Geschichten:Familienfrieden - Auf dem Reichskongess zu Perricum
Auf dem Reichskongress zu Perricum
Peraine 1033 BF, Perricum
Die Nacht war bereits weit fortgeschritten und es war ruhig geworden in den weitläufigen Hallen der Markgrafenburg in Perricum. Natürlich hörte man noch immer die Klänge der albernischen Musiker mit ihren sehnsüchtig klingenden Weisen. Albernische Edle saßen an den Tischen umher und manch Träne floss wo Weinselligkeit und Heimweh sich vermengten. Da und dort hörte man laute Stimmen wo einem Adligen der gute Wein zu Kopf gestiegen war. Eilfertige Diener huschten nimmermüde umher um jedem Wunsch schnell nachzukommen.
Ardo jedoch hatte sich mit einem Krug Bier in eine ruhige Ecke verzogen, nachdem er zuvor ein paar Stunden damit zugebracht hatte einem Weidener Baron und dessen Ritterin beim Würfelspiel Taler um Taler abzuknöpfen. Im Augenwinkel sah er seinen Vetter sein Gespräch mit dem Meister der Mark beenden und mit einer Flasche Likör auf sich zu gehen. Einladend deutete der Kressenburger auf den freien Platz neben sich und Greifwin ließ sich nicht lange bitten.
„Hier sind wir also wieder.“ Der Eslamsrodener Baron suchte sofort das Gespräch und goss sich nebenher ein. „Ich habe keine Ahnung wie ich das schon wieder unbeschadet überstehen konnte, aber hier sitze ich und habe kaum einen Kratzer abbekommen. Aber ich sehe Phex war auch dir hold mein Vetter.“ Fröhlich deutete er auch den kleinen Geldhaufen den Ardo noch nicht in seine Börse getan hatte, weil er plante es noch zu vertrinken. „Morgen kehren wir endlich wieder zurück. Ich will für diesen Svellter hoffen, dass er bei unserer Rückkehr mein Papier liefern kann. Und mach dir keine Sorgen mehr wegen Mechthild. Sie wird wieder auf die Beine kommen.“
„Das hoffe ich wirklich. Sie ist ein tolles Mädel und es täte mir Leid sie zu verlieren. Vor allem wüsste ich nicht wie ich meinem Schwervater je wieder unter die Augen treten sollte, wenn ich seine geliebte Großnichte zu Tode kommen ließe.“ Greifwins Anwesenheit ließ Ardo wieder munter werden. Er setzte sich gerade auf, trank den Krug leer und hielt ihn seinem Vetter hin, auf das dieser nachschenke. „Aber die Geschehnisse in Lodenbach haben mich zu der Einsicht gebracht, dass es an der Zeit ist unser Gespräch von vor einem Götterlauf fortzusetzen. Du weißt schon, wegen Ifirnia.“
Greifwin nickte verstehend, trank einen Schluck und setzte den Becher dann ab. „Du hast Recht. Es war wirklich eine gefährliche Situation. Wir hätten genauso gut alle bei Boron enden können. Wir sind noch jung, aber dir fehlt nach wie vor ein Erbe für Kressenburg. Und wir zwei sind weiterhin die Einzigen die wirklich ernsthaft an eine Versöhnung der Familie glauben.“
„So ist es. Ich habe nicht vor mich demnächst auf meiner Burg zur Ruhe zu setzen. Die Feinde des Reiches sind zahlreich und vom Herumsitzen verschwinden sie nicht. Es braucht uns und unsere Schwerter um die Ordnung zu verteidigen, sonst werden wir der Wildermark niemals mehr Herr. Doch wäre mir bedeutend wohler, wenn ich die Erbfolge zweifelsfrei geregelt wüsste und wir auch endlich diesen bedeutenden Schritt zur Aussöhnung gehen.“ Auch Ardo nahm jetzt einen Schluck vom süßen Likör. „Mag Ifirnia mich noch immer nicht leiden?“
Beschwichtigend wedelte Greifwin mit der Hand. „Sie wird es schon noch rechtzeitig lernen dich zu mögen. Du bist ja kein schlechter Kerl und wenn sie nicht so stur wäre, könnte sie auch irgendwann hinter den Namen schauen. Unsere Großmutter hat sie völlig gegen das ältere Haus eingenommen. Wenn sie erst einmal bei dir in Kressenburg lebt wird sie sich schon an dich gewöhnen.“
Ardo pustete kurz durch. Es war ihm deutlich anzumerken, dass diese Regelung ihm nicht wirklich zusagte und er auch den Optimismus seines Vetters in dieser Sache nicht teilte. Trotzdem nickte er und schluckte seine Bedenken mitsamt einem großen Schluck Waldbeerlikör hinunter. „Dann soll es so sein. Du kennst sie besser als ich und wenn du ihr zutraust, dass sie ihre Vorurteile irgendwann zu überwinden versteht, dann will ich ihr die Möglichkeit dazu geben. Doch mit der Verlobung kann und will ich nicht länger warten. Sie hatte einen Götterlauf Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen und ich gestehe ihr bis zur Hochzeit einen weiteren zu. Aber dann ist es an der Zeit.“
Greifwin ließ nicht erkennen, wie sehr ihm der Gedanke missfiel seiner Schwester diese Nachricht bei seiner Heimkehr überbringen zu müssen. Er begann zu rechnen und im Kopf zu überschlagen wie eine Hochzeit im nächsten Götterlauf zu finanzieren und auszurichten sei. „Lass mal sehen. Die Aussaat sollte fertig sein und das Vieh mit dem Kalben und Ferkeln. Gutes Wetter wäre auch nicht zu verachten. Peraine und Ingerimm fallen also weg. Anfang Rahja ist wieder das Große Turnier und bei einem Fest hinterher wird die Zeit knapp, dass alle Gäste vor dem Jahreswechsel Heim kommen. Der beste Termin wäre meiner Meinung nach Mitte Praios tausendfünfundreißig. Was meinst du?“
„Gut, dann machen wir es so.“ Über den Tisch hinweg reichte Ardo seinem Vetter die Hand um die Absprache zu besiegeln. „Ich werde dich auf dem Heimweg nach Weidensee begleiten. Du sollst nicht alleine stehen wenn Ifirnia es erfährt. Und wer weiß, vielleicht überrascht sie uns ja doch.“ Nach diesen letzten hoffnungsvollen Worten hob er wieder seinen Krug und starrte den Rest der Nacht gedankenverloren zu den albernischen Musikanten hinüber.