Geschichten:Familiengeschichten aus Hartsteen - Zwei Schwerter

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Gasthof Wildwechsel, Mümmelmannshag

Haldora hatte sich Ruhe ausgebeten. Konnte sie unter diesen Umständen noch hier sein? Sie fragte sich immer wieder, was sie getan hatte. Ihr Blick blieb auf den beiden Schwertern vor ihr hängen. Das eine gehörte ihrem Vater Bodebert. Dieser hatte es Frostelin vermacht und jetzt gehörte es Haldora. Das andere Schwert gehörte dem alten Gerbald. Die Hutter Ritter hatten es zur Beendigung der Fehde von Hadrumir verlangt. Haldora war mit Lana aufgebrochen, um es dem alten Ritter zurück zu bringen. Es war ein weiteres Zugeständnis, welches Hadrumir aufgrund der Hutter Fehde gemacht hatte. Die Begegnung war für Haldora aufwühlend gewesen. Der alte Onkel ihres Vaters hatte lange mit ihr geredet. Mit keinem Wort hatte er Vorwürfe gegen sie erhoben oder sein Schicksal beklagt. Er hatte sich ehrlich und aufrichtig nach Haldoras Befinden erkundigt und sie in ihrem Entschluss, bei Oderik zu bleiben, bekräftigt. Er schien auch erfreut, dass die Hutter Ritter, Lockerungen in den Bedingungen der Pulether Fehde erreicht hatten. Doch dann war er aufgestanden, hatte das Schwert gepackt und es ihr mit dem Heft voran zurückgegeben. „Gebt es meinem Enkel zu seinem Ritterschlag!“ waren seine Worte gewesen und dann war er gegangen. Haldora und Lana hatten sich sprachlos angesehen.

Jetzt wünschte sie sich den alten Recken hierher. Hadrumir hatte noch auf dem Weg von Katterquell nach Weizengrund nach Tsalina und Sigmann schicken lassen. Und auch Gerbalds Enkel war von Kesseling nach Weizengrund gebracht worden. Er hatte ihr sein Versagen eingestanden. Doch war es wirklich sein Versagen? Konnte er absehen, was der Katterqueller tun würde? Keiner konnte das! Sollte sie von der Vereinbarung zurücktreten? Das war für sie schier unmöglich. Doch was war mit den anderen Vieren?

Lana hatte für ihren Sohn gesprochen und neben einer adäquaten Ausbildung auch ein angemessenes Auskommen für ihn gefordert. Die Allingen hatten zugesichert, dass sie ihn zum Knappen ausbilden würden. Damit war zumindest gesichert, dass Haldora dem Wunsch seines Großvaters nachkommen konnte. Haldora hatte das Gefühl gehabt, dass sie in jenem Moment auf Weizengrund nahezu alles hätte von Hadrumir verlangen können. Erstmals nahm sie ihn nicht als Gegner wahr, sondern als Mensch. Er wirkte wie ein geprügelter Hund, als er seinen Bericht abgegeben hatte. Er hatte ohne weiteres sofort zugestanden, dass er die harschen Bedingungen der Pulether Fehde lockern würde und sie alle mehr persönliche Freiheiten bekommen sollten. Doch hätte sie härter mit ihm sein müssen? Hätte sie gar Ebenhain fordern müssen? Wenn nicht für sie, dann wenigstens für Adhumar oder Tsalina oder sogar Sigmann? Sie hatte ähnlich wie Lana reagiert und forderte Sicherheiten für Tsalina und Sigmann. Bedauerlicherweise zeigte Tsalina überhaupt kein Interesse an einer ritterlichen Ausbildung, was Hadrumir zwar gesagt hatte, sich für Haldora aber erst nach einem Gespräch mit ihrer Schwester offenbarte. Zum Glück stimmte Hadrumir zu, dass sie in die Obhut der Tsa-Kirche gehen konnte. Dort schien sie besser aufgehoben als auf der Pfalz Puleth. Sigmann wirkte in vielerlei Hinsicht ähnlich verträumt wie seine Zwillingsschwester, aber diese Träumereien schienen sich eher auf ritterliche Geschichten zu beziehen. Haldora war sich sicher, dass er bei dieser Jolea von Schwingenfels absolut falsch aufgehoben war. Er brauchte einen Ritterherren an seiner Seite, welcher ihm zumindest in Bezug auf diese ritterlichen Träumereien unterstützen würde.

Wie gerne hätte Haldora auch Adhumar bei dem Treffen an ihrer Seite gewusst? Doch sie war sich im Klaren, dass sie noch so gute Worte hätte aufbringen können. Er wäre niemals zu einem solchen Treffen erschienen. Doch gerade für den letzten Teil ihrer Forderungen hätte sie seine Hilfe gut gebrauchen können. Wer sollte denn sonst für Lechmunde eintreten? Wieder fiel ihr Blick auf die beiden Schwerter vor ihr. Sie würde hierüber allein entscheiden müssen.