Geschichten:Die neue Rekrutin - Epilog

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Boronanger der Stadt Rubreth, 20. Praios 1047 BF

"So wünsche ich dir, geliebter Vetter, nun alles nur erdenklich Gute und den Segen der Zwölfe auf deiner letzten Reise über das Nirgendmeer. Bis wir uns eines fernen Tages in den göttlichen Paradiesen wiedersehen. Doch soll dein Tod nicht ungesühnt bleiben. Wir werden den Täter finden, und seiner gerechten Strafe zuführen. So sei es!"

"So sei es!" antwortete die versammelte Trauergemeinde wie aus einem Mund.

Rondradan Helmar von Pfortenstein hatte soeben die Abschiedsrede für seinen entfernten Vetter Danos gesprochen, und lies nun nach kurzer Abstimmung mit der anwesenden Boroni aus Waldwiesen seinen Sarg in die vorbereitete Grab herab.

Aus dem Publikum war vereinzelt Schluchzen zu hören. Es hatte die Familie Pfortenstein zutiefst geschockt, dass einer der Ihren mit gerade mal dreißig Götterläufen so völlig unerwartet aus dem Leben gerissen worden war. Und dass der Mörder noch immer auf freiem Fuss war, machte die Sache nicht besser. Eher verzagter.

Während nun der Sarg hinabgelassen und anschliessend mit Erde bedeckt wurde, sah er sich noch einmal die Versammelten an. Seine Witwe die junge Ritterin Ryane war in Begleitung ihrer Vorgesetzten Tsaiane angereist. Er konnte ihre Bestürzung in ihrem Gesicht sehen, doch Tränen hatte sie nicht vergossen. Nunja, er wusste, dass sie und Danos sich bei ihrem letzten Besuch nicht im Guten getrennt hatten. Er bedauerte immer noch, dass die junge Frau gleich in den Fokus des ermittelnden Inquisitors geraten war, auch wenn sich rasch herausgestellt hatte, dass sie an Danos Tod völlig unschuldig war. Alles andere hätte ihn auch zutiefst entsetzt.

Desweiteren waren Danos beiden Schwestern Ysinthe und Xaviera gekommen, letztere war in Begleitung ihres Gatten Kolkja von Radewitz angereist. Anders als Ryane hatten sie bereits einige Tränen vergossen, offensichtlich hatten sie sich mit ihrem jüngeren Bruder immer gut verstanden. Weitere Gäste waren Olmerga und ihre 3 Kinder aus Pfortenstein, sowie Jeswine von Pfortenstein, die ebenfalls Mann und Kind dabei hatte. Aus Rubreth war Bürgermeister Rosco Steinhauer, die Rondrageweihte Alwene von Grenstade mit ihren Novizen, und einige weitere Menschen aus der Stadt gekommen. Von Burg Rubreth war seine Magierin Cara Sybila von Waldmarkt anwesend, sowie die Ritter Gunnolf Gishelm Flaß von Cresseneck, Meinir ni Rian, Selinde von Kravetz, Darian Rondred von Roßsprunk und sein neuster Ritter Halgor Arnwulf von Schack, sowie zwei seiner Knappen.

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Ryane fühlte sich sehr unwohl. Fast Danos' gesamte Familie war anwesend, und alle kamen nach und nach zu ihr, um zu kondolieren. Zwar hatte ihr keiner offen unterstellt, irgendwie am Tod ihres Mannes beteiligt gewesen zu sein - immerhin war sie ja durch Inquisitor Praiobur von Zankenblatt als unschuldig eingestuft worden. Aber trotzdem schwang bei vielen Beileidsbekundungen der stumme Vorwurf mit, dass sie nicht richtig trauern würde, eine Frau spürte sowas. Sie hasste diese Situation, und versuchte die Beileidswünschenden so rasch es die Etikette erlaubte wieder loszuwerden.

Schließlich trat auch ihr Lehnsherr Landvogt Rondradan an sie heran, um zu kondolieren. Er zog sie ein wenig beiseite.

"Ich weiß, dass Ihr und mein Vetter Danos euch nicht gerade in freundlichem Einvernehmen gettennt habt", begann er, und das war noch stark untertrieben. "Doch um Euch ein Zeichen der Versöhnung nach all den Unannehmlichkeiten, die ihr durch die Ereignisse hattet, zu geben, möchte ich Euch anbieten, ab sofort als Vögtin meine Junkertums Olbershag zu dienen, und euren Gemahl sozusagen zu beerben. Was sagt Ihr?"

Ryane schwieg einen Moment und dachte nach. Doch dann schüttelte sie energisch den Kopf: "Euer Vertrauen ehrt mich, Euer Hochgeboren, doch dieses Angebot muss ich leider ablehnen. Zum einen würde mich zu vieles in Olbershag an meinen ermordeten Gemahl erinnern, von dem ich nun erst einmal Abstand nehmen wollte, zum anderen sähe ich mich dann gewiss wieder mit neuen Vorwürfen konfrontiert, an seinem Ableben nicht unbeteiligt gewesen zu sein, da ich ja dann als einzige davon profitiert hätte. Nein, es tut mir leid, aber ich fürchte, Ihr werdet da einen anderen Vogt oder Vögtin suchen müssen."

"Bedauerlich, aber verständlich!" entgegnete Rondradan. "Ich respektiere Eure Entscheidung und hoffe, dass Ihr weiterhin der Familie Pfortenstein die Treue haltet."

"Das steht für mich ausser Frage, Euer Hochgeboren!" antwortete Ryane.

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Doch Rondradan gab sich noch nicht geschlagen. Vielleicht ergab sich ja durch die Familienzusammenkunft noch eine andere Gelegenheit, die Positionen innerhalb der Familie zu stärken?

So trat er später nach der Trauervesper an seine entfernte Base Ysinthe heran: "Auf ein Wort, Base?" "Natürlich, Vetter!" nickte sie.

"Wie Du weißt, war dein Bruder Danos der Vogt meines Junkertums Olbershag hier in Rubreth. Ich brauche jemanden, dem ich das Junkertum anvertrauen kann. Von den Hiesigen kommt für mich keiner in Frage, sie alle sind nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Ich brauche jemanden, dem ich vertauen kann, also jemanden aus der Familie. Daher mein Angebot: würdest du Olbershag als meine neue Vögtin übernehmen? Damit verbunden ist die Burg Olbershag, der gleichnamige Markt, und eine kleine Ritterherrschaft im Norden, die aber nur aus einer Burgruine und einem Gutshof besteht. Die dortige Ritterin ist Ryane von Rosenstein, sie ist aber nur selten anwesend. Du hättest bei der Verwaltung weitgehend freie Hand. Was sagst du?"

"Was ich sage? Ich sage natürlich zu!" rief Ysinthe vielleicht etwas zu stürmisch und wollte Rondradan schon um den Hals fallen. Doch dann erinnerten sie sich, dass sie immer noch auf einer Beerdigung waren, wo sich dies nicht geziemte.

"Ich muss das natürlich noch mit meiner Dienstherrin Iralda von Ochs klären, aber ich glaube, sie wird Verständnis dafür haben."

"Sehr gut. Dann sind wir uns ja einig!" schloss Rondradan und reichte ihr die Hand, in die sie sogleich einschlug.

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Halgor sah sich die Trauergemeinde genau an. Sein Plan war fast aufgegangen, bis auf die Tatsache, dass man anscheinend seinen Trick mit der Kette durchschaut hatte. Denn offensichtlich war ja die Gattin seines Opfers noch auf freiem Fuß. Aber immerhin hatte er es bei der Befragung des Burgpersonals vermeiden können, irgendeinen Verdacht zu erregen, und hatte stattdessen alle Fragen des Inquisitors kurz und knapp beantworten können. Dennoch war die Familie nun erstmal gewarnt. Er würde erst etwas Zeit brauchen, damit Gras über die Sache wachsen konnte. Und irgendwann später würde er erneut zuschlagen!

ENDE