Geschichten:Die gute neue Zeit
Der Junker sprang von seinem kräftigen Pflugpferd "Alwene" und kam mit einem Scheppern seiner alten Rüstung auf.
Mit dem Tod Thalionmels machte sich bei seinen alten Adelsgefährten eine seltsame Schwermut breit. Alles wäre früher besser gewesen, Reich und Grafschaft gingen vor die Hunde.
Er ließt mit einer kleinen Neigung des Kopfes nach links und rechts noch einmal kräftig sein eigenes Genick knacken.
Früher lauerten aber auch an jeder Ecke des achso aufgeräumten Reiches Orks, Goblins und Oger. Sie waren, genauso wie die zahlreichen Räuber viel schlechter organisiert, aber umso lästiger.
Der Junker griff den Topfhelm und hob ihn auf den Kopf.
Er hatte sich immer mal wieder gewünscht, ein paar von diesen Wilden vor das Schwert zu bekommen. Aber nun sammelten sich scheinbar alle Bösewichter unter Kriegsherren in der Wildermark. Gut, früher sind sie sicher lästig gewesen, heute waren sie selten.
Bedächtig zog er einen kostbarsten Besitz, den Zweihänder "Totenfeuer" aus der Tasche hinter dem Sattel.
Wieviele schöne Stunden hatte er damit verbracht, die Straßen der Grafschaft sauber zu halten. Damals wurden noch Kämpfer gebraucht und keine Armeen. Echte Helden eben. Hier in Greifenfurt war anscheinend alles noch wie früher, welch ein Glücksfall, dass sie geglaubt hatten, sie könnten Geld von ihm bekommen.
Gemächlich stapfte er auf sie zu, die Spitze des Zweihänders schleifte über den Boden.
Sowieso musste man hier viel weniger über Verwandschaftsverhältnisse und andere Fettnäpfchen nachdenken. Hier zählte, wer zuschlug. Das hatte selbst Höllenwall und Sertis angesteckt. Daheim würden sie sich niemals so gehen lassen
Als der Junker vom strammen Marsch in einen laut klapperndes Laufen überging, machte sich langsam Unruhe bei den sieben vorher so überlegen wirkenden Räubern breit.
Aber es gab auch soviele Vorteile. Niemand scherte sich mehr so recht um Recht und Gesetz. Brachte er Räuber zur Strecke, konnte er sie nun einfach liegen lassen. Wenn er so ein Glück hatte wie heute und auch mal auf welche traf.
Die Klinge grub sich tief in die Schulter des ersten, beim schwungvollen Herausziehen traf die schwere Eisenpommel den zweiten ins Gesicht, der glaubte, sich von der Seite anschleichen zu können.
Im Lichte der borbaradianischen und post-borbaradianischen (wenn er für sich dachte, fielen ihm immer die komplizierten Wörter ein) Gräueltaten war sein Kampfstil vielleicht nicht ritterlich, aber er gehörte dennoch zu den Guten. Die Grenzen zwischen Helden- und Schurkenadel zerflossen. Viele hielten ihn sogar mittlerweile für einen Ritter.
Nein, das einzige, was man der schönen alten Zeit nachweinen konnte, war der größere Mut der Gegner, dachte sich Junker, während sein Reiterstiefel laut knackend das Genick des Vierten zertrat und er machtlos mitansehen musste, wie die anderen drei hasenfüßig im Wald verschwanden.