Geschichten:Eine Grafschaft zu ordnen – Der Kronvogt vom Dornensee?
Königlich Dornensee, Stadt und Burg Dornensee, 19. Praios 1046 BF
Die schwarzen und rosafarbenen Rosen am Ufer des Sees begleiteten die Gruppe und ihre kronvögtlich-ritterliche Begleitung auch weiterhin, vorbei am uferseitigen Ritterturm, gegenüber der, auf einer Insel gelegenen Kronburg, ihr Ziel. Doch konnte man die Burg am besten von der Stadt aus anfahren, auch wenn der vorgelegene Ritterturm samt Stallungen, auch eine Anlegestelle hatte. Offiziellen Besuch empfing man aber über die Kronstadt.
Diese war recht überschaubar, doch waren auch hier die Rosen allgegenwärtig. Überall gab es kleine Bete, Gärten, Parkanlagen und Wildwuchs der dornigen Schönheiten. So auch am Efferdtempel, der aus dunklem Basalt und rosafarbenem Marmor errichtet und umrankt mit den Blumen war. Damian von Malagant wusste zu berichten, dass dies nicht ohne Grund so war, denn am, halb in den See eingelassenen Tempel feierte man häufig die sogenannte “Vermählung”, bei der Efferd und Rahja gleichermaßen gehuldigt würde. Eine alte Geschichte erzählte hierzu, dass dereinst die Lokalheilige Rahja-Geweihte Talvia, den Efferdgeweihten Adhemar am Ufer verführt hatte, wo heutzutage das Fest gefeiert wurde, wo sich auch der Rahjatempel am Ufer des Sees sanft an den Tempel des Unergründlichen schmiegte.
“Adhemar ereilte letztlich aber ein grausames Schicksal, als er von dunklen Dämonen aus dem See vertilgt wurde, so heisst es.”, ergänzte die Hogenthalerin noch, was der Malagant mit einem Naserümpfen quittierte und mit einer Spitze: “Natürlich müsst gerade Ihr dieser wundervollen Geschichte noch ein düsteres Ende verleihen, triumphal am Kern vorbei.” “Aber so geht die Geschichte weiter…”., quittierte wiederum die Hogentahlerin.
Die Streithähne wurden von Felian unterbrochen, der sie auf ein verkohltes Gebäude nicht nicht fern des Efferdtempels hinwies. “Das ist der besagte alte Tempel des Einhorns, Euer Hochgeboren, dieses, durchaus berechtigte Schicksal wiederfuhr ihm nach dem Verbot der Kirche, welche allerdings, wie erwähnt, zuvor in die Reichsstadt umzog.”, erklärte Ritter Bardsam sogleich. Felian nickte, er war damals dabei gewesen, als der Adel Garetiens die aufsässige Nandus-Kirche im Kloster St. Ancilla wieder auf ihren Platz verwiesen hatte - seine sich als entscheidende erweisende Stimmenthaltung hatte ihm ein Duell mit der damals Albernia-Perricumerin Lyn ni Niamad von Brendiltal beschert. Ansonsten schien die kleine Stadt recht unspektakulär und bot das typische Bild einer Eslamsgrunder Ortschaft. Nur Ritter Bardsam wusste von der ein oder anderen caldaischen Besonderheit zu künden und hob deren Einzigartigkeit zwischen garetischer und almadanischer Kultur hervor - caldaisch eben. Seine verwunderte Knappin wiederum war vielmehr fasziniert von den ebenso vorhandenen Details vermeintlich elfischer Ornamentik, vor allem an den offiziellen Gebäuden. “Eine Eigenart des Kronvogts”, wusste Nerea stolz zu berichten. Nicht alle hatten ein Auge für diese Kleinigkeiten, so waren sie auch nicht für die Begutachtung der Sehenswürdigkeiten gekommen, so klein diese auch sein mochten. Und so trieb letztlich die Grumharrenerin sie an bis zum Steg, wo ein fein gearbeitetes Boot, das ebenfalls etwas von elfischer Ästhetik an sich hatte, vertäut war.
Da sie in diesem Fall keinen Boten voraus geschickt hatten, waren die Männer und Frauen, in den Röcken in sanften Blau- und Goldtönen, nicht gänzlich vorbereitet auf so hohen Besuch. Dennoch legte das Boot recht schnell ab und fuhr gemächlich über den ruhigen, und tiefblauen See. “Irgendwie unheimlich.”, murmelte Knappin Elena mit nur noch leichtem nebachotischem Akzent. “Der See ist wirklich so unergründlich tief und weiß sein Innerstes zu verbergen. Und doch wirkt er so schön.” “Schwelge nicht in solchen Fantastereien, Kind.”, kam als schlichte Antwort von ihrem Knappenvater. “Beschaue dir vielmehr die klassisch-caldaischen Riesenrundbögen an der Fassade der Burg zum Steg hin.” “Das ist ohnehin viel verträglicher als dieses Geschaukel und Gestarre dorthin, wo hin unser Blick ohnehin nicht zu sehen vermag.”, ergänzte der Landvogt, dem man ansah, dass er eher Berg- als Bootsreisen mochte, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Kurz darauf legte die Gruppe auch schon am imposanten Steg der Burg an. Dieser mochte sicherlich zwei größeren Booten Platz bieten und die erwähnten Riesenrundbögen wirkten von hier noch größer und beeindruckender. Das alte Gemäuer aus spätbosparanischen Zeiten war überraschend wehrhaft, was für eine Burg mitten im See seltsam anmutete. Doch aus der Nähe konnte sie mit schmucken Details aufwarten, die jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nachträglich angebracht worden waren. Zwei weitere Wachen geleiteten sie, durch ein großes Tor mit Rundbogen und verziert mit sehr einfachen caldaisch-elfisch anmutenden Fresken die meist Rosenranken zum Motiv hatten, in die Burg hinein.
“Das ist bedauerlich zu hören. Was bedeutet 'er ist gerade nicht abkömmlich’?", Landvogt Felian von Perainsgarten schwankte zwischen Enttäuschung, Echauffiertheit und Ärger darüber, nicht genug Zeit für eine Ankündigung vorab gehabt zu haben, hin und her. Vor der Gruppe standen bzw. saßen, im deutlich elfisch-ornamental anmutenden Thronsaal, die Hasenhücker-Ehrengardisten, samt Fürchtenforster Hauptmann, die Heroldin des KronvogtsAlwinya Hohlbeck von Tannenheim sowie dessen, halbelfische Gattin Ceriane, die auf dem Dornenseer Rankenthron Platz genommen hatte. Letztere strich sich sanft, beinahe verlegen durch das immer noch auffällig schwarze, volle Haar, in das sich nur wenige graue Linien verirrt hatten, die wie von Zauberhand gesetzt schienen, ihr jedoch eine gewisse Reife und Erhabenheit verliehen. “Nun, Euer Vorhaben ehrt Euch und Eure Gefolgschaft, Euer Hochgeboren. Es ist sicherlich ein gewichtiges und nötiges Unterfangen, welches ihr für den Grafen zu erledigen wünscht. Dennoch ist mein Gatte, ein Vasall des neuen Großfürsten, noch nicht gänzlich genesen von seinem Abenteuer im Wall, von dem ihr sicherlich gehört habt. So machte er die Bekanntschaft mit einem leibhaftigen Drachen. Und so müsst ihr nunmehr mit mir Vorlieb nehmen.”
“Selbstverständlich seid Ihr eine ebenbürtige Gesprächspartnerin, Euer Wohlgeboren. Es freut und ehrt uns, dass Ihr uns empfangt auf unserer Reise durch Eslamsgrund. Auch wenn es natürlich bedauerlich ist zu hören, dass der werte Kronvogt noch nicht gänzlich genesen ist, richtet Ihm unsere besten Genesungswünsche aus. So kommen wir doch zum Anliegen unseres Besuches in den königlichen Landen zu Dornensee, dem Vasall des Sohnes unseres Grafen.”
Felian war nicht gänzlich glücklich über den Beginn dieser ganzen Unternehmung, aber nahm es so, wie es kam. Ihnen blieb nichts anderes übrig, auch wenn seine Intuition ihm sagte, dass mehr als nur die Genesung des Vogtes hinter all dem stand. Eine derart lange Genesungszeit und dann immer noch ausserstande, den Landvogt wenigstens kurz zu empfangen? Interessant. Nun, Felian hatte augenblicklich wenig Möglichkeiten dem auf den Grund zu gehen, ausser später vielleicht einige angeheuerte Spezialisten im Geheimen herumschnüffeln zu lassen. Der Graf andererseits, falls es ihm wichtig genug sein würde, hätte sicher Mittel und Wege…
◅ | Süße Dornen am See |
|
Dornensee, zwischen Blüten und Dornen | ▻ |