Geschichten:Die freie Wahl

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Barnhelm von Rabenmund liebte den Fliedersalon im Südwesterker des Schlosses. Von hier, aus dem dritten Stockwerk, hatte man durch die hohen Fenster einen fantastischen Blick über die Felder der Goldenen Au, in die sich die letzten Ausläufer der großen Stadt verloren. Es roch nach Laubfeuern, und dieser Geruch erinnerte den Markvogt an seine Zeit am Ochsenwasser, bevor die Jahre seines Lebens zu schicksalhafter Geschichte geworden waren. Er wischte sich kurz mit der ganzen Hand über das Gesicht, ehe er den samtenen Handschuh wieder überstreifte, der eine seiner stilsicheren Marotten geworden war. Noch mit dem Handschuh beschäftigt und ohne aufzublicken, kehrte er zum Thema zurück: „Es stimmt, Spalotin, dass der Rat der Helden uns im Regen stehen lässt. Mag sein, dass Thorn Eisinger dagegen gestimmt hat. Mag sein, dass wir nur Opfer der innerstädtischen Politikspielchen geworden sind. Aber Tatsache ist: Die Stadt zieht sich fein raus und unterstützt nur ihre Vasallen an ihrer direkten Flanke.“

„Vielleicht war der Graf erschrocken über die hohen Forderungen der Brachenwächter?“, gab Spalotin zu bedenken.

„Möglich. Sogar wahrscheinlich. Der Rat der Stadt besteht aus vielen Krämerseelen, und am 4. Boron waren diese mal wieder in der Mehrheit. ›Verlass dich nie auf einen Verbündeten, der seine Entscheidungen nicht frei wählen kann.‹« Barnhelm setzte sich auf das schmale Sofa mit Blick auf die Dämmerung.

„Hals Kaisersprüche?“, riet Orelbert von Eschenrod.

Randolph von Rabenmund?“, riet Lechmund Stanzkleid.

„Barnhelm von Rabenmund?“, riet Goswin Schimmelgeiß.

Kaiser Answin“, wusste Spalotin.

„Sei’s drum. Auch ich bin nicht bereit, diese Summen unbesehen herzugeben, selbst wenn mir bewusst ist, dass ich in meine Vasallen und ihre Lehen investieren muss, wenn ich Ihre Stärke und Treue erhalten möchte. Aber …“, erhob er den Zeigefinger, „… ich bin nicht der Almosengeber für die abgewanderten Söhne und Töchter anderer, ebenfalls edler Familien von Adel und Stand.“

„Sehr richtig, Hoheit!“, unterstrich Eschenrod und zeigte theatralisch auf seine ledergebundene Kladde. „Der Mersingen hat ein mächtiges Haus im Rücken, das kann seinen wichtigen Posten durchaus unterstützen! Desgleichen der Vairningen und die Rian. Beide haben Familien in den Nordmarken respektive Albernia. Dass ein Spross ihres Stammes nun die Reichsritterwürde und ein Lehen erlangt hat, muss den Verwandten Ansporn sein, dem Sprössling zu Ansehen und Ehre zu verhelfen! Eichstein auch - ein Koscher Haus!“

Eschenrod war während seiner Rede immer lauter geworden, sogar aufgestanden und reckte beim letzten Wort seinen Zeigefinger in die Höhe. Die anderen starrten den Seneschall entgeistert an: Dass mit der Brachenwacht urplötzlich so viel Bewegung in den Kaisermärker Haushalt gekommen war, musste den knöchernen Pillendreher völlig aus der Spur geworfen haben. Eschenrod setzte sich wieder, während Spalotin unter die Ausführungen trocken den Punkt setzte: „Genau.“

„Gut, dann ist das geklärt. Meine Schatulle unterstützt die unabhängigen Brachenwächter voll, die anderen anteilig. Schimmelgeiß: Ich hätte gern von diesem Stärkungstrunk noch einen Becher. Spalotin: Bleib noch kurz. Es wird Zeit, über die Gräber zu sprechen.“



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Texte der Hauptreihe:
K34. Nestbau
Autor: BB