Geschichten:Die Wahrheit über Nandusjünger - Marschall fordert Bericht zur Lage

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Schloss Hohenlinden, Kaiserstadt Gareth, 24. Hesinde 1036 BF

Gewöhnlich war dies nicht die Jahreszeit, in der Urion von Reiffenberg sich nach Gareth begab. Nach kurzer Unterbrechung hatte es nun wieder angefangen zu schneien. Gefolgt von seinen zwei Gefährten lenkte er sein Streitross auf den Weg, welcher zum Schloss Hohenlinden, dem Stammsitz derer von Keres, führte.

In den Zeiten, da er für die Mark als Abgesandter bei Ludalf von Wertlingen Dienst tat, hatte er die Capitale des Mittelreiches ausgiebig erkundet, so dass es ihm nun keine Problem mehr bereitete sich hier zurecht zu finden.

Heute führte ihn jener unsägliche Artikel zu den Vorkommnissen in Eslamsgrund in die Hauptstadt, oder besser gesagt in die Randbezirke, denn hier in den Ausläufern des Stadtteils Rosskuppel sah alles doch etwas ländlicher aus.

Urion trug heute weder Lanze noch Wappenschild, wies es ihm als Ritter der Greifin gebührt hätte. Lediglich auf der rechten Brustseite seines Reiterumhangs trug er deutlich sichtbar das Familienwappen, ein steigendes weißes Ross auf blutrotem Grund. Trotz der winterlichen Kälte und der vermeindlichen Sicherheit die die Kaiserstadt bot, trug er seine Kettenrüstung und hatte sein Schwert gegürtet.

Am Portal des Schlosses angekommen rief er einen Knecht herbei, der sich sofort um sein Pferd und die seiner Begleiter kümmerte und klopfte laut vernehmlich an das Portal des Schlosses. Ein livrierter Diener öffnete ihm und bat ihn in die Eingangshalle.

Nachdem Urion seinen Namen und seine Absicht genannt hatte, wurde er zum Hausherren vorgelassen. Ohne Umschweife zog er den Herold aus dem Lederetui, welches an seinem Gürtel befestigt war und legte es vor Balrik von Keres auf den Tisch.

„Rondra zum Gruße, Balrik. Entschuldigt, dass ich Eure Aufmerksamkeit in Anspruch nehme, aber das hier besitzt zumindest so viel politische Brisanz, als dass ich es nicht ignorieren kann. Viel weniger kann ich es gut heißen, dass dieser Schmierfink mit falschen Informationen noch vor der Aufstellung der Truppen die Moral zu untergraben versucht. Da der Mann der Aufklärungsabteilung zugeteilt ist, erwarte ich von Euch Informationen und eine Erklärung was Ihr von den Umständen in Eslamsgrund wann gewusst habt? Ferner möchte ich ein schriftliches Dossier über diesen Horasier und Eure Empfehlung, wie wir in dieser Sache weiter verfahren!“

"Auch Euch zum Gruße, Urion", antwortete Balrik und mit einem kurzem Blick auf den Herold fuhr er fort. "Eine unsägliche Geschichte, was in Eslamsgrund geschah. Serpolet hat mich vorher gebeten, dorthin reisen zu dürfen, da er eine Einladung erhalten hatte, die offenbar an jeden Nandus-Geweihten im Königreich gerichtet war."

Der Aufklärungsmeister griff in eine Schublade und holte das gewünschte Dossier hervor und gab es dem Marschall. "Ich habe mir bereits gedacht, dass Ihr das haben wollt und habe es vorbereitet", sagte Balrik.

Mit einem erstaunten aber zufriedenen wirkenden Gesichtsausdruck nahm Urion das Schriftstück entgegen und bedankte sich mit einem kurzen Nicken. Während er darin blätterte, fuhr sein Gegenüber fort.

"Als ich von Geschehnissen in Eslamsgrund hörte, schickte ich gleich einen der Tauristar in die Stadt um Informationen zu sammeln und einen Brief an den dortigen Pfalzgrafen, um Erklärung zu bitten und inwiefern Serpolet in die Geschehnisse verwickelt war."

Balrik machte eine kurze Pause und Urion hatte den Eindruck, dass er den Kopf leicht, vielleicht verständnislos, schüttelte. "Laut dem Pfalzgrafen haben die Nandus-Geweihten zum Aufstand wider die Adelsherrschaft aufgerufen. Infolge dessen kam es auch an anderen Orten im Reich zu Unruhen, die aber im großen und ganzen wieder unter Kontrolle sind."

"Könnte das das Werk von Kollaborateuren von Haffax sein?", fragte Urion.

Balrik antwortete nicht gleich darauf. "Vielleicht", antwortete er schließlich. "Aber wenn ja, denke ich nicht, dass die Nandus-Kirche hier federführend war."

"Wie meint Ihr das?"

"Die Geweihten des Nandus und der Hesinde dienen Göttern, die das Wissen und die Klugheit als eine Tugend ansehen. Einzelne Geweihte mag es vielleicht geben, die auf Abwege geraten, aber eine ganze Kirche? Nein, ich denke, wenn die Nandus-Kirche eine Rebellion anstiften wollte, hätte sie es klüger angestellt. Als ich darum bat mit Serpolet persönlich zu sprechen um vielleicht mehr über die Hintergründe zu erfahren, wurde ich abgewiesen: der Cantzler selbst übernimmt nun diese Angelegenheiten."

„Und dennoch schwelt es in Eslamsgrund weiter", erwiderte der Marschall. "Aus Greifenfurt erreichte mich gestern Botschaft, in der Reichsstadt Eslamsroden habe sich die Bevölkerung erhoben und die Baronsburg innerhalb der Mauern besetzt. Zwar gibt es eine ewigen Zwist zwischen Baronie und Stadt um die Zugangsrechte, aber Baron Ardo von Keilholtz bestätigt, dass auch hier dämokratische Schmähschriften wider die göttliche Ordnung verteilt wurden. Wie ich Ardos Temperament kenne wird er sich das nicht lange anschauen. Er wird die Garafanisten um sich sammeln und der Reichsstadt zusetzen, bis die Greifin oder die Kaiserin eingreift.

Doch zurück zu diesem Serpolet, ein Horasier und,“ er wies auf Balriks Dossier, „ein Taktiker, der es vorzieht, nicht die offene Schacht zu suchen, sondern einer der seinen Verstand nutzt. Hinterhalte, Magieeinsatz etc., natürlich immer in zwölfgöttergefälliger Absicht. Nun offensichtlich hat er hier über das Ziel hinausgeschossen. Bei diesen Nandusjüngern besteht immer die Gefahr, dass sie Glaubenslehre mit militärischer Führung vermischen. Letztlich dient er damit zwei Herren. Das werde ich im Heerbann nicht dulden. Habt ihr Informationen was Cantzler Horulf vor hat? Wird den Beteiligten ein kirchlicher oder ein weltlicher Prozess gemacht? Erst danach kann ich entscheiden, wie weiter mit Serpolet als Angehörigem des Heerbanns verfahren wird.“

"Es wird ein weltlicher Prozess", antwortete Balrik. "Auch Horulf will die Hintergründe erfahren. Er hat diesbezüglich den Adel des Reiches ins Kloster St. Ancilla eingeladen um über die Sache zu entscheiden und ihren Rat einzuholen wie mit der Nandus-Kirche in Zukunft verfahren werden soll." Er gab Urion eines dieser Schreiben.

Urion überflog die Zeilen des Cantzlers und blickte ärgerlich drein. „Wie schade, dass ich heuer nicht selbst dorthin reisen kann. So könnte ich mir den Delinquenten selbst anschauen. Balrik, ich denke dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie angreifbar wir noch an vielen Stellen sind. Das wird Haffax nicht entgehen, deshalb brauche ich von jedem Angehörigen des Stabes und den potentiellen Truppenführern sowie wichtigen Schlüsselpersonen ein ähnliches Dossier. Nicht, dass ich niemandem mehr traue, vielmehr will ich wissen, was ich jedem Einzelnen zutrauen kann. Gesetzt den Fall, dass Meister Helme doch seine verfluchten Finger im Spiel hat, möchte ich, dass auch in diesen Richtung ermittelt wird. Den Schreiberling werde ich mir selbst zur Brust nehmen und die Dinge klarstellen. Letztlich hat der Stab des Heerbanns sich nichts vorzuwerfen. Für die individuelle Entscheidung des Einhornjüngers muss er allein die Folgen ertragen."

"Wird erledigt", nickte Balrik. "Was Serpolet angeht, Urion", fuhr er fort, "auf mich hatte er nicht den Eindruck gemacht, dass er sich sehr für Politik interessierte. Ich würde ihn gerne persönlich sprechen wollen und alles aus seiner Sicht hören. Ich werde im Ingerimm nach St. Ancilla reisen, vielleicht erfahre ich dort mehr."

„Sehr gut Balrik, dann ist meine Abwesenheit nicht so tragisch und ihr könnt mir danach in aller Ruhe berichten. Aber gebt keine Versprechungen, die ich nicht einhalten kann.“

"Habt keine Sorge, Urion, denn ein etwaiges Urteil bindet auch mich“, stellte Balrik nüchtern fest.

„Da ich gerade hier bin, hätte ich eine Bitte. Könntet Ihr Euch bereits jetzt zweier meiner jungen Reiter annehmen und sie in den Künsten des Kundschaftens ausbilden? Mir bleibt dafür leider keine Zeit, und ich bin sicher Eure Tauristar haben die notwendige Erfahrung dafür. Die Jungs haben an meiner Seite tapfer in der Schlacht am Stein gekämpft. Sie haben das Zeug zu leichter Kavallerie.“

"Aber sicher doch", nickte Balrik. "Ich werde sie mir gleich ansehen. Habt Ihr sie dabei?"

"Sie warten unten im Hof."

Mit diesen Worten schlossen sie die Akten und machten sich auf den Weg in den Hof.


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24. Hes 1036 BF
Marschall fordert Bericht zur Lage


Kapitel 1

Den Garether Ausrufern zugehört