Geschichten:Feuer & Flamme – Am Ochsenbluter Hof

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Schloss Kaltensporn, 28. Tsa 1045 BF

Das kleine Jagdschlösschen im koscheren Stil wirkte als wollte es als letztes dem Frühling trotzen. Denn Kaltensporn gehörte dem Grimmen Land und dessen Auserwählter Alara vom Eberstamm und so durfte es sich noch ein bisschen länger an den Winter klammern.

Denn das Schloss und ganz Ochsenblut hatte sich verändert, seitdem die Burggräfin einen eisigen Bund mit dem firunheiligen Kaltensporn und dem Land geschlossen hatte. Dementsprechend hatte diese – nur so offen wie sie dabei sein konnte – viele Hoffnungen in den Fuchsprinzen gesetzt und war nun bitter enttäuscht worden durch dessen Fall, die geplante Krönung eines anderen als Großfürsten und die faktische Auflösung des Zedernkabinetts. Gut, letzteres hatte die Eberstammerin zuletzt ohnehin kaum noch beehrt, aber die Belange des Landes nun nicht mehr in einem solchen Gremium vortragen zu können schmerzte sie. Ebenso mochte sie noch kaum erahnen wie der zukünftige Großfürst und sein neu berufener Hof zum Land standen.

Und die Burggräfin war das Land und das Land war die Burggräfin, der Firun heilige Kaltensporn der Vermittler. Und so herrschte nicht nur außerhalb der Residenz von Alara vom Eberstamm eine kühle, grimme und abwartende Stimmung, sondern auch an ihrem Hofe. Doch dieser Stimmung zum Trotz, gab es auch ein mehr derisches Leben am Hofe, das umtriebig und vor allem heiter war, dies war vor allem dem ebenso fröhlichen wie versierten Seneschall Voltan von Heiterfeld zu verdanken, der die administrativ-politischen und weltlichen Dinge Kaiserlich Ochsenbluts dirigierte. Doch wegen seinem Vater war Rahjadri – samt seinem Geliebten Ajax und seiner Base Selinde – nicht hierhin gereist, das würde später folgen, sie waren hier wegen seiner jugendlichen Verlobten.


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Selinde schlug den beiden Jünglingen vor, erst einmal die Lage zu sondieren, schließlich kannte keiner von ihnen Rahjadris Verlobte wirklich. Also hieß es, Informationen über die junge Perricumerin zu sammeln. Als erstes führte sie ihr Weg in die Küche.

„Hast du etwa Hunger?“, wollte Ajax etwas irritiert wissen.

„Nein, aber Mira ist Pagin und somit dürfte die Küchenmeisterin etwas über Mira wissen und vor allem uns auch erzählen, was andere womöglich nicht täten. Das fanden die beiden Jünglinge einleuchtend.

Die dralle Koscher Küchenmeisterin Herda Bodderbloom sollte die drei auch nicht enttäuschen. Als stolze Perricumerin beschrieb die Koscherin das Mädchen, kräftig, zäh und vor allem widerspenstig. Mit unwohlem Gefühl in der Magengegend blickten sich Rahjadri und Ajax an. „Vielleicht sollten wir jetzt doch was essen“; sprach Letzterer.

„Ich denke, wir sollten uns eher die Schwertübungen der Knappen ansehen“, erwiderte Selinde mit einem verschmitzten Lächeln.


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In schlichten Pelz verbrämten Übungsrüstungen und Wämsern wirkten die jungen Knappen und Knappinnen wie beim Versteckspiel auf dem eher unklassischen Übungsplatz. Offensichtlich ließ die Burggräfin Wert darauflegen, dass ihre Schützlinge nicht nur das klassische Waffenhandwerk, sondern auch das Verstecken und Ducken im Walde lernten. Einige der jungen Leute waren in ihrer geschickt gewählten Deckung kaum zu erkennen und die Übung glich eher einer Jagdszene als einer Kampfübung. Dennoch schienen die beiden übungsleitenden Ritter Rado von Treuenbrück und Sol von Isppernberg die Sache sehr genau zu beobachten und gaben immer wieder kurze korrigierende Anweisungen. Auch sie standen in dieser matschig-frostigen Übergangslandschaft in Pelzbehangenem Rüstzeug da und Ajax war froh ein bekanntes Gesicht in Sol zu sehen. Er kannte seinen Schwager zwar nicht so gut, aber immerhin gab ihm das ein kleines Gefühl von Sicherheit in der ganzen Angelegenheit hier. Außerdem erinnerte ihn das Treiben an seine freudige Pagenzeit in der Raulsmark.

„Interessant.“, ließ Ajax verlauten und wirkte dabei eher fragend als erleuchtet, als er sich dabei an Selinde und Rahjadri richtete.

Selinde beobachtete die Szenerie genau. Die beiden älteren Knappinnen, die aus dem Kosch stammende Stannitz und die für ihre Vorliebe für exotische Waffen bekannte Leuenbergerin waren bemerkenswert gut – im Sinne Rondras, wie auch im Sinne Firuns. Der Blick der Hesinde-Geweihte verfing sich bei Gallahart von Feuerfang. Seine Bewegungen waren etwas weicher, fließender, ja fast schon tänzelnd. Seine Sonnenblonden Locken umgarnten sein gutaussehendes Äußeres.

„Dieser Feuerfang“, begann Selinde, „der ist doch schon Edler und noch dazu eines recht wohlhabenden Lehens, richtig?“

„Ja, sehr wohl.“, stimmte Rahjadri ein.

„Ich glaube, wir haben den Richtigen gefunden.“

Ajax zog eine Augenbraue hoch. Der junge Gallahart war sein Cousin, den er aber kaum kannte, da seine Tante, die Schwester seines Vaters, lange mit Ajax‘ Mutter auf Kriegsfuß gestanden hatte und er deshalb kaum Kontakt zu dem Jungen gehabt hatte, obwohl sie nur wenige Meilen entfernt voneinander aufgewachsen waren und der selben Familie angehörten. Sein Cousin war groß geworden und schien nicht mehr der verunsicherte Junge von damals zu sein. Trotzdem stand Ajax auf dem Schlauch. „Wie meint ihr das?“, richtete er seine Frage an Selinde. „Meine Lieben, öffnet euren Geist und lasst die Weisheit der Allwissenden in euch“, begann die junge Hesinde-Geweihte mit einem verschmitzten Lächeln. „Wir müssen einfach dafür sorgen, dass sich Mira in den hübschen Gallahart verliebt, so dass dann der `Trennungsschmerz´ der gelösten Verlobung mit dir, liebster Rahjadri, nicht allzu groß ist. Die Perricumer sind doch weit leidenschaftlicher, was Liebesdinge und Eheschließungen angeht.“

„Wie sollen wir das anstellen?“, fragte Ajax immer noch unwissend.

„Als erstes müssen wir die beiden aufeinander aufmerksam machen.“

„Und wie?“, wollte nun auch Rahjadri wissen.

„Wir schreiben ihnen Rahjabriefe – voneinander, versteht sich.“