Geschichten:Erste Lehrstunden - Ein Feuer für die Nacht
Baronie Haselhain, an einem Hain, Ende Tsa/Anfang Phex 1038 BF
Recht spät war es dann letztendlich als sie sich dem Rand des Lanskanshain näherten, hatten die diversen kleinen Übungen auf dem Weg dort hin doch auch immer einige Zeit gekostet, zwar war Selo durchaus nicht schlecht dabei weggekommen, doch glänzte er eher mit treffsicherer Übertragung von theoretischem Wissen auf die Praxis, als mit pragmatischer Herangehensweise. Was viele Dinge auch verkomplizierte und verlangsamte. Und jetzt in der Dämmerung wurde seine optische Wahrnehmung zusehens schlechter, bemerkte Lyn abermals. Und so würde die letzte Aufgabe für ihn heute sicherlich die schwerste werden. Also bat sie ihn darum im Schutz der Bäume einen geeigneten Platz für das Lager der Nacht zu suchen und das Lager dort, samt kleiner, verdeckter Feuerstelle zu errichten.
Dabei hielt Lyn sich mit Erklärungen und Kommentaren zurück, da sie nicht vorhatte, selbst bei der Auswahl eines sehr ungünstigen Platzes einzugreifen. Sie war sich recht sicher, dass im Wald außer eventuell von ein paar neugierigen Tieren keine Gefahr drohte, von daher war es nicht so wichtig, einen gut zu verteidigenden Platz zu suchen. Doch als Selo bei einer kleinen Lichtung verkündete, hier den richtigen Platz für die Nacht gefunden zu haben, fiel es ihr recht schwer nichts zu sagen, hatte ihr kundiges Auge doch den niedrigen Ameisenhügel am Rand schnell erkannt und auch das fehlende Rauschen eines nahen Wasserlaufes war ihr nicht entgangen. Immerhin gab es genug Feuerholz, wobei man schon ein wenig nach wirklich trockenem Holz zum entzünden des Feuers suchen müsste. Lyn nickte Selo zu, ohne das Zustimmung oder Ablehnung in ihrem Gesicht zu lesen war. "Dann soll dies der Platz für die Nacht sein. Während du eine Feuerstelle anlegst kümmere ich mich derweil um die Pferde. Die Zeltplane können wir danach zusammen anbringen, das geht zu zweit einfach besser."
Selo begann also Holz zusammeln, die leichte Feuchtigkeit hatte er bemerkt, aber es dennoch für trocken genug befunden. Doch irgendwas wurmte ihn an der Art wie Lyn den Platz zu ihren heutigen erklärt hatte, sie lobte gerne genauso wie sie kritisch zu tadeln wusste wenn etwas nicht recht lief. Also sah er sich beim sammeln des Holzes noch einmal um, er konnte nur noch schlecht sehen, Dämmerung und Wald schluckten viel Licht, also konzentrierte er sich, doch erblicken konnte er keinen Mangel. Aber genau das war auch seine große Schwäche, also verließ er sich lieber auf einen anderen Sinn. Und so horchte er in den Wald, bis es ihm dämmerte - eine Wasserquelle. “Wasser, das habe ich vergessen.”, tadelte er ganz plötzlich laut sich selbst, so dass Lyn langsam herumfuhr. “Aber die Schläuche sind noch gut gefüllt, trotzdem müssen wir uns morgen darum kümmern, wir bauen doch jetzt nicht wieder alles ab, oder?”
Lyn schmunzelte bei seinen Worten und meinte "Nun, es ist deine Entscheidung. Immerhin hast du zumindest bemerkt, dass der Platz nicht optimal ist. Ja, Wasser haben wir noch, doch bisher ist der Aufwand weiter zu suchen gering. Ist nur die Frage, ob du meinst einen besseren Platz zu finden ehe es zu dunkel ist. Die Frage muss man sich immer stellen. Weitersuchen bis der perfekte Platz gefunden ist und Gefahr zu laufen, irgendwann noch nicht einmal einen halbwegs guten zu haben oder einen zu nehmen, der suboptimal ist aber dafür noch vor der Dunkelheit erreicht wurde." fragend blickte sie zu ihm.
“Dann werden wir hier verweilen. Denn ich kann sonst nichts verkehrtes an dem Lager erblicken.”, selbstbewusst, nur mit einem Quäntchen Unsicherheit, packte er mit diesen Worten an den Rest des Lagers zu bereiten.
Als beide Pferde versorgt waren, ging Lyn zu Selo, der sich bis zu dem Zeitpunkt vergebens um ein Feuer gekümmert hatte. Sie nahm wahr, dass er zwar kleine dünne Zweige gefunden hatte, aber er versuchte, von der falschen Windseite das Feuer zu entfachen. Außerdem hatte er zwar, so wie es sinnvoll war, eine Kuhle gesucht, doch war es sinnvoller, dass Feuer nicht darin zu starten. Mit hochgezogener Augenbraue sprach sie ihn an "Das dürfte eine verdammt kalte Nacht werden." Selo, mit seiner eigenen Geduld kämpfend, schaute herüber, schaute wieder auf sein Werk und zuckte mit den Schultern: “Wieso?” Lyn lachte leicht auf und meinte "Bei meinem ersten Versuch alleine und ohne Hilfe ein Feuer zu entfachen habe ich die halbe Nacht gebraucht."
“Aber es ist schon warm. Schau nur.”, war die knappe Antwort.
Schmunzelnd entgegnete sie "Im Moment ist mir auch warm, aber ohne Feuer wird es recht bald kühl. Willst du es noch weiter allein versuchen oder ein paar Hinweise von mir?"
“Ich dachte nicht, dass ich gerade welche nötig hätte.”, antwortete er ihr mit ehrlicher Verwunderung. Die Albernierin konterte nur gelassen: “Gut, wenn du meinst. Dann zeig’s mir.” Woraufhin Selo vom Ehrgeiz gepackt immer stärker pustete bis sein Kopf anfing rot zu werden und er sich nur noch damit zu helfen wusste immer mehr Zunder in den Qualm zu werfen, der aber doch kein Feuer werden wollte. Irgendwann ließ er sich schwer atmend zurückfallen: “Bei Firun, das kann doch nicht so schwer sein.” Schnaufend saß er da, bis er sich irgendwann gefangen hatte: “Gut, was habe ich falsch gemacht.?”
Lyn hatte seinen weiteren Versuchen amüsiert aber auch aufgrund seines Ehrgeizes anerkennend verfolgt. Als er nun aufgab meinte sie "Fangen wir damit an, was du richtig gemacht hast. Eine Kuhle für das Feuer war schon mal die richtige Idee und mit trockenen Gräsern und kleinen Zweigen anzufangen auch. Doch schau, der Wind kommt direkt von vorne und ist so stark, dass er die kleinen Flammen ausbläst. Außerdem hast du noch keine wirkliche Flamme sondern nur ein Glimmen des Zunders. Das reicht aber nicht aus um das Holz zum brennen zu bringen." Sie ging auf die andere Seite der Kuhle und kniete sich vor einen dort liegenden Stein,so dass sie ihn vom Wind abschirmte. Dann bat sie Selo, ihr ein wenig von dem alten trockenen Moos zu bringen, dass sie an einem der Holzstümpfe sah. Dieses legte sie auf den Stein, und schnitzte sich von einem sehr trockenem Ast kleine Späne ab. Dann kam ein kleines Stück Zunder zwischen Moos und Späne. Nun ließ sie sich von Selo Feuerstein und Stahl reichen und es waren nur wenige Schläge notwendig bis das ganze zu glimmen anfing. Nun pustete Lyn gleichmäßig und mit einer Geduld die Selo ihr nicht zugetraut hätte auf den kleinen Haufen bis erste Flämmchen erschienen. An diesen zündete sie einen ganz dünnen trockenen Ast an und hielt ihn Selo entgegen. "Nun kannst du damit die Äste in der Kuhle anzünden." Interessiert war er ihr gefolgt und hatte sich wie auch bei allem zuvor fleißig Notizen in eine Kladde gemacht, dieser Bücherwurm, dachte sich Lyn ein ums andere Mal. Dann tat er wie geheissen. “Und nun die Plane, unser Mahl und dann sollten wir Wachen einteilen, denke ich.”