Geschichten:Dreihügler Muttertag - Vom Mahlen

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Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Auf dem Weg zur Mühle erläuterte Gramhild also, wie sie – gemäß den Wünschen und Ratschlägen des Barons – mit den Abgaben verfuhr. Dass die strenge Schonung der Forellen auf die Muscheln und den damit verbundenen – relativen – Wohlstand des Junkertums Auswirkungen hat und daher der Fischfang streng begrenzt sein muss, hält sie für durchaus nachvollziehbar. Daher wird durchaus mal etwas der Rücklagen aus dem Backzehnt zur Überbrückung schwerer Winter verwendet. Da dies zum Schutz des Baches geschieht, betont Gramhild dies besonders, auch wenn sie sich im Klaren darüber ist, dass es kaum die Zustimmung Yadvigas finden wird.

So bemühte sie sich um einen schnellen Themenwechsel, indem sie auf den Mühlweiher verwieß, in dem ebenfalls bereits eine weitere Anlage zur Forellen- und Muschelzucht angelegt worden war. Dadurch sei in zwei mal zwölf Götterläufen eine erhöhte Perlmuschelernte zu erwarten, wenn alles gut liefe. Denn die kostbaren jungen Muscheln wurden dieses Jahr das erste Mal mit kleinen Sandkörnlein bestückt, um sie zur Perlenbildung anzuregen.

Bei der Mühle angekommen öffnete die Junkerin die Türen, da die Mühle derzeit nicht im Betrieb war. „Die meiste Arbeit wird hier frisch nach der Ernte verrichtet. Der Mühlbauer ist wie die anderen Bauern ebenso auf den Feldern bei der Aussaat.“ Yadviga furchte leicht die Stirne: „Also habt ihr keinen gelernten Müller, der das Mahlen übernimmt, sondern einen Dienstbauern, der dieses Handwerk statt Herrendiensten betreibt? Wer kümmert sich in dieser Zeit um dessen Felder? Oder ist er kein Eigenbauer, sondern gehört zum Vögtlichen Bann? Als Knecht wäre das natürlich etwas Anderes.“

Mit einer hochgezogenen Augenbraue hörte Gramhild sich die Fragen ihrer Ziehmutter an, damit sie auch nicht irgendein Detail ihrer Wissbegierde versehentlich übersah. „Er ist tatsächlich Freibauer und verrichtet die Mühlarbeit als Dienst für die Vogtei, hat aber als Junge das Handwerk des Müllers gelernt und versteht sich auf sein Handwerk. Für das Mahlen des Korns bekommt er die Ernte aber von den anderen Bauern mit eingebracht, muss aber die gleichen Abgaben leisten. Sein Sohn wird seit dem letzten Herbst in die Arbeit eingewiesen und seine Tochter haben wir im Frühjahr erst dem Peraine-Geweihten als Akoluthin mitgegeben. Sie versteht sich ganz passabel auf die Kräutersuche und soll im Kloster Nardeshain – das ist noch ein paar Stunden Fußmarsch von hier – ausgebildet werden.“

In der Zwischenzeit überließ es die Junkerin der Alten, sich in der Mühle umzusehen. Sie selbst fand, dass es hier nicht sehr viel zu schauen gab, kannte sie sich selbst hier nicht besonders gut mit den Mahlwerken und Gestängen aus. Aber gründlich gefegt war es und es gab auch keine nennenswerten Ansammlungen von Spinnennetzen, die in Reichweite irgendwelcher möglicherweise wichtiger Gerätschaften hingen. „Der Mühlbauer überlegt zur Zeit, ob er seinen Sohn auch in eine richtige Lehre schicken kann, aber er war selbst noch nie weiter als bis Schmalfurt und kennt keine anderen Müller. Ich wollte mich auf dem nächsten Jungmaidenmarkt in Schmalfurt oder auf dem Rahjamarkt in Greifenfurt mal umhören. Vielleicht könnte man da ja einen Handel machen, dass wir hier stattdessen auch ein tüchtiges Kind nehmen.“

Yadviga hatte sich indes an die Mahlvorrichtung begeben, wohl um diese genauer in Augenschein zu nehmen. „Hmm. Der Schlucks ist ein wenig zu groß, was an den Abschürfungen am Mahlauge hier und hier liegt. Nichts, was man nicht reparieren könnte. Allerdings solltest du schon mal ein wenig Geld zusammenkratzen. So wie es aussieht, wirst du nächsten Winter den Läuferstein erneuern müssen. Dieses Jahr ist noch Griff genug, aber nächstes Jahr wird’s Zeit. Aber das wird dein Müller unzweifelhaft in diesem Frühjahr auch sagen. Gepflegt ist das Ding. Das Aufhebezeug ist ein wenig ausgenudelt, aber das ist Ansichtssache.“ Kurz sah die Ältere auf und fasste die Ziehtochter ins Auge: „Trotzdem solltest du überlegen, ob du eine Lohmühle anbaust und einen eigenen Müller ganzjährig anstellst. Genug Fischernetze werden hier sicherlich gebraucht und auch Leder, so dass die Herstellung von Lohe sicherlich Sinn machen würde. Und der Lohmüller könnte dann zur Erntezeit die Lohmühle Lohmühle sein lassen und die Kornmühle betreiben. Oder du denkst über eine Walkmühle nach. Genug Schafe hat es hier, dass sich die Heimweberei lohnen würde. Warum die Stoffe weggeben und weniger verlangen, wenn man das Walken auch zu Hause betreiben kann.“ Ein weiterer prüfender Blick flog über die Anlage, dann setzte sich die Alte zur Tür in Bewegung. „Und du solltest dich schnellstens mit ALLEM vertraut machen, über das du herrschst. Es kann nicht angehen, dass man sich auf den Sachverstand eines Untergebenen so sehr verlassen muss, dass man sich diesem ausliefert. Noch bist du zu neu an diesem Orte, um alles zu wissen. Aber nach Jahr und Tag sollte dir niemand mehr im eigenen Lehen etwas vormachen können. Nur so geht’s.“ An der Tür verhielt die Frau und reckte sich ein wenig: „Wenn es dir hilft, in Nebelstein gibt es sowohl eine Walk- als auch eine Kornmühle. Der neue Baron schuldet mir noch ein paar Gefallen. Ich kann den Jungen mitnehmen, wenn ich dich wieder verlasse. Wenn er gut arbeitet, dann wird er schon bald den Vater ablösen können. Und bis er mit seiner Lehre durch ist, hättest du auch eine weitere Mühle gebaut. Ich kenne da ein paar gute Baumeister in Greifenfurt, deren Schuld ich endlich mal eintreiben könnte. Das dürfte dann durchaus in bezahlbarem Rahmen bleiben.“


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11. Per 1035 BF
Vom Mahlen
Vom Begutachten


Kapitel 7

Vom Mühlgewerbe
Autor: Wertlingen und Gramhild