Geschichten:Die mit Giganten ringen - Kurswechsel am Darpat

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Dramatis Personae


Baronie Sturmfels, 15.Phex 1033 BF

Ein letztes Mal warfen sie einen Blick auf die windumtosten Gipfel, bevor sie sich wieder an den Abstieg machten. Immer grüppchenweise sollten sie ihren Weg hinab ins Tal antreten, und so waren Unswin und Leomara, die verlobten Ritter, ganz am Ende einer solchen Gruppe, um ungestört miteinander sprechen zu können. Die Zeit in den Bergen hatte ihre Schritte sicherer werden lassen und das Auge geschult, welcher Stein zum kippen neigen könnte.

Seit der Verkündigung war die Isenbrunnerin seltsam in sich gekehrt und schweigsam, fast mürrisch und abweisend. Bislang hatte es aber noch keine rechte Gelegenheit gegeben ein Wort unter vier Augen zu wechseln, sodass Unswin jetzt fast überrascht war, als seine Geliebte ihr Schweigen brach.

„Unswin, auch wenn ich es nur ungern zugebe ... Alrik XII. von Sturmfels hatte Recht mit seiner Aussage, dass der Berg uns verändern wird. Schleifen oder schärfen...das waren seine Worte gewesen. Dann noch gestern der Sinneswandel unseres Favoriten Alrik XIII. ... und zuletzt die Läuterung des Schwarztobriers."

Sie schüttelte ungläubig den Kopf und strich sich das zerzauste Haar aus der Stirn.

„... ich fühle mich, als sei ich in einen dieser unberechenbaren Strudel im Darpat geraten und der hätte mich an einer anderen Stelle in meinem Leben wieder ausgespuckt. Alles sieht bei näherer Betrachtung anders aus als es einmal war.“

Unsicher schaute sie in seine Richtung. Ihr Blick war schwer zu lesen. Trauer, Wut, Angst er konnte es schwer lesen was daraus sprach.

Sein argloser Blick zeigte eine gewisse Ratlosigkeit. Es war offensichtlich, dass er ihren verworrenen Worten nicht viel entnehmen konnte. In seiner Stimme lag einiges an Zurückhaltung als er antwortete.

„Ohne Frage hat es einige überraschende Wendungen gegeben. Auch ich habe viel gelernt ... und verloren. Und mich wahrscheinlich auch ein Stück weit verändert. Aber ich kann nicht von mir behaupten, dass ich mich grundlegend anders fühle. Ich denke dafür habe ich schon zu viele prägende Einschnitte erlebt.“

Sorgsam wählte er seine Schritte auf dem rutschigen Hang. Ein Beinaheabsturz reichte ihm für diesen Götterlauf.

„Doch sag mir, was denkst du an welcher Stelle deines Lebens du dich nun nach den Ereignissen auf dem Berg befindest? Was hat sich für dich geändert?“

Offen sah er sie an und wartete, bis sie ihre Gedanken zu einer Antwort gesammelt hatte.

Als ob sie Schmerzen hätte verzog sie nun das Gesicht. Natürlich verstand er nicht was sie seit Stunden umtrieb. Um nichts anderes mehr waren ihre Gedanken gekreist seitdem sie wach geworden war. Sie hatte ihm nicht gesagt wie nahe sie dran gewesen war dieser einen Seite des Gesandten des Berges Quanion auszuliefern um zu erfahren wer sie fast zu Tode gebracht hatte. Doch sie hatte widerstanden. Nicht zuletzt durch die Worte Alfreds Beradjes und auch Marnion von Kelsensteins.

„Ich kann nicht so weiter machen!“ brach es schließlich aus ihr heraus. Erklärend sprach sie weiter.

„Genau wie Alrik habe ich allzu lange hin genommen was mir geschieht. Gut, ich war nicht ganz so duldsam, und auch hatte ich mich schon einmal weg von Gnitzenkuhl begeben, dennoch sitze ich jetzt wieder hier, brav an der Seite meiner feinen Familie als verlängerter Arm meiner Halbschwester, die auf dem Platz sitzt, den eigentlich ich ebenso gut ausfüllen könnte.“

Unswin brauchte klare Worte, bitte hier hatte er sie, doch wie würde er nun mit diesen harten Wahrheiten umgehen?

Der Ritter brauchte einen Moment um ihre Worte zu begreifen. Wider seiner sonstigen Natur sah er sie weiterhin einfach nur still an und schien zu überlegen bevor er etwas sagte. Es war offensichtlich, dass sie ihn mit ihrem Ausbruch sehr überrascht hatte. In seinem Gesicht stritt sich ein Lächeln auf den Lippen mit den Sorgenfalten auf seiner Stirn um die Vorherrschaft. Er entschied sich seine kritischen Gedanken zurückzustellen, da Leomara so aussah, als könne sie für den Moment des innerlichen Ringens vor allem Zuspruch gebrauchen.

„Ich spüre wahrlich den Geist des Berges aus deinen Worten sprechen und ich freue mich für dich, dass du zu dem Schluss gekommen bist dich nicht länger von deiner Familie erpressen zu lassen. Das ist ein mutiger Schritt, kann er doch den Verlust jedweder Unterstützung und jeglicher Sicherheiten, für dich bedeuten. Wenn du diesen Weg wirklich beschreiten willst, so kann ich nur meine Wort wiederholen das ich dir in Rashia’Hal gab. Wann immer du meiner Hilfe bedarfst wirst du in Dergelmund eine offene Tür finden und wann immer es meine Pflichten zulassen werde ich bei dir sein und dich unterstützen.“

Er wandte den Blick zu Boden und sie spürte, dass es noch nicht alles gewesen war was er zu sagen gedachte. Unswin sammelte seinen Mut, denn seit sie sich kannten war er noch nicht gezwungen gewesen in seiner Funktion als Ordensritter mäßigend auf Leomara einzuwirken.

„Ich muss dich jedoch ermahnen, dass du darauf achtest den Pfad des Herren Praios nicht zu verlassen.“

Bevor sie zu einer wütenden Entgegnung anheben konnte fuhr er hastig fort, erntete aber wilde Blicke von ihr.

„Bitte versteh mich nicht falsch. Ich weiß, dass du eine götterfürchtige Frau bist. Doch deine Gedanken deiner Schwester gegenüber sind gefährlich. Du bist und bleibst die Tochter deiner Mutter. Dein Vater mag der Baron von Gnitzenkuhl gewesen sein, du magst die ältere seiner beiden Töchter sein, doch deine Mutter war nicht seine vor den Göttern angetraute Gemahlin. Das unterscheidet dich von Geshla und aus diesem Grund ist sie die Baronin und nicht du. Ich bezweifle nicht, dass du ihren Platz an der Spitze der Baronie mindestens genauso gut oder besser ausfüllen könntest. Du hast alles was es dafür braucht. Mut, Erfahrung, Entschlossenheit, den Willen dich durchzusetzen. Jetzt noch mehr als zuvor. Aber es ist Geshlas von Praios gegebenes Recht, dass sie und ihre Kinder über Gnitzenkuhl herrschen. Erst dann, und nur dann, wenn sie sich vor den Göttern versündigt, hättest du einen Anspruch auf ihre Position. Bis dahin hast du entweder die Möglichkeit sie weiterhin mit Rat und Tat zu unterstützen oder aber wie Alrik fern deiner Familie deine eigenen Wege zu gehen und deine eigenen Entscheidungen zu treffen.“

Verletzt sah sie ihn an. Was dachte er nur von ihr was sie tun würde? Geshla umbringen? Sie wollte nur sagen dürfen wer sie war, nicht mehr und nicht weniger.

Kühl meinte sie daher zu ihm: „Ich glaube wir unterbrechen an dieser Stelle wohl besser unser Gespräch. Man macht hier am Berg schnell einen unbedachten Schritt, und die Konsequenzen sind bisweilen sehr schmerzhaft.“

Mit diesen Worten schritt sie kräftig aus um zu den vor ihnen gehenden Rittern aufzuschließen.

Verständnislos schaute der Ordensritter ihr hinterdrein. Was hatte er Falsches gesagt? Oder hatte er ihre Motivation falsch verstanden. Ihre Worte schienen ihm eindeutig gewesen zu sein. Bevor er sich wieder gefasst hatte, hatte Leomara bereits wieder zur Gruppe vor ihnen aufgeschlossen und an eine Fortsetzung des Gesprächs war nicht mehr zu denken.

Der Wind des Sturmfels trug sein verzweifeltes Seufzen ungehört davon und den Rest des Weges trottete er wortlos neben der Ritterin her.