Geschichten:Eine Grafschaft zu ordnen – Saurer Weg

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Auf dem Weg zur und in der Burg Mor'Tres, freiherrlich Gallstein, Ende Rondra 1046 BF

Die Gruppe war ohne Felian von Perainsgarten von Burg Reinherz aufgebrochen, dafür aber mit Venward von Rammelbast, der sich in einer Sonderaufgabe für den Grafen hervorgetan hatte und jetzt die Gruppe begleitete, um ‘das derzeitige Eslamsgrund etwas besser wieder kennenzulernen'. Felian selbst sollte derweil in den gräflichen Landen bleiben, bevor er nach Auenwacht reisen würde (wohin der Rammelbaster dann wiederum begleiten würde). Ein Umstand den sowohl die Hogenthal als auch der Malagant für ein ungestörtes gegenseitiges Sticheln auszunutzen wussten. Immerhin war nun kein Landvogt zur Stelle, der die beiden Streithähne auseinander ziehen konnte. Der Garm war viel zu sehr damit beschäftigt seiner Knappin die Bedeutungen der verschiedenen Landmarken sowie ihrer caldaischen Geschichte zu erläutern und Nerea von Grumharren versuchte es tunlichst zu vermeiden, in die Zankereien der beiden monvaldornischen Familien gezogen zu werden, wusste sie doch von ihrer Herrin dass nicht nur die Monservals sondern auch die Nadorets nicht gut auf die Malagants zu sprechen waren.

Was der selbstverliebte Damian von Malagant scheinbar gerne zu vergessen schien, war die Hogenthal doch ein leichtes Ziel für seine wohl platzierten Spitzen. So ritt die Gruppe durch die Reichsstadt, in der Venward zuletzt mit dem Landvorgt noch ein Abenteuer erlebt hatte, dass sie alsbald der Großfürstin auf dem Hoftag präsentieren würden. Venward berichtete der Gruppe ausführlich jetzt schon darüber, es war spannend zu erfahren, dass das sog. Einhorn anscheinend wieder sein Unwesen in der Grafschaft trieb, etwas das sie bei ihrer weiteren Reise im Auge behalten würden.

Kurz hinter der Reichsstadt stieg der Weg an bis zur Burg Kaisertal, die sich in einem wirklich guten Zustand präsentierte, die Illgeneys im Grund hielten sie gut in Schuß und hatten auch die Mittel dazu, wie es schien. Da die Gruppe äußerst gut voran kam entschieden sie sich doch noch bis zum Familiengut Venwards zu reisen und kamen dort zu fortgeschrittener Stunde an, nur um dann zu bemerken, dass es um die Beziehung zwischen Venward und seiner dort als Ritterin herrschenden Schwester Alingard gar nicht so gut bestellt war.

Am nächsten Tag ging es von daher früh weiter, über die Stammburg des Hauses Eslamsgrund, Burg Grafenfels. Wo Wippa von Eslamsgrund, von der sie ja schon gehört hatten, über das alte Lehen ihres verräterischen, aufrührerischen Gattens vogtete. Wippa sollte zwar ihrem Gatten öffentlich abgeschworen haben, musste allerdings noch beweisen, das dem wirklich so war. Ähnlich erging es anderen Familien in den gräflichen Landen, wie z.B. Junkerin Thereka von Pfauenhof, bei der noch nicht klar war wie eng sie mit dem Roten Malwarth verbandelt gewesen war und die daher nun erstmal lieber ruhig blieb.

Ebenso wie die Ritterin Firine von Meckerstein, bei der klar war auf welcher Seite sie im Tal der Kaiser gestanden hatte, aber auch dort auf dem Feld geblieben war und deshalb der Graf erwog ihre nicht involvierte Tochter als Nachfolgerin mit der Herrschaft zu belehnen, was aber noch nicht bestätigt war. Ihnen allen, außer Wippa, gemeinsam war, dass sie sich zwar weit aus dem Fenster gelehnt hatten, aber letztlich zu kleine Fische waren, die der Graf nun im Auge und in der Hand hatte.

Grafenfels hinter sich lassend ritt man schließlich in die Baronie Gallstein ein und folgte dem Weg bis nach Gallestra. Der Hauptort der Baronie lag inmitten der Ländereien und galt als der bedeutendste Markt im westlichen Eslamsgrund. Das lag einerseits an seiner guten Erreichbarkeit von Fremmelsfelde als auch von Zagbar aus und andererseits daran, dass die meisten Händler aus dem östlichen Teil der Grafschaft ungerne bis in das schwarze Zagbar reisten. Das erstaunliche auch hier in der Stadt bemerkte man diese allgegenwärtige Ehrfurcht vor dem nahen Baron auf seiner Burg, selbst die Stadtgarde wurde durch Kämpfer dessen unterstützt, er schien hier einen deutlichen Einfluss zu haben.

Eine andere Besonderheit zog dann jedoch die Aufmerksamkeit der gesamten Gruppe auf sich: Die schiere Anzahl an Katzen! Bereits in Finkenhain waren vergleichsweise viele von ihnen zu sehen gewesen, welche sich dort seltsamerweise nicht an die allgegenwärtigen Finken etc. heranwagten, doch ihre Anzahl in der Stadt toppte dies! Beinahe war man versucht, einen Vergleich zu den fernen Orten in Perricum bzw. Aranien zu ziehen, wo die sagenumwobenen Sphingen in Städten leben sollten, die gänzlich von Katzen bevölkert wurden, was die Pfiffenstocker Knappin noch bestätigte.

Möglich war dies, wie sie in Finkenhain von der Dorfschulzin erfahren hatten, weil es unter Todesstrafe stand, in Gallstein einer Katze etwas zuleide zutun. Ein Gesetz, das schon bedeutend länger galt, als der aktuelle Baron an der Macht war und dessen Grund wahrscheinlich nur noch einige wenige Gelehrte kannten, wenn überhaupt.

Fast beiläufig bemerkten sie immer mal wieder karge Landstriche in ganz Gallstein, welche zwischen dürftigen bis satten Feldern und Obsthainen im Kontrast standen und dann meist nur Stachel-, Distel- oder Pilzgewächs hervorbrachten oder auf denen nur der allgegenwärtige und kultivierte Lavendel zu wachsen schien. An einigen dieser Stellen roch es unangenem und einmal spuckte der Boden gar gallig-schimmlige Auswürfe aus, allerdings an dieser Stelle führten Peraine-Geweihte und -Akoluthen Rituale durch um diesem Fluch Herr zu werden. “Ein Relikt der Magiekriege.”, wie der Malagant wusste, “Eines dem man bis Heute nicht gänzlich beikommen konnte und das sich immer wieder mal Bahn bricht. Doch Baron und das Kloster St. Ermengild trotzen dem eisern.” Als sie dazu einen der Geweihten befragten, konnte ihnen dieser berichten, dass man eigentlich einen recht effektiven Umgang damit gefunden hätte und die über Jahrhunderte entwickelten Rituale dem gut beikamen. So gut, dass man große Teile Gallsteins mittlerweile wieder lebenswert gemacht hätte, doch spätestens seit dem Sternenfall schlug sich der schimmelige Fluch wieder häufiger Bahn. Ein Magier aus dem Halhofschen Konservatorium zu Rior hatte gar, dem Geweihten unverständliche, Theorien aufgestellt, dass das Verschieben irgendwelcher Linien, nach der Rückkehr des Sphärenschänders, ein Initial dafür sein könnten usw. ‘Wir tun jedenfalls unsere Perainegewollte Arbeit und der Baron unterstützt uns dabei zum Glück großzügig.’, schloß der Geweihte.

Der weitere Weg von Gallestra zum barönlichen Herrschaftssitz war steil und schlängelte sich dem kahlen Felshaupt entgegen, auf dem das dunkle Gemäuer thront. Nur über eine schmale Steinbrücke gelang man zum Torhaus der eher unansehnlichen, düsteren Burg und schon von weitem waren deren steinerne Wächter mit ihren grimmigen Fratzen auszumachen. Die Gargyle, so wusste Bardsam von Garm zu berichten, waren Zeugnisse eines unbekannten Steinmetzmeisters, dessen Wirken vor so langer Zeit geschah, dass man sich heute nicht mehr einig war, ob sie vor oder nach den Magierkriegen errichtet worden waren.

In der Burg selbst, die von Innen deutlich weniger abschreckend wirkte, hieß sie Hauptmann Cyberian von Silberblick willkommen. Der Junker zu Silberblick trug stolz eine Schärpe der Pulethaner über seinem Waffenrock, begrüßte entsprechend den Garm herzlich und führte die Gruppe durch die dunkle Burg. Das Gesinde verbeugte sich tief, sobald der Adel an ihm vorbeilief und wagte es wohl nicht aufzublicken, bis die Schritte verhallt waren. Bereits in Finkenhain war dieses Duckmäusertum aufgefallen und bot, gemeinsam mit den vielen anderen Besonderheiten in weiten Teilen der Baronie, ein obskures Bild.

Es war natürlich jedem aus der Inventurgruppe bewusst, dass der gallsteiner Baron ein glühender Pulethaner war, gar ein Mitbegründer, doch die Auswüchse dessen was beim Gallsteiner als Weltanschauung galt, mit eigenen Augen zu sehen, war dann doch noch etwas anderes. Hier herrschte eine streng geordnete Hierarchie und einjeder schien seinen Platz in diesem Gefüge genauestens zu kennen (und vorallem nicht hinterfragten). Ein starker Kontrast zu den so vielfältigen Landen, bei denen man nie das Gefühl loswurde, dass bestimmte Teile der nicht selten stacheligen Flora in diesem Landstrich Gift aussonderte, was in geringen Teilen auch stimmte, aber niemand von der Gruppe ahnte und aus dem Land, Leute und Baron durchaus Profite zu schlagen wussten. Und vielleicht war der Baron genau deshalb ein so praiosfürchtiger Mann, dem daran gelegen war, anderen ebenso diese (Ehr)Furcht beizubringen. Schließlich führte sie von Silberblick in den Thronsaal Mor’Tres’.

Nur zwei handvoll Fackeln kämpften gegen die Dunkelheit der recht großen Halle an und tauchten diese in ein schauriges Zwielicht, dennoch war der Raum durch Glutschalen angenehm warm. Die Rüstungen an den Wänden wirkten wie versteinerte Wächter, die darauf warteten aus ihrem ewigen Schlaf geweckt zu werden und blutige Ernte unter den Feinden ihres Herrn einzufahren, einige wenige Gemälde und Teppiche zeigen Szenen eines strengen Herren oder Schlachtenszenen. Der Thron selbst wurde von jeweils einem Banner, auf dem das Wappen der Familie Limpurg und das Wappen der Baronie zu sehen waren, flankiert. Dazu komplettierte ein mächtiges Banner mit dem bewehrten Greif der Pulethaner das Bild. Den Kontrast dazu bildeten zwei große Kater die umherstreunten und das alles irgendwie nach Lavendel roch, der in getrockneten Bündeln oder frisch in großen Kübeln überall im Raum verteilt war. ‘Gegen Ratten jedweglicher Art’, ließ der Silberblick den Garm wissen, ‘außerdem ein Garant für den Wohlstand unserer Lande.’

Der massive, unbequem wirkende Thron stand etwas erhöht gegenüber der schweren eisenbeschlagenen Holztür und darauf hatte der Baron Platz genommen und schien auf seinen Besuch herabzublicken. Der Mann, den manche als düsteren Despoten und andere als beinharten Ordnungshüter bezeichnen würden, musterte die Gruppe und blieb schließlich beim Garm und dessen Schärpe hängen. Kurz schien es, als würde er überlegen, dann hob er jedoch die Hand zum Gruß, “Praios und seine elf göttlichen Geschwister zum Gruß, Gesandte des Grafen!”. Die Stimme des Gallsteiners war klar und deutlich, auf seinem Schoß saß eine große, flauschige Katze mit gleichgültigem Blick, diese kraulte er und bedeutete seinen Gästen näher zu treten.