Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Lechmunde
Burg Wiezengrund, Mitte Boron 1037 BF
Oderik schaute besorgt zu seiner Frau. Trotz der Schwangerschaft war sie sofort aufgesprungen, als der Wächter die Neuankömmlinge angekündigt hatte. Jetzt standen sie im Burghof und erwarteten die Ankunft von Hadrumir und den anderen Reitern.
Das letzte Jahr war viel zu schnell verflogen. Luidor von Hartsteen war nun der Graf von Hartsteen und wenige Zeit später hatte es die sogenannte Friedenshochzeit zu Hartsteen gegeben. Lechdan von Quintian-Quandt hatte Selinda von Hartsteen geheiratet. Eigentlich hätte Oderik mit dieser Hochzeit nicht viel am Hut gehabt. Zeitgleich hatte jedoch Baron Werdomar von Quintian-Quandt Duridanya von Ebershag geehelicht. Auch mit dieser Hochzeit hatte Oderik wenig zu tun, doch aus ihm unerklärlichen Gründen hatte er eine Einladung zum Junggesellenabschied des Barons erhalten. Die meisten Anwesenden waren Vertreter der Vasallen des Barons gewesen. Voltan und zwei junge Männer in Katterqueller Farben waren dem Alkohol ziemlich zugetan und es wurde eine schreckliche Veranstaltung. Als sich Alarich von Hirschenrode und er zum Gehen wenden wollten, lachten ihn die beiden jungen Kerle aus. Als er die beiden traurigen Gestalten zur Rede stellen wollte, ließ Baltram von Eisenmuth eine Bemerkung ihm gegenüber fallen: „Sei vorsichtig, was Du Dir wünschst! Du willst Dich doch nicht mit Deiner Verwandtschaft prügeln!“
Oderik hatte Voltan danach gefragt, doch dieser hatte abgewiegelt und ihm nur mitgeteilt, dass die Zwei Bastardkinder einer Schwester Bostefreds seien. Dann machten die Neuigkeiten von der kaiserlichen Hochzeit die Runde in Hartsteen und Oderik hatte dem Spruch keine weitere Bedeutung eingeräumt. Schließlich hatte er mit den Katterquellern nichts zu schaffen. Im Sommer hatte Haldora ihm dann eröffnet, dass er bald Vater werden würde. Und diese Angelegenheit war für Oderik erledigt.
Doch dann wurde es Herbst. Und Oderik war nach Hartsteen aufgebrochen. Er war in der Taverne „Heldeneinkehr“ unweit der Reichsstadt untergekommen. Dort war er wieder auf die beiden Katterqueller Bastarde gestoßen. In Oderiks Augen benahmen sie sich unmöglich. Sie hatten sich ungefragt zu ihm gesetzt und hatten definitiv zu viel getrunken. Er musste den Beiden energisch deutlich machen, dass sie ihn gefälligst in Ruhe lassen sollten. Er wäre beinahe sogar handgreiflich geworden, um den Beiden Mores zu lehren, doch Baltram feixte nur, dass sein Schwager bestimmt nicht erfreut sei, wenn die beiden Brüder ihn nicht in Ruhe ließen. Dann waren beide feixend aufgesprungen und hatten sich zurückgezogen. Oderik hatte sich gefragt, was das zu bedeuten hatte.
Oderik hatte deshalb Hadrumir aufgesucht. Sie waren sich einig, dass die beiden Katterqueller nicht Adhumar oder Sigmann gemeint haben konnten. Irgendetwas musste auf Katterquell vorgefallen sein und Oderik beschlich das Gefühl, dass es nichts Gutes bedeuten würde. Hadrumir hatte sich sofort auf den Weg dorthin gemacht. Jetzt war er zurückgekehrt. Oderik schaute weiterhin besorgt zu seiner Frau, als die Reiter im Hof von ihren Pferden stiegen.
Haldora konnte ihre Tränen nicht zurückhalten. Man hatte sich in den Rittersaal zurückgezogen. Curthan, der alte Verwalter der Burg, Oderik, Voltan und zwei Mann der Orbetreuer Schwingen hörten nun Hadrumirs Bericht. Sie hielt sich ihren Bauch. Wie sehr hatte sich Oderik gefreut, als sie ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte. Wie sehr hatte sie sich selbst gefreut. Ja, sie hatte es gut angetroffen. Sie liebte Oderik und dieses Kind in ihr war der Beweis dafür. Der Bericht, den Hadrumir fast tonlos vorbrachte, war erschütternd! Wie schlimm musste es Lechmunde getroffen haben? Haldoras Gedanken rasten. Hätte Lechmundes Schicksal nicht das ihre sein müssen? Hätte sie es nicht sein müssen, die ihren Peinigern hilflos ausgeliefert war? Schließlich hatte sie doch entschieden, dass diese Fehde enden musste! Oderik war an sie herangetreten und hielt ihre Hand. Haldora bekam fast nichts mehr mit, ein Rauschen war in ihre Ohren getreten und ihr kam die Galle hoch. Sie versuchte den Druck Oderiks zu erwidern, doch die Übelkeit überkam sie und sie übergab sich vor die Füße ihres Mannes.