl sich von hinten auf ihr Pferd geschwungen hatte, um sie ungestüm vor aller Augen zu küssen.