Geschichten:Edmunds Vermächtnis - Woher der Wind weht

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Stadt Rabensbrück, Hinterzimmer des Gasthauses Natterglück, Frühjahr 1038 BF


Der Mann war von Stand, das war seiner Kleidung deutlich anzusehen, auch wenn er sich Mühe gab, nicht erkannt zu werden und sein Gesicht in der Kapuze seines Umhangs verbarg. Er durchschritt den Schankraum und raunte dem diensteifrig herbeieilenden Wirt ein paar Worte zu. Dieser nickte, deutete auf eine Tür neben dem Tresen und wollte vorangehen, doch der Fremde schob ihn einfach zur Seite. Just als er die Tür erreichte, wurde diese von der anderen Seite geöffnet. Eine kräftige junge Frau kam forschen Schrittes heraus und stieß mit dem unerwarteten Ankömmling zusammen. Dabei verrutschte dessen Kapuze und offenbarte ein bleiches von einem dunklen Kinnbart umspieltes Gesicht.


"Könnt ihr nicht aufpassen?“, polterte die Frau dem Mann entgegen und eilte, ohne nur auf eine Antwort zu warten, weiter. Der schaute ihr mit einer Mischung aus Überraschung und giftigem Zorn hinterher, doch besann er sich schnell und betrat das Hinterzimmer. Er wurde erwartet.


„Hochgeboren.“


Steinfelde.“


„Nehmt doch Platz“, deutete der Hartsteener Wegevogt auf einen der noch freien Lehnstühle. Er selbst hatte es sich mit einem Humpen dicht an der Rückwand des großen Küchenherds bequem gemacht.


„Ich muss Euch Dank sagen für die Enttarnung meiner Vögtin“, begann der Ankömmling das Gespräch, „Niemals hätte ich sie dazu gemacht, wenn ich geahnt hätte, dass sie mit den Schergen des Erzverräters Haffax in Verbindung steht. Ich höre, der Zauberer wurde mittlerweile gerichtet?“


„So ist es. Er wurde für immer zum Schweigen gebracht.“


„Gut, gut“, der Mann griff an seinen Gürtel und löste einen gülden klimpernden Beutel, welchen er vor den Steinfelder auf den Tisch in der Mitte des Raumes stellte, 
„Aber sagt, was ist denn da auf Bogenbrück geschehen? Man hörte einiges Gemunkel.“


„Darüber kann ich Euch leider keine Auskunft erteilen.“


„Nun“, der Fragende lächelte, „dann lasst es mich Euch erzählen. Ein Altar wurde zerschlagen und ein Orden gegründet. Reichsverräter wurden inquisitioniert, welche später aus ihrem Gefängnis flohen. Einen von denen habt Ihr bis unter meine Burg verfolgt und schließlich dingfest gemacht. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Eine Burggräfin wurde noch ermordet.“


„Ihr seid gut informiert.“


„Nicht wahr? Ich gebe zu, ihr habt Euch auf Bogenbrück nicht ganz schlecht geschlagen, Steinfelde. Den Höllenwaller habt ihr schön an der Nase herumgeführt: Ausgerechnet der als Herz eines Ordens, der dem gemeinen Volk offen steht! Dieser Gedanke amüsiert mich immer wieder aufs Neue."


„Freut mich“, gab Praiodan trocken zurück.


„Ich sollte mich mehr in Gesellschaft begeben, nur um ihm das immer wieder unter die Nase reiben zu können. Was meint Ihr?“, gab er sich enthusiastisch.


Der Steinfelder zuckte mit den Schultern und steckte den Geldbeutel ein, nachdem er ihn kurz in der Hand gewogen hatte.
 Und der andere wechselte das Thema, weil er sehr wohl merkte, dass das Gespräch an dieser Stelle nicht weiterführen würde: „Wer war das freche junge Ding, das gerade so forsch diesen Raum verließ? Seid Ihr Luidors Schwester etwa schon überdrüssig oder habt Ihr sie gar schon aufgegeben?“

„Unsinn. Dieses ‚Ding', wie Ihr sie nennt, heißt Berdina Schindel und ist die Tochter des Hutter Grabenvogtes. Sie ist die am besten geeignete Person für ein Vorhaben, das ich mit Euch besprechen will.“

„Jetzt werde ich aber neugierig. Erzählt mehr!“

Wulfhardt von Hartsteen-Dergelstein…“


„Ist das nicht dieser Greifenfurter Baumeister?“


„Genau der. Ich bin mit meinem Anliegen schon im Herbst an ihn herangetreten, aber er hat abgelehnt. Das Unterfangen ist ihm wahrscheinlich zu wenig prestigeträchtig und heikel obendrein. Und einen Zwerg werde ich ums Verrecken nicht anstellen; die stecken doch alle unter einer Decke. Da ist Meisterin Schindel die nächstliegende Wahl gewesen.“


„Ihr wollt also bauen“, stellte sein Gegenüber etwas überrascht mehr fest als dass er fragte, „Was Ihr mit dem Geld, dass ich Euch gab, tut, ist ja Eure Sache. Ich hatte nur nicht gedacht, dass Ihr euer Gut verschönern oder in eine Burg verwandeln wollt.“


„Das dürfen meinetwegen gern alle glauben“, brummte der Steinfelder.


„Jetzt habt Ihr mich wirklich neugierig gemacht.“


„Gerne befriedige ich Eure Neugier. Sobald die anderen Gäste hier sind, werdet Ihr mehr erfahren.“


„Andere Gäste? Wer ist es?“


„Ihre Namen sollten Euch vertraut sein: Fredesaum von Nesselregen und Karal Deudor von Desmerkuppe.“


Der Mann stutzte für einen Moment. Dann verzog sich sein Gesicht zu einem listigen Grinsen: „Ah. Daher weht der Wind."



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23. Per 1038 BF zur abendlichen Hesindestunde
Woher der Wind weht


Kapitel 1

Ruch der Freiheit
Autor: Steinfelde