Geschichten:Eine neue Ordnung - Tabakrauch und Boltanspiel

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Travia 1040 BF, Beilunk, etwas abseits vom Reichstag

Er beugte sein Knie vor der Kaiserin, die rechte Faust im rondrianischen Gruß auf dem Herzen und mit der linken das Heft seines Schwertes umgriffen.

"Eure Kaiserliche Majestät", begann er. "Ich habe Euch und dem Reich viele Jahre treu gedient. Doch nun, wo Haffax besiegt und die Bedrohung gebannt ist, möchte ich Euch, als meine Lehnsherrin, darum ersuchen, mich von meinen Pflichten als Lehnsmann zu entbinden und mich aus Euren Diensten zu entlassen."

Ein Raunen ging durch den Saal. Er konnte sich schon denken, was sich wohl alle dachten: Wie konnte er es nur wagen?! Eine Ungeheuerlichkeit! Einen Affront gegenüber der Kaiserin! Oder dergleichen mehr ...

Doch er kannte schon die Antwort der Kaiserin bereits. Dies war lediglich eine Inzenierung für das Volk. Man hatte ihm die Antwort bereits im Vorfeld zugesichert. Andererseits konnte sich die Kaiserin auch umentscheiden. Rohaja traf gerne einmal Entscheidungen bevor sie gründlich abgewogen wurden oder manchmal auch nur aus einer Laune heraus. Doch hier war er sich sicher, daß er seine Antwort bekommen würde.

"Balrik von Keres", antwortete die Kaiserin schließlich und blickte wohlwollend auf ihn herab. "Ihr habt Uns viele Jahre treu und tapfer gedient. Auch wenn es Uns schmerzt, so möchte ich Euch Euren Wunsch erfüllen und aus meinen Diensten entlassen. Die Götter mit Euch!"

Mittlerweile saß Balrik zusammen mit Oldebor in einem kleinen Saal und es lag Tabakrauch in der Luft und Boltankarten auf dem Tisch.

Balrik dachte noch an seine Audienz bei der Kaiserin, oder besser an die Augenblicke davor: Als er vom Hofzeremonienmeister aufgerufen wurde, seine Bitte vorzutragen, hatte er den Markgrafen von Garlischgrötz scherzhaft sagen hören, daß er sich wohl wieder einmal hinein gemogelt hätte. Das war eine Anspielung auf die Hochzeit der Kaiserin gewesen, als er Ralman Firdayon seinen Tanz mit der Kaiserin beraubte. Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, wenn er daran dachte.

Danach hatte es das Gerücht gegeben, daß er der erste "Freiwillige" im Kampf gegen Haffax sei, natürlich auf "Bitten" des Comto Protectors. In Wirklichkeit allerdings hatten sie sich danach auf ein Bier getroffen und sich recht herzlich unterhalten. "So konnte ich zumindest das Geschenk für die Kaiserin holen", meinte Ralman damals schulterzuckend. Und auch die Kaiserin konnte sich damals ein Lachen nicht verkneifen, als sie ihn als ihren Tanzpartner erblickte und Ralman hinter ihm, der nicht wußte, wie ihm geschah.

"Ich erhöhe noch einmal", sagte schließlich Oldebor. Anschließend meinte er: "Balrik, Ihr wolltet mir doch noch berichten, warum Ihr Euch für eine Entlassung gebeten habt."

Noch im Audienzsaal hatte er ihn gefragt, wie es zu diesem Entschluß kam, doch er vertröstete ihn auf später, wenn sie ungestört reden konnten. Und das war hier nun der Fall.

"Wißt Ihr noch, als es der Rondra-Kirche gelang Warunk zurück zu erobern?", fragte Balrik und Oldebor nickte. "Das war vor gut acht Jahren. Auch ich war damals zugegen ..."

Balrik schritt durch die Trümmerhaufen der eroberten Stadt. Kaum zu glauben, was dieses Wesen ausrichten konnte. Wie nannte man es noch gleich? Omegatherion? Er kam an einigen Geweihten vorbei, die darüber redeten, wie man das Umland sichern konnte, und auch an einigen Soldaten, die die wichtigsten Wege frei räumten. Seine Schritte führten ihn zur Treppe, die zur Wehrmauer hinauf führte. Oben, auf der Mauer, befand sich Nahéniel, wie sie in die Landschaft hinaus spähte. Er stellte sich neben sie und tat es ihr gleich.

"Wie fühlst du dich?", fragte Nahéniel nach ein paar Minuten und Balrik betrachtete die zurück eroberte Stadt unter ihnen.

"Zufrieden", meinte er. "Es ist der erste Schritt für die Rückeroberung Tobriens." Dann blickte er wieder in die Ferne und nahm Nahéniel in den Arm. "Ich denke, meine Zeit ist getan. Das Reich kommt ab jetzt ohne mich zurecht. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Tobrien wieder uns gehört. Dafür brauchen sie uns nicht mehr."

Nahéniel sagte erst nichts, doch dann blickte sie ihm in die Augen und erklärte: "Ich habe letzte Nacht dem Wind gelauscht. Irgendetwas geht vor sich. Ich glaube, eine Aufgabe gibt es hier noch für dich zu tun."

"Sie kannte mich gut," meinte Balrik. "Denn sie hatte letztlich recht. Kaum war ich am Kaiserhof, um meinen Abschied zu bitten, erfuhr ich, daß Haffax sein Ultimatum ausgesprochen hatte. Und bei einem Gegner wie ihn konnte ich das Reich einfach nicht im Stich lassen. Aber ich nahm mir vor, sobald die Geschichte mit Haffax vorbei wäre, würde ich es nach holen. Nun, und das habe ich heute getan." Auch Balrik blickte auf seine Karten und sagte: "Ich gehe mit und erhöhe."

"Allerdings trete ich nicht nur aus den Diensten der Kaiserin aus", meinte Balrik. "Ich möchter auch meine anderen Titel abgeben und meinem Erben übertragen. Unter anderem auch meinen Junkertitel."

Oldebor kratzte sich am Kinn. "Ist nicht der junge Gerion Euer Erbe? Ist er nicht Gildenmagier?"

"Das ist richtig", bestätigte Balrik.

Der Burggraf nickte grübelnd. "Im Grunde spricht nichts dagegen, Balrik. Allerdings wird er einen Vogt einstellen müssen. Ich gehe mit." Seine letzte Aussage galt der Erhöhung im Boltan. "Was werdet Ihr dann tun, Balrik?", fragte Oldebor. "Jetzt wo Ihr keine Verpflichtungen mehr gegenüber dem Reich habt?"

"Ich werde mich aus der Politik gänzlich zurück ziehen – ein Parkett, das mir nicht recht zusagt."

"Wo Ihr es doch so trefflich versteht mit den verschiedensten Parteien gut auszukommen, auch wenn diese untereinander verfeindet sein mögen", kommentierte der Burggraf augenzwinkernd.

Balrik lachte. "Ja, das mag sein. Gerion wird da zwar nicht so diplomatisch sein, aber er ist durchaus engagierter als ich." Er kratzte sich am Kinn. "Nun, das ist eine gute Frage, was ich nun vorhabe. Vielleicht werde ich mit Nahéniel wieder die Länder bereisen. Oder wir ziehen in den Norden."

Letztlich verbrachten die beiden das abendliche Boltanspiel im Gespräch und genoßen ihre Pfeifen.


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Texte der Hauptreihe:
Tra 1040 BF
Tabakrauch und Boltanspiel


Kapitel 1

Autor: Balrik