Geschichten:Fünf Köpfe für Totentanz - Wachstubentratsch
Reichsstadt Hartsteen, 2. Phex 1040 BF
„Wie kam eigentlich der Verdacht auf die Schroeckh?“
„Das Igelhautbild. Der Hauptmann Orestes erinnerte sich wohl, dass auch seine Stellvertreterin eins hatte, wenn auch an einer höchst privaten Stelle, du verstehst? Die beiden müssen mal was miteinander gehabt haben.“
„Echt? Aber lange kann’s ja nicht gewesen sein.“
„Wahrscheinlich war sie ihm einfach zu stachelig.“
„Dazu kam, dass sie ganz gegen ihre sonstige Art alles getan hat, die Ermittlungen zu behindern und zu verschleppen.“
„Das genügte, dass der Hauptmann sie durch ihren Neffen hat beschatten lassen.“
„...und der kleine Schroeckh hat dann prompt seine Verwandtschaft ans Messer geliefert, als er spitzkriegte, dass sie den Hirschenrode aus dem Turm holen wollten.“
„Übrigens, Herr Orestes hat den jungen Herrn bereits mit einem silbernen Handschlag vor die Tür gesetzt.“
„Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.“
„Ganz genau. Dem Schroeckh war’s anzusehen, dass er sich mehr erhofft hatte. Pech gehabt! Ob er jetzt zu seinem Papa nach Elenvina petzen geht?“
„Jedenfalls...Die gründliche Hausdurchsuchung des Schneckenhauses hat ein paar nette Dinge zu Tage gefördert, die wir gleich beschlagnahmt haben.“
„Was denn?“
„Unter anderem Papiere und Bücher.“
„Papiere? Solche wie in Eslamsgrund?“
„ So genau hab ich die mir nicht angesehen. Aber ein Buch über Pflanzen und Gifte, so richtig mit Bildern drin, war ganz bestimmt dabei. Und dann natürlich Götzen.“
„Du meinst, die Igelfiguren?“
„Jupp. Jede Menge davon.“
„Und was ist mit dem alten Schroeckh?“
„Den hat bei der Nachricht der Schlag getroffen. Er lebt zwar noch, aber ich hab den Eckelsfelder sagen hören, dass der’s nicht mehr lange macht. Tja, hätt’ er seine Brut mal richtig erzogen.“
Am gleichen Ort, 6. Phex 1040 BF
„Wie ging’s bei der Befragung?“
„Erst gaben sie sich verstockt, aber nach der Runde mit den Eisen haben sie gesungen wie die Lerchen: Den Befreiungsversuch des eingekerkerten Hirschenrode und das Abmurksen der Einauge konnten sie ja gar nicht leugnen. Sie haben alles zugegeben: den Giftanschlag auf dem Tsatagsfest und die Angriffe auf den Baron von Nettersquell. Auch die jüngst im Feidewald erlegte Wolfsbestie geht auf ihr Kerbholz.“
„Moment! War das nicht der Schwarzmagier, den wir vor drei Jahren hier auf dem Ratsplatz...?“
„Da kannst du mal sehen, mit was für üblen und götterlosen Halunken sich diese vermeintlich edlen Igeldiener eingelassen hatten! Und sogar zwei weitere Morde haben sie gestanden: den Giftattentat an einem Gesandten der Traviakirche während der Verhandlungen zum Friedensschluss anno `35 und die blutige Metzelei eines Ratsherrn vor zehn Jahren.“
„Der auch? Wie hieß der doch gleich?“
„Hauberker war das, glaube ich.“
„Ja stimmt.“
„Bloß gut, dass die endlich gefasst wurden. Für den Frieden in Hartsteen kann das nur gut sein.“
„Na, hoffentlich.“
„Wieso nur hoffentlich?“
„Ein bisschen eigenartig ist es schon. Als die Delinquenten nach den Gründen für ihr lästerliches Tun befragt wurden erzählten sie wirres Zeug von ihrem König im Dunkel und von einem im Geheimen tobenden Kampf. Sie hätten verhindern wollen, dass die letzten Ketten gesprengt würden und das Land ins Chaos stürze und beschuldigten den Baron von Nettersquell, dieses Geschäft zum Schaden Hartsteens zu betreiben. Aber das hat keinen vom Gericht mehr interessiert.“
Ebenda, 8. Phex, 1040 BF
„Pfff. Mir reicht’s!“
„Wieso?“
„All die hohen Herrschaften, die extra zur Urteilsverkündung gekommen sind! Der Saal war rappelvoll und die kann man ja nicht so einfach rumscheuchen, wie die Leute draußen auf der Straße, sondern mit Respekt behandeln. Und dann zog sich das alles noch so unnötig in die Länge...“
„Sag bloß.“
„Naja, der Zandor als Vorsitzender des Magistrats und oberster Richter kam ewig nicht und hat sich später entschuldigen lassen, weil er angeblich sein heimliches Gemach nicht verlassen könne. Der hatte wohl im wahrsten Sinne des Wortes die Hosen voll, Leute von edlem Stand zu verurteilen. Aber das hat denen nichts genützt. Der Goldacker hat dann irgendwann übernommen und das erwartbare Urteil verkündet, nachdem die Delinquenten ihr Geständnis wiederholt hatten.“
„Und?“
„Tod durch das Schwert. Das wird ein Spektakel, kann ich dir sagen.“