Geschichten:Dreihügler Muttertag - Vom Wählen

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Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Einen Moment schwieg die Dreihügler Junkerin, blickte auf ihren eigenen Schnaps und trank ein wenig ab. Dann breitete sich ein breites Schmunzeln um ihre Mundwinkel aus. „Ach, wisst Ihr, Mutter, Euer Rat ist mir lieb und teuer und gleichzeitig bin ich meinem Gatten, Boron hüte seine ewige Ruhe, sehr dankbar, dass er mir und seinen Töchtern das ungewisse Schicksal erspart hat, eitle, aber schmucklose Gockel der Mitgift wegen heiraten zu müssen. Durch den Verkauf meines Stadthauses in Wandleth blieb noch ein gutes Sümmchen über, selbst nachdem ich den Nardesfelder Hof in Greifenfurt erweitert habe. Man könnte also sagen, dass ich es meinem Alrik zu verdanken habe, frei entscheiden zu können, welch geeignetem Kandidaten ich mein Wort in Travias Namen gebe. Und meinen Töchtern habe ich übrigens das Gleiche versprochen.“ Um dem Gesagten mehr Nachdruck zu verleihen, nahm sie ihr Becherlein, leerte den restlichen Inhalt und genoss das wärmende Gefühl, dass sich in ihrem Magen ausbreitete.

An ihrer Seite war indes die Mutter zur Salzstange erstarrt. Der Gesichtsausdruck, den die alte Dame aufgesetzt hatte, changierte irgendwo zwischen Biss in den Knollenblätterpilz und vierzig Jahre alte Jauche. Entgegen eigener Gewohnheit und sicherlich nicht unbedingt zum Wohle der Gesundheit leerte sich der Brand, als sei er von jetzt auf gleich verdunstet. Dann endlich konnte die Alte reden und es war dem unbedarften Beobachter nicht klar, ob die Atemnot dem genossenen Getränk oder etwas Anderem zuzuschreiben war: „Du hast WAS?“

Innerlich genoss sie es, die alte Dame derart überrascht und aus der Reserve gelockt zu haben. Aber ein wenig machte sie sich doch Sorgen um deren Gesundheit. Nichts desto trotz blieb sie betont ruhig, als sie erneut das bereits Gesagte wiederholte. „Ich habe den Nardesfelder Hof in Greifenfurt erweitert. Immerhin wohnt Rondraja bald dort.“ Einen Augenblick schwieg sie und ließ sich die Worte im Munde zergehen, während sie sich selbst einen weiteren Schluck einschenkte und Yadviga die Flasche mit einem Lächeln anbot. „Und ich habe meinen Töchtern mein Wort gegeben, dass sie sich ihre zukünftigen Ehegatten selbst aussuchen dürfen, so wie ich es ebenfalls tun werde, wenn sich ein würdiger Kandidat findet.“

Kurz schloss die Alte die Augen, dann sah sie ihre Tochter mit einem Blick an, der sicherlich auch Eisen verbogen hätte, wenn dieses durch Zufall zwischen die beiden Damen gefallen wäre. „Das ist nicht akzeptabel, mein Kind. Was, wenn die sogenannten Kandidaten keiner reinen Blutlinie entsprechen? Das kann ich, das wird die Familie niemals gutheißen!“ Die Frage nach der Standesgemäßheit eines solchen Partners war Yadviga entweder nicht gekommen, oder aber sie verzichtete auf einen entsprechenden Einwurf in der Annahme, dass dies die Ziehtochter nur noch mehr zu Widerstand anstacheln würde. „Wer gibt dir überhaupt das Recht, eine solch schwerwiegende Entscheidung eigenständig zu treffen?“ In aller Seelenruhe verkorkte Gramhild die Flasche wieder, da ihre Ziehmutter so gar nicht auf ihre Geste, wohl aber auf ihre Worte reagierte. Nachdem sie sich zurückgelehnt hatte, nahm sie noch ein kleines Schlückchen, bevor sie antwortete. „Mutter, bei allem Respekt. Bei *meiner* Blutlinie können wir froh sein, wenn meine Töchter und ich überhaupt das Glück haben, jemanden von Stand abzubekommen. Ich hatte einmal Glück und hatte damals schon nicht Euren Segen, weil Alrik von Grünfels kein Greifenfurter war. Wenn ich mir aber anschaue, wie sehr mein Blut bereits verwässert ist, da ist es doch schon ein Wunder, dass ich überhaupt ein Lehen abbekommen habe. In meinen Augen zählt Leistung mehr als nur das Blut. Wenn also die Mädchen jemanden finden, der sie liebt, dann sollen sie ihn heiraten, ganz egal, welchen Standes oder Blutes er ist! Wenn ich mich recht entsinne, war meine Großmutter eine Magd und mein Vater ebenfalls ein Bürgerlicher.“ Sie hatte sich ein wenig warm geredet und sagte deutlich mehr, als sie sich eigentlich vorgenommen hatte. Aber irgendwie tat es gut, das alles endlich einmal herauszulassen. Außerdem war sie sehr gespannt, was die Schroffensteinerin darauf entgegnen würde.

Das Gesicht der Alten hatte einen lauernden Ausdruck angenommen, während sich die Augen zu Schlitzen verengt hatten. "Das sagt also meine Ziehtochter, die selbsternannte Hundezüchterin vor dem Herren. Knallst du einen Zuchtrüden auch ab, wenn dir sein Blut nicht gefällt, wohl aber sein Wurf trotz aller Hemmnisse vielversprechend ist? Oder jagst du ihn aus dem Haus zu den Dorfhunden, wenn er einen Dackel besprungen hat? Es ist mir egal, ob du dir selbst etwas vormachst. Aber mir hast du die Wahrheit zu sagen. Das ist eine Frage von Anstand und Ehre. Du selbst hast also bereits einen geeigneten Kandidaten ins Auge gefasst, der aber - wenn ich deine Auflüchte in punkto 'mich nimmt doch niemand' richtig deute - alles andere als standesgemäß ist. Jener Müller, von dem wirs hatten? Oder ein Knecht?" Yadviga hatte sich ein wenig in Fahrt geredet und der Schnaps kreiste im Glas gefährlich nah am Rande. "Und was deine Töchter angeht, so hast du aufgegeben und fürchtest dich vor dem Widerstand, der mit Sicherheit kommen wird, sobald du ihnen die Heiratskandidaten präsentierst. Bist du mit deinen Hunden auch so weich? Taugen sie deshalb nichts, weil sie alles machen können wozu sie lustig sind?"



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11. Per 1035 BF
Vom Wählen
Vom Manne


Kapitel 11

Vom Stande
Autor: Wertlingen und Gramhild