Geschichten:Ein Stein im Nebel - Alte Wehr, neues Schwert
Finsterwald in Hexenhain, Ende Phex 1034 BF
Einen kurzen Moment rieß Rodrik, die tiefschwarzen Augen weit auf. Ein Aufruf zum Heerbann im Namen der Greifin musste auf folgenschwere Ereignisse hindeuten. Um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, nahm Rodrik einen tiefen Schluck aus seinem Becher. Er blickte aus dem Fenster auf die untergehende Sonne hinaus. Sie leuchtete blutrot am fernen Horizont. War das ein schlechtes Omen? Ein Heerbann bedeutete, dass er seine Pläne mit dem Treidelpfad zum naheliegenden Kloster erst einmal begraben musste. Die Einberufung aller Waffenfähigen würde für sein kleines Gut ganz schön teuer werden.
Dann entsann sich Rodrik der ersten Zeile des Briefes. Wenn dieser Bote im Namen des stellvertretenden Heermeisters der Mark unterwegs war, wusste er womöglich mehr über die Gründe der Einberufung.
"Wenn die Greifin selbst zur Herrschau ruft, müssen finstere Wolken über die Mark ziehen. Ziehen die Schwarzpelze erneut durch die Mark, Euer Wohlgeboren?"
„Hoher Herr, ich muss Euch enttäuschen. Der stv. Heermeister hat uns in aller Eile noch in der Nacht gesandt. Er sagte nichts über die Angelegenheit, die in der Depesche an die Barone stand, vielleicht auch zu unserer Sicherheit. Die Vögtin von Hexenhain hat ebenso wenig mit mir über den Inhalt des Schreibens gesprochen und mir nur, da es auf dem Weg lag, diese Depesche für Euch mitgegeben. Die anderen Vasallen Hexenhains werden durch Meldereiter des Barons informiert. Wenn es Euch nichts ausmacht, möchte ich Euch nun verlassen. Der Weg nach Hesindelburg ist noch weit. Spätestens morgen Abend bin ich wieder zurück, dann könntet ihr mir eine Botschaft für die Vögtin oder Herrn Urion mitgeben.“
„Ihr habt recht. Der Weg Richtung Hesindelburg ist noch weit und die Nacht nicht mehr fern. Lasst mich euch zu eurem Pferd geleiten. Benötigt Ihr noch etwas für den weiteren Weg?" Mit diesen Worten öffnete Rodrik die Tür des Arbeitszimmers und ließ dem Meldereiter den Vortritt zurück in den schwach erleuchteten Speiseraum. Während er auf die Antwort wartete, winkte er bereits eine einfach gekleidete Magd herbei. Das junge Mädchen von kaum 15 Götterläufen unterbrach Ihre Arbeit und trat dem Gast und Ihrem Herrn respektvoll entgegen.
„Ja Hoher Herr, da wäre etwas. Wenn ich morgen aus Hesindelburg zurückkomme, wäre ich Euch sehr verbunden, wenn ich bei Euch eine Unterkunft bekommen könnte. Vor allem das Pferd wird sehr erschöpft sein und nach eine längeren Rast könnte ich ohne Umwege innerhalb eines Tages wieder auf dem Marstall sein.?“, sagte von Jungsalm.
"Euch soll es an Nichts mangeln, wenn Ihr morgen wieder hier eintrefft. Benötigt Ihr noch etwas für die Reise nach Hesindelburg?"
"Nein habt Dank, Herr!" antwortete der junge Edle und verneigte sich. Dann wandte er sich wortlos um und trat durch die Eingangstür auf den Hof hinaus. Der Ritter folgte ihm bis zur Tür und als der Reiter auf seinem Pferd saß und Richtung Tor ritt, hob der Ritter die Faust vor die Brust zum rondrianischen Gruß. Kurze Zeit später vernahm er den donnernden Hufschlag eines galloppierenden Pferdes auf der Straße, der noch lange zu hören war, eher er verklang.
Gedankenverloren ging Rodrik über den verlassenen Hof. Die Praiosscheibe war schon lange untergegangen. Wie viele seiner freien Bauern konnte er mobilisieren? 10, 15 ? 12 entschied Rodrik,. Wenn er mehr als zwölf zum Dienst heranziehen würde, würde die Restlichen das Dorf nicht verteidigen, geschweige denn die Felder bewirtschaften können. Wie sollte er die Verpflichteten ausrüsten? Es würde bei der einfachsten Ausrüstung bleiben müssen. Im Gutshaus sollten sich genug Speere für alle finden. Für den Büttel würde sich auch noch ein alter Wappenrock finden. An Rüstung war gar nicht zu denken. Selbst seine eigene Rüstung würde spärlicher ausfallen, als ihm lieb war. Das Kettenhemd war alt und ramponiert und auch Schild und Helm hatten bereits bessere Tage gesehen. Immerhin hatte er sich vor wenigen Wochen ein neues Schwert gegönnt. Wenigstens das sah präsentabel aus. Die Vorräte würden aus den Speichern kommen müssen und zum Transport blieb ihm nichts über als Esel zu requirieren. Ein ziemlich trauriges Aufgebot, aber mehr konnte Rodrik nicht aufbieten.
Zur Praiosstunde am nächsten Tag zog Roderick von Wildenhoffen in die Schlacht für die Greifin... wieder einmal.
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