Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Aufbruch nach Osten

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Festung Feidewald, Phex 1039 BF

„Und was hat der Graf dazu gesagt?“ fragte Werdomar ungläubig. Anselm schaute seinen Bruder gelassen an. „Was soll er schon gesagt haben?“

Werdomar schüttelte den Kopf. „Unfassbar!“ entfuhr es ihm leise, aber noch gut vernehmlich. Sein Bruder war mit kleinem Gefolge hierhergekommen und hatte ihm von seinen Plänen berichtet, sich der Heerfahrt in den Osten anzuschließen. Das Amt des Landvogts von Hutt hatte er dafür aufgegeben. Zu Werdomars Missfallen hatten sich auch zwei Ritter der Familie Schwingenfels seinem Bruder angeschlossen. Zwar nur entfernte Verwandte des Kronvogts zu Puleth, aber Werdomar hatte gelernt, dieses Wappen zu hassen.

Anselm schaute ihn leicht verwirrt an. „Es war doch immer unser Bestreben, die Baronswürde unserer Mutter wieder zu erlangen! Ich verstehe nicht, warum Dich das jetzt so aus der Fassung bringt?“

Werdomar schüttelte kaum merklich seinen Kopf. „Du bringst mich nicht aus der Fassung!“ sprach er ruhig. „Der Zeitpunkt Deiner Entscheidung überrascht mich einfach!“

Anselm wirkte immer noch verwirrt. „Wenn ich mich jetzt nicht dieser Heerfahrt anschließe, wann sollte ich es denn sonst tun?“

Werdomar hob seine rechte Hand, den Zeigerfinger abwehrend nach rechts und links bewegend. „So meinte ich das nicht! Es überrascht mich einfach, was Du dafür bereit bist, aufzugeben.“ Werdomar stand auf und bewegte sich durch dem Raum und begann dozierend vorzutragen: „Nüchtern betrachtet hat keiner von uns beiden seit Mutters Tod irgendetwas getan, was Deinen Anspruch in irgend einer Weise legitimieren würde? Ich meine, unsere Aufgaben als gräfliche Berater haben uns viel zu sehr von diesem Vorhaben abgebracht. Warum sollte man Deinen Anspruch als Baron legitimieren?“

Anselm hatte dem durch den Raum wandernden Werdomar beobachtet und antwortete ohne Umschweife: „Nun, Udina von Quintian-Quandt als Baronin von Radromsbusch ist meine Mutter!“

Werdomar schnaubte verächtlich. „Du bist entschlossen?“ fragte er resignierend.

Anselm stand auf und schaute ihm in die Augen. „Ja, das bin ich!“

Werdomar überlegte kurz, dann setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch. „Dann lass mich wenigstens dafür sorgen, dass Dein Vorhaben von Erfolg gekrönt ist!“ sprach er bestätigend und rief Quendan, seinen Adjutanten herein.

„Euer Hochgeboren haben mich gerufen!“ fragte dieser eintretend.

„Mein Bruder und seine Entourage benötigen ein Quartier! Sorgt dafür, dass sie alles bekommen! Ich muss hier noch ein paar Dinge regeln, um ihm die Unterstützung bei seinem Vorhaben zu sichern. Und schickt mir Roban herein!“

Quendan bestätigte die Aufforderung des Barons und bedeutete Anselm, ihm zu folgen. Anselm sprach leise: „Danke, Bruder!“

Werdomar lächelte milde: „Ich bin es Dir doch schuldig!“

Die beiden verließen den Raum und kurz darauf kam der gerufene Edelknecht herein.

Werdomars Miene verfinsterte sich. Er schaute zu seinem Gegenüber auf: „Mein Bruder hat beschlossen, dass es Zeit wäre, dass Erbe unserer Mutter einzufordern! Er will unbedingt an dieser Heerfahrt in den Osten teilnehmen und Radromsbusch einfordern.“

Werdomar schnaubte verächtlich. „Ach, ich sehe schon, dass ich Dich gar nicht mit den Details behelligen muss. Also beschränke ich mich, auf das, was Du wissen musst!“

Roban blieb ruhig und wartete ab. Werdomar war sich nicht sicher, ob es daran lag, dass Roban nichts von der Politik verstand oder es ihn nicht interessierte.

„Wie dem auch sei! Dieser Hundsfott von Kronvogt hat ihm zwei Ritter für dieses Unterfangen an die Seite gestellt. So etwas kann ich mir nicht gefallen lassen. Das werde ich überbieten!“

Sein Gegenüber zuckte mit den Schultern, und Werdomar musste innerlich mit den Augen rollen und daran denken, dass er nur von Idioten umgeben war. Werdomar schob einige Schuldscheine über den Tisch. „Du wirst daher umgehend damit beginnen, diese Schulden beizubringen!“

Roban nickte und wandte sich zum Gehen. „Und schick mir Baltram herein!“ rief er dem Edelknecht hinterher.

Als er allein war, ging er zu einem Beistelltisch und schenkte sich Wein nach. Er wusste, dass das Eintreiben von Schulden Zeit benötigen würde. Zeit, welche er nicht haben würde. Er durfte nicht zu lassen, dass sein Bruder weiterhin mit diesem Hundsfott Hadrumir gemeine Sache machte. Vielleicht war dies der richtige Zeitpunkt, andere Kontakte und Verdienstmöglichkeiten zu nutzen. Er würde dafür Sorge tragen, dass nicht nur zwei lächerliche Ritter seinen Bruder bei seinem Vorhaben unterstützen würden. Ein Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht und er nahm einen tiefen Schluck von seinem Wein.