Geschichten:Eine Grafschaft zu ordnen – Inzwischen in Almada
Währenddessen in Almada, etwa Ende Praios / Anfang Rondra 1046 BF
Gerade war Venward wieder von einer seiner mittlerweile seltenen Abenteuerreisen auf das Gut der Familie seiner Gattin zurückgekehrt. Sie war diesmal nicht dabei gewesen, obwohl sie sich auf einer solchen Reise fernab der Heimat kennengelernt hatten – ein echtes Abenteuer eben. Aus dieser späten Liebe waren eine späte Hochzeit und vor einiger Zeit auch späte Nachkommenschaft entstanden, und er war schließlich beinahe sesshaft geworden – beinahe. Denn manchmal zog es ihn immer noch fort, nicht mehr so häufig und nicht mehr so weit, doch stets immer wieder.
Hier half er auf dem Gut, lernte über die Ernte, Lagerung und Verteilung von Getreide und Früchten, sowie darüber, wie man diese organisiert oder daraus weitere Erträge und Waren gewinnt. In das Geheimnis der Veredelung von Früchten hatte ihn sein Schwiegervater ebenfalls eingeweiht. Dennoch hatte er stets das Gefühl, hier noch nicht ganz angekommen zu sein. Gerade hielt er sich zusammen mit seinem Schwiegervater Urko im alten Gewölbekeller auf, wo einige edle Tropfen aus hiesigem Obst und Früchten lagerten.
Venward: „Ja, ich glaube, diese Sorte ist vorzüglich gereift. Aber wie du schon befürchtet hast, war es im Ingerimm des letzten Jahres wohl zu nass, sodass einige Sorten nahe den Hängen dieses Jahr nur für guten Essig taugen. Schade eigentlich. Ich wollte die Ernte dieses Jahr nicht verpassen, nachdem ich letztes Jahr so spät – wenn auch noch rechtzeitig zur Geburt meines Sohnes – auf das Gut gekommen bin.“
Urko schmunzelte: „Ja, das ist wohl wahr. Gut, dass dich der Brief noch rechtzeitig erreicht hat.“
„Richtig. Hätte ich gewusst, dass meine liebste Gefährtin, deine Tochter, schwanger war, als ich aufbrach, wäre ich sicher nicht losgezogen, um neue Handelswege zu erschließen. Euer Sohn hätte die Reise auch allein antreten können. Andererseits war es eine gute Idee. Er hat sich wirklich gut geschlagen, und ich muss sagen, beim Verhandeln könnte man fast denken, er käme aus den Tulamidenlanden oder Ihr hättet ihn bei Störrebrandts unterrichten lassen.“
Urko grinste: „Ach, du übertreibst wie immer. Dennoch bin ich froh, dass du als erfahrener Recke dabei warst. Aber versprich mir, dass du dich in Zukunft mehr um eure kleine Familie kümmerst!“
Sanft nickend prüfte Venward ein weiteres Fässchen, während seine Hand instinktiv zum Knauf seiner Waffe wanderte, als ein hastiges Poltern auf der Treppe zum Gewölbekeller zu hören war – eine alte Angewohnheit, die er sich als Abenteurer immer noch nicht abgewöhnt hatte.
Doch wie sollte es anders sein, es war nur die außer Atem geratene Hausbotin Nurya mit einem Schreiben in der Hand. „Entschuldigt, mein Herr! Ein Brief aus der Heimat des Herrn von Rammelbast. Ich musste dem Reiter zusichern, das Schreiben unverzüglich zuzustellen.“
Urko trat einen Schritt zurück und bedeutete Venward, heranzutreten. „Scheint wichtig zu sein“, witzelte er.
Ohne ein Wort trat der verwunderte Venward vor, nahm das versiegelte Schreiben entgegen und öffnete es. Mit weitenden Augen überflog er den kurzen Text, runzelte die Stirn und nahm einen großen Schluck.
Sein Schwiegervater wurde ungeduldig und schickte die Botin fort. „Was ist es? Sag schon!“
„Bei den Göttern! Seltsam, wie sich die Dinge fügen. Du wirst es nicht glauben – ich kann es ja selbst kaum fassen! Mir fehlen die Worte, lies selbst…“
Der Alte staunte ebenfalls, wirkte aber gefasster und vor allem sehr erfreut, bedeutete der Inhalt doch auch Gutes für seine Tochter. „Wenn das mal kein Wink der Götter ist! Lieber Venward, welche Ehre du meiner liebsten Tochter zuteil werden lässt! Ein eigenes, erbliches Lehen! Ich wusste gar nicht… nun, dass du solch eine gute Partie bist.“
Venward fand langsam Worte: „Tja, das, liebster Schwiegervater, wusste ich auch nicht. Es kommt aus heiterem Himmel – vielleicht ist es sogar ein Irrtum.“
„Was für ein Irrtum soll das sein, mein Bester? Es ist offiziell gesiegelt, durch die Administration des… Grafen.“ Urko pfiff verwundert durch die Zähne. „Was für eine Wendung! Du… Ihr müsst das annehmen, offiziell und persönlich, Euer Wohlgeboren.“ Der alte Almadaner lachte.
Venward lachte etwas hysterisch mit und konnte erst nach einiger Zeit wieder antworten: „Dann werde ich das tun, und falls es wirklich kein Irrtum ist, bitte ich dich, Saioa und meine Kinder zusammen mit den frischen Erträgen im Herbst nach Birkenweiher zu schicken. Ach was, kommt alle. Auf euch und die guten Tropfen möchte ich nicht verzichten, wenn ich schon bei der Ernte nicht dabei sein kann.“ Venward war regelrecht euphorisch.
Urko klopfte ihm väterlich auf die Schulter. „Jaja, immer ruhig mit den jungen Pferden. Zuerst sagen wir es deiner Frau… und dann bereiten wir alles für deine Reise vor – die muss gut geplant werden, schließlich wirst du vor den Garether Grafen treten…“
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