Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Schuldverschreibungen
Gut Eisenmuth, Travia 1042 BF
Carolan schaute leicht betrübt auf diese Truppe, welche sich hier eingefunden hatte. Unter normalen Umständen verkehrte er nicht in diesen Kreisen, aber welche Wahl hatte er schon? Er hatte sich auf dieses Spiel eingelassen, also musste er es jetzt auch weiterspielen. Sein Auftrag war klar umrissen, doch die beiden Frauen ihm gegenüber machten ihn schon nervös. Diese Heckenreiterin und die Amazone schauten ihn herausfordernd an. Die Amazone hatte ihn entnervt gefragt: „Wo ist unser Geld?“
Ihr Blick war bohrend, doch Carolan hielt ihm stand. „Wohlgeboren Borfrede! Ich bitte Euch doch nur, Euch ein wenig zu zügeln!“ Borfrede von Katterquell spuckte aus. „Das sollen wir andauernd! Nichts anderes hören wir von solchen Pfeffersäcken wie dir!“ Sein Blick ging von der Amazone zu Rapidora. Carolan faltete die Hände. „Schaut, es ist nun einmal so, dass es in den vergangenen Monden schwieriger geworden ist, Eure Waren an den Mann zu bringen.“ Borfrede sprang auf: „Und warum sollte uns das stören?“ Rapidora nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Humpen, ehe sie mit einer Handbewegung der Amazone klar machte, dass sie gewillt war, Carolan anzuhören. Lauernd sprach sie: „Bisher hat sich unsere Vereinbarung doch für jeden als vorteilhaft erwiesen.“ Sie schaute zu Borfrede und dann wieder zurück zu Carolan: „Ich denke, dass auch Ihr bisher gut an uns verdient habt. Wir tragen bei unseren Überfällen das größere Risiko! Eure einzige Sorge sollte daher sein, dafür zu sorgen, dass unsere Zusatzverdienste vollkommen legal erscheinen.“
Carolan seufzte. Er war wieder einmal nur von Idioten umgeben. So einfach funktionierte das Geschäft mit Schuldverschreibungen nicht. Borfrede pfefferte einen der Scheine auf den Tisch: „Von Deinem schönen Papier kann ich mir nichts kaufen!“ Auch Rapidoras Blick lag nun auf Carolan. Doch dies war sein Schlachtfeld, hier wähnte er sich im Vorteil. Er straffte sich: „Nun, dann gehen wir das halt noch einmal durch!“ Er schaute zu Borfrede. „Jedes Mal, wenn Du von einem Deiner Raubzüge kommst, müssen Deine Güter an den Mann gebracht werden, richtig?“ Die Amazone nickte bedrohlich. Carolan fuhr fort: „Ich kann schlecht hergehen und diese Waren in Hartsteen auf dem Markt feilbieten, wenn die Hartsteener Händler eure Hauptziele sind.“ Borfrede war sichtlich unzufrieden, doch Carolan blieb gelassen. „Ich wäre wohl ein schlechter Hehler, wenn ich nicht wüsste, wie und vor allem wo und wann ich die Waren unauffällig an den Mann bringe.“ erklärte er weiter. „Doch muss das Geld dann immer noch unauffällig wieder an Euch fließen.“
Borfredes Faust knallte auf den Tisch. „Das habt ihr schon einmal erklärt. Verschaukel mich nicht! Wo ist mein Geld?“ fragte sie knurrend. Carolan schaute von ihr zu Rapidora, doch auch diese schien nicht mehr gewillt, Geduld zu zeigen. Carolan entschied, dass er in diesem Punkt ein Stück der Wahrheit preis geben musste: „Ich habe mir erlaubt, Euer Geld anzulegen! Selbst wenn ich es Euch jetzt sofort zahlen wollte, kann ich es nicht so einfach!“ „Was?“ entfuhr es Borfrede, die nun aufgesprungen war. „Ich wusste, wir hätten Dir Bastard nicht trauen sollen!“ Rapidora packte ihren Arm. „Ich hoffe für dich, dass Du dafür auch eine brauchbare Erklärung hast!“ zischte sie in Richtung Carolan. Carolan setzte ein Lächeln auf. „Nun, das Geld geht natürlich erst an Geldverleiher, diese wiederum geben dieses Geld an unterschiedliche Schuldner weiter.“ Seine Hände und Finger machten entsprechende Bewegungen, um die Geldbewegungen, welche er beschrieb, zu untermalen. „Und diese stellen dann die Schuldverschreibungen aus, welche ihr nunmehr in Händen haltet!“ Rapidora nickte verstehend, während Carolan weitersprach: „Wenn Wohlgeboren Borfrede also einen Schein von Bergsteen in Händen hält, dann bekommt sie für diesen Schein reingewaschenes Geld, was schwerlich zu euren Raubzügen zurück zu verfolgen ist!“ Im Hintergrund lachte Barnhelm, welcher bisher dem Gespräch eher nachlässig gelauscht hatte. „Das aber nur, wenn keiner hinterfragt, woher Bergsteen sein Geld hat!“ hakte er bei Carolan nach. Borfrede wirkte immer noch irritiert. „Was ist mit meinem Geld?“ Barnhelm trat an den Tisch heran, nahm Borfredes Schein auf und sprach belustigt: „So wie ich unseren Hehlerfreund hier verstehe, bist Du vorerst stille Teilhaberin von Bergsteen und Sohn!“
