Geschichten:Ein Todesfall und zwei Hochzeiten

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Burg Mückenhang, Praios 1048 BF

Die Trauerfeierlichkeiten waren würdevoll und angemessen – den Borondienst versah Malwart von Doriant, der als Gatte Junkerin Isidas sogar so etwas wie der Hausherr war und sich der Familie Isppernberg wie immer als nützlich erwies. Jetzt wie seinerzeit in der Fehde, als seine Frau in die Hände der Reichsforster Fehdepartei gefallen war. Vater Malwart war nur im Borontempel ein Hirte – in der Familie gehörte er zu den Schafen, die von Junkerin Isida mit einer unwiderstehlichen Mischung aus Charme, Freundlichkeit und eiserner Härte gelenkt wurden. Es überraschte noch immer, dass die fröhliche, unscheinbare Isida sich als Meisterschülerin der alten Belona entpuppt und ihren ganz eigenen Weg gefunden hatte, die große und reiche Familie zu bestimmen. Zwar hatten andere höhere Ämter – nicht zuletzt die Reichsvögtin Fridega –, aber in der Sippe hatte die Junkerin von Mückenhang das Sagen, da sie auf dem Stammsitz herrschte: Burg Mückenhang.

Fridega … die war nicht hier, aber bestimmte dennoch einen Teil der Trauerfeierlichkeiten. Denn sie hatte einige Familienangehörigen mit in die Wüste an der aranischen Grenze genommen, um auf ihrer kaiserlichen Festung von eigenem Blut umgeben zu sein Und eine von diesen Verwandten war nun in der Familiengruft bestatte worden: Winna Gurnhild von Isppernberg-Pranteln. Angeheiratet nur, aber aufgenommen in den Schoß der Familie. Da unten an der Grenze hatte Winna für Fridega den Haushalt geführt, war Vögtin über die Festung gewesen, hat sich mit allen gestritten und war schließlich an Schwarzer Galle erstickt. Oder so ähnlich. Wer wusste das schon?

Marnion von Isppernberg langweilte sich ein wenig in der warmen Praiossonne. Er war nicht gern hier. Gut, es war seine Mutter, die man hier beerdigte, aber besonders innig war ihr Verhältnis nicht gewesen. Ihr größtes Verdienst war wohl gewesen, dem Vater stets so kampflustig begegnet zu sein, dass dieser der Streitereien überdrüssig vor der Zeit ins Grab geflohen war, weshalb Marnion recht früh die Sonnenau erhielt – das andere zentrale Lehen der Familie.

„Na, Marnion, mein Beileid nochmal“, bekundete Danos von Roßsprunk seinem Schwertvater pflichtschuldig. „Ich hätte dich begleitet, wenn ich es rechtzeitig erfahren hätte.“

„Ach, lass gut sein. Perricum im Hochsommer ist nichts, was so richtig Freude macht. Und außerdem – Mutter war ja schon vierzehn Tage tot, als ich da ankam. Die Kiste ist zwar gut gemacht, aber … wie soll ich es sagen?“

„Ich versteh schon.“

„Außerdem, mein ehemaliger Knappe, hatte ich ja Unterstützung: Mutters Neffe Olruk von Pranteln begleitete mich und Base Eudora ja auch. Und der Magier, Jandor von Nesselregen, zählte Marnion auf.

„Ja, Eudora. Könntest du mich Deiner Base mal vorstellen? Ich kenne sie zwar von früher, aber ich … äh. Ich …“, Danos lief rot an.

Marniuon lachte, klopfte seinem ehemaligen Knappen auf die Schulter und steuerte ihn auf die Gruppe braungebrannter Ritter zu, die mit ihm aus Barbenwehr gekommen war, um den Leichnam seiner Mutter zur letzten Ruhe zu geleiten, die zusammen mit Marnions Schwester Laurona am Erfrischungsstand plauderten.

Auf dem Rückweg wich er der hochnäsigen Helidora, Nichte seiner Mutter, aus, und lief geradewegs in die Arme der anderen anwesenden Nesselregen: Junivera, ehedem mit ihm am Hof des Kaisermärker Markvogtes, ehe er die Sonnenau erbte.

„Junivera, du hier?“, lächelte er verlegen.

„Natürlich, Marnion, immerhin ist deine Mutter gestorben“, antwortete die Ritterin mit einem charmanten Augenaufschlag und legte ihre Hand sanft auf Marnions Unterarm. „Ich hatte gehofft, du würdest wieder bei mir vorbeischauen. Wie auf der Hinreise.“

„Ich … äh. Mutter musste jetzt schnell unter die Erde kommen; ich erspare dir das“, antwortete er mit einem entschuldigenden Grinsen.

„Ich verstehe, Aber weißt du, ich hatte mich an deine Besuche so gewöhnt. Ich fand es schön, dass wir uns im Frühling so oft gesehen haben.“ Sie lächelte heiter und zwinkerte sinnlich.

„So oft? Ich war zweimal in der Stadt.“

„Ich weiß. Deshalb bin ich hier. Du hast was da gelassen.“ Jetzt grinste sie überlegen,

„Was?“, fraget er, völlig unwissend.

Als Antwort führte sie seine Hand auf ihren Bauch legte den Kopf schief und gurrte: „Das.“ Und nach einer Pause: „Mein zukünftiger Gatte.“

Marnion zog die Hand so schnell zurück, als wäre Juniveras Bauch eine glühende Herdplatte und er hätte sich verbrannt. Hatte er auch, durchzuckte es ihn. Verdammt – ein uneheliches Kind würde die Familie nicht verzeihen.

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Im Rondramond gaben Marnion Efferdhold von Ispperberg und Junivera von Nesselregen sich das Ja-Wort und zogen als frisch vermählte auf die Sonnenau. Nach nur sieben Monden kam sie mit einem Frühchen nieder und schenkte Selinde Olruth von Isppernberg das Leben.

Am gleichen Tage – es war ein großes Familienfest und der Trauerfeier Winnas bei weitem überlegen – vermählten sich auch Eudora von Isppernberg und Danos von Roßsprunk. Er zog mit ihr anschließend in das heiße Perricum, um auf Barbenwehr seine Zelte aufzuschlagen.

So stiftete der Tod der einen zwei Ehen der anderen.



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29. Pra 1048 BF
Ein Todesfall und zwei Hochzeiten


Kapitel 1

Am Ende gewinnt immer der andere
Autor: BB