Geschichten:Familienzuwachs – Düstere Vorahnungen
Perainsgarten, Ende Praios 1043
Tränen liefen übers Gesicht Felian von Perainsgartens, als er den "Herold" aus der Hand legte und einen grossen Schluck aus dem Humpen nahm. Tränen der Wut, aber auch der Sorge und des Mitgefühls. Zweifellos hatte es sich nicht exakt so abgespielt, doch die Schreiberlinge hatten ihre Arbeit mehr als erfüllt und ihre Worte über die ungeheuerlichen Geschehnisse des Turniers zu Luring derart gut gewählt, dass der hartgesottene Krieger ganz aufgewühlt war.
"Verrückte allesamt", schoss es durch den Kopf des Junkers, "und die Grösste von allen wahrscheinlich die Kaiser-Königin." Seit sie dem Adel die Ochsenbluter Urkunde hatte zugestehen müssen, hatte sie sich im Königreich rar gemacht und sich nur noch in Garetischen Landen öffentlich blicken lassen wenn es um kaiserliche Dinge wie den Feldzug gegen Haffax ging. Felian war zwar kein Gelehrter Herr, doch Herrschaft in einem Lehenssystem bedingte doch die Nähe des Herrschers zu den Beherrschten um diese Herrschaft auch durchzusetzen, oder etwa nicht? Vor allem nun wo der Kanzler familiär ebenfalls in die Sache verstrickt war, hielt es die Königin immer noch nicht nötig sich persönlich einer solchen Sache anzunehmen? Felian seufzte, wenn sie sich da mal nicht irrte. Er nahm einen weiteren tiefen Schluck.
Da klopfte es an der Tür seines Arbeitszimmers und eine seiner Bediensteten steckte mit einem verwirrten Gesichtsausdruck ihren Kopf durch die Tür: "Verzeihung euer Wohlgeboren, hier ist Besuch für euch." Einen Moment wunderte sich Felian, er erinnerte sich nicht jemanden erwartet zu haben. "Schickt ihn rein," beschied er der Magd mit einem Schulterzucken und während sich die schwere Tür hinter ihr schloss, entschied sich der Junker seinen Humpen gleich ganz zu leeren.
