Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Rücktritt
Festung Feidewald, Mitte Tsa 1043 BF
Werdomar wälzte sich zur Seite. Er war erschöpft und müde. Nicht das Duridanya ihn besonders gefordert hätte. Es hatte ihn anfangs ein wenig Mühe gekostet und Duridanya etwas an Überwindung, aber dafür parierte sie jetzt umso mehr und wusste, wie sie ihn zufrieden stellen konnte. Jetzt lag sie in seinem Arm und Werdomar wurden die Augenlider schwer.
Krachend wurde die Tür zu Werdomars Schlafgemach aufgerissen, was Duridanya einen Schrei entlockte, während sie hastig mit der Bettdecke ihre Blöße bedeckte, wodurch Werdomar nunmehr nackt aufsprang und zum Dolch auf seinem Nachttisch griff.
„Eine wichtige Nachricht aus Hutt!“ rief Haldrian von Ebershag im Eintreten. Dann wurde er sich der Situation bewusst und stammelte: „Euer Hochgeboren, verzeiht…ich wusste ja nicht…Duridanya…Schwester…es tut mir leid!“ Betreten schaute der Zeugmeister zu Boden. Werdomar richtete sich auf. „Herrje, bei allen guten Göttern! Hast Du den Verstand verloren?“ fuhr er seinen Schwager an. Haldrian schaute immer noch betreten zu Boden und flüsterte leise: „Ich dachte, dass…“ Werdromar trat an ihn heran. „Ich gab klare Anweisung, dass niemand diese Räume zu betreten habe!“ „Ja!“ flüsterte sein Schwager. „Was gibt es also, dass Dich dazu veranlasst, diese meine Anweisung zu missachten? Welche Kunde aus Hutt ist so wichtig? Ist der Graf verstorben? Ist die Burg abgebrannt?“ fragte Werdomar augenrollend. Haldrian antwortete seinen Blick immer noch auf dem Boden haltend: „Nein, der Graf lädt zum Hoftag nach Natzungen! Er beordert alle Hofämter dahin!“
Werdomar schmiss seinen Dolch auf den Nachttisch. „Na toll! Und diese Nachricht hättest Du mir nicht morgen beim Frühstück überbringen können?“ fragte er lauernd. Haldrian antwortete kleinlaut: „Doch schon! Aber ich dachte als gräflicher Kämmerer würde es Dich interessieren.“ Werdomar ging zu einem Beistelltisch, auf welchem er eine Karaffe mit Wein wusste. Er schenkte sich ein und trank einen Schluck. Er überlegte kurz und war sich seiner Sache sicher, dass er an diesem Umstand etwas ändern musste. „Nun, was das angeht, so sollte ich tatsächlich langsam überlegen, wie ich das Amt in Zukunft gestalten könnte.“ sprach Werdomar im Plauderton. Haldrian blickte nun leicht verlegen auf. „Wie meinen?“ fragte er zaghaft.
Werdomar nahm noch einen Schluck vom Wein. „Nichts, was für Dich von Belang sein sollte! Schick mir Ihro Gnaden Caya in mein Arbeitszimmer!“ „Jetzt?“ fragte Haldrian verdutzt. „Nein, zum nächsten Rahjamond!“ sprach Werdomar unwirsch. Haldrian schaute ihn erschrocken an. Werdomar hob resignierend die Arme. „Natürlich jetzt! Oder besser in einem Stundenglas!“ sprach er genervt. Leise fügte er an: „Doch das muss ich geschickt angehen!“ Er sinnierte kurz darüber nach, wie er dem Grafen seinen Rücktritt am besten verkaufen konnte. Dann kam ihm ein Geistesblitz. „Natürlich, ich präsentiere ihm einen direkten Nachfolger! Was bin ich gerade wieder einfallsreich!“ Auch wenn er nur leise gemurmelt hatte, so schien Haldrian zumindest den letzten Satz verstanden zu haben.
„Was ist einfallsreich?“ fragte dieser daher. Werdomar schreckte auf. „Bei Phex! Du bist ja immer noch da!“ Mit einer scheuchenden Bewegung machte er seinem Schwager klar, dass dieser sich entfernen solle. Haldrian zog sich zurück und schloss die Tür hinter sich. Duridanya, welche wusste, dass es besser war, die Geschäfte Werdomars nicht zu unterbrechen, erhob sich aus dem Bett, nur um kurz darauf zu erstarren, als Werdomar mit schneidender Stimme fragte: „Wo willst Du hin?“ Duridanya drehte sich zu ihm und antwortete betreten: „Ich dachte, dass Ihr Euch in einem Stundenglas mit Ihro Gnaden treffen wollt?“ Werdomar hob tadelnd den Zeigfinger: „Eben! In einer Stunde treffe ich mich mit ihro Gnaden. Das heißt, wir zwei haben auch noch ein Stundenglas Zeit. Also, marsch zurück mit Dir ins Bett!“
