Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Die Tiefen des Feidewalds

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Festung Feidewald, Boron 1043 BF

Der Zeugmeister hatte seinen Bericht nüchtern und klar dargelegt. Werdomar hatte ihm mit unbewegter Miene zugehört. Jetzt schaute er eher unbeteiligt zum Fenster hinaus und wirkte mit den Gedanken abwesend. Tatsächlich war ihm die Lage in Feidewald nicht egal, aber was sollte er schon machen? Gewisslich würde er nicht an seine Privatschatulle gehen, um die Probleme seiner Untertanen zu lösen.

„Euer Hochgeboren?“ fragte Haldrian Baerfold. „Ich sagte, dass die meisten Familien vor einem ungewissen Winter stehen. Es gibt kaum noch jemanden, welcher etwas entbehren kann.“ Werdomar wandte den Blick zu seinem Zeugmeister: „Ich habe Dich sehr wohl verstanden, Haldrian!“ „Und wollt Ihr denn nichts dagegen unternehmen?“ Werdomar faltete die Hände vor sich zusammen und ließ einen Laut der Missgunst erklingen. „Was soll ich denn nach Deiner Meinung tun? Die Kaisermärker haben sich im letzten Mond ja sogar bis Kronbrunn vorgetraut!“ Haldrian wirkte missmutig. Er wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch Werdomar schnitt ihm das Wort ab: „Wenn ich etwas tun sollte, was sollte das sein? Soll ich die wenigen Ritter aussenden, die mir geblieben sind? Den Sturmfels? Dein Weib? Oder Deine Schwägerin? Vielleicht sogar Dich selbst?“ „Wollt Ihr denn den Menschen in Kronbrunn nicht wenigstens Unterstützung geben?“ fragte Haldrian resignierend. „Gerne öffne ich den Menschen Kronbrunns die Tore, sollten Kaisermärker, Schlunder oder wer auch immer erneut zu einem Angriff hierherkommen!“ sprach Werdomar freundlich. „Doch bis dahin solltest Du als mein Zeugmeister, eine Aufstellung über die Bestände der Burg beibringen!“ Mit einer Handbewegung entließ er seinen Zeugmeister.

Werdomar erhob sich ebenfalls und verließ sein Arbeitszimmer. Er suchte seine Privatgemächer auf. Hier hatten nur er, seine Frau und sein Adjutant Quendan Zugang. So hatte es bereits Graf Geismar gehandhabt. In einer Mauernische war hier eine schmale Treppe versteckt. Werdomar bemerkte, dass sich sein Gast bereits in dem kleinen Zimmer an der Außenmauer aufhielt. Eine weitere geheime Treppe führte aus den Katakomben der Feste hierher.

Sein Gast hatte sich auch bereits vom Wein eingeschenkt, wie Werdomar missmutig feststellen musste. Während er selbst zur Karaffe ging, sprach er gelassen: „Schön, dass Ihr es Euch auf meine Kosten bequem macht!“ Grimma vom Walde lächelte ihn schief an. „Nun habt Euch nicht so! Ich komme selten genug an einen solchen Tropfen!“ Werdomar nickte. „Der Feidewald bringt so etwas tatsächlich nicht hervor!“ Er prostete dem Heckenritter zu.

Grimma lachte auf. „Nein, der Feidewald bringt eher solche Gestalten wie mich hervor!“ Werdomar setzte sich an den kleinen Tisch. Einmal im Monat führte er diesen Austausch mit dem Heckenritter. Dieses Mal gab es wenig zu sagen, umso erleichterter war Werdomar, dass sein Gegenüber eigentlich sehr schnell zum einzigen Thema ihrer jetzigen Unterhaltung führte – wenn auch unbewusst. „Wenn wir schon von Gestalten wie Euch reden, dann lasst uns doch darüber reden, wie Ihr dem Baron zu Feidewald behilflich sein könnt!“ sprach Werdomar daher seine Forderung klar heraus. Sein Gegenüber deutete eine kleine Verbeugung an: „Und wie kann ich dem Baron zu Feidewald zu Diensten sein?“ Werdomar trank einen Schluck Wein, dann fixierte er sein Gegenüber. „Nun, es haben sich in den letzten Monden einige – Subjekte hier in der Grafschaft eingenistet. Sie treiben sich in letzter Zeit zu gerne hier herum. Zur Stunde sind es insbesondere die Schlunder, welche sich in Hutt, Bugenhog oder Rabensbrück breit machen. Ich denke, es wird Zeit, dass wir ihnen die Spezialitäten des Feidewalds ein wenig näherbringen!“ Grimma lächelte verschmitzt und prostete dem Baron zu. „Die Schlunder werden schon bald wissen, wer in den Tiefen des Feidewalds auf sie wartet!“