Geschichten:Frühlingssturm - Auf in den Kampf – Kriegsrat und Ausgangslage

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Es war am späten Nachmittag nach den Feierlichkeiten zu Ehren Rondras. Die Zwischenzeit mochte so mancher fromme Kämpfer noch genutzt haben, sich von der langen Nacht zu erholen, bis sich schließlich diejenigen, die dem Aufruf Aldrons folgen wollten im hohen Saal der Arveburg einfanden, benachrichtigt von eifrigen aber im Zweifel auch vorsichtigen Dienern des Burgherrn.

Dort hatte man die Tische, die die letzten Tage über mehrmals zu den gemeinsamen Mahlzeiten der hohen Gäste ein weites U gebildet hatten, nun zusammengerückt, um eine kleinere Tafel zu schaffen. Auf dem blanken Holz des Tisches war eine auf solides Leder gezeichnete Karte ausgerollt und an den Rändern mit Gewichten beschwert. Der Ortskundige konnte in den schwarzen Linien, Zacken und Symbolen leicht ein Bild der östlichen Trollzacken erkennen: Trollnase war bis etwa zum Tal der Kalke abgebildet, im Süden konnte man leicht die Küstenlinien des Golfes erkennen, im Norden war die Trollsgau eingezeichnet und der Baron zu Vellberg konnte den Großteil seines Lehens ebenso erkennen. In der Mitte lag der Arvepaß, der sich als schwarze Linie durch die Berge schlängelte, an seinem südlichem Ende lagen verschiedene Klötzchen auf den Symbolen der beiden Burgen. Parallel dazu lag ein weiteres, offensichtlich bewaldetes Tal weiter im Westen. Ein Schriftzug verriet den Namen als „Rockenwald“, der durchzogen wurde von einem Flüsschen. An dessen Oberlauf stand ein einziger, dunkler Klotz. Ein weiterer dieser Art war wenig nördlich der Arveburg gesetzt worden.

An der Längsseite des Tisches und somit an einem Platz, der der Karte mit am nächsten war, stand Aldron von Firunslicht und betrachtete die abstrahierte Szenerie, die sich auf der Karte manifestiert hatte durch seine Hand. Wie so oft schob sich auf seiner Stirn eine Steile Falte zusammen, dieses Mal als Zeichen der Nachdenklichkeit. Aldron liebte das sich zeichnende Bild nicht: Nur ein Drittel der ihm anvertrauten Baronie kontrollierte er wirklich. Im Rockenwald waren zudem die Siedler des Erlgrimman-Klans noch dazu selbstbewusst genug, seine Anweisungen in Frage zu stellen, wenn sie ihnen nicht einleuchteten. Immerhin hatte die alte Borchtrud aus Gunnishaag ihre Hilfe zugesichert bei seinen Plänen. Ihr Dorf grenzte mithin auch direkt an jenes Drittel der Baronie, dass im Norden von den Schergen der warunkischen Nekromanten gehalten wurde – oder zumindest von ehemaligen Leuten des verfluchten Drachen. Sowohl das ehemalig fürstliche Jagdgut Bergesruh im nördlichen Rockenwald als auch die kleineren Befestigungen am Passübergang nördlich Angareths waren seid vier Jahren in der Hand des Feindes. Dies zu ändern war das Ziel Aldrons, eine Aufgabe, mit der er zu ende bringen wollte, was er 33 Hal begonnen hatte. Die Barbaren, die noch immer das letzte Drittel von Markgräflich Arvepass unangefochten für sich hatten und auch im Rest des Lehens eine stete Bedrohung waren, mussten warten.

Aldron sah auf und musterte die Versammelten. Seine Offiziere und Vasallen hatten sich um den Landvogt gruppiert: Reto von Binsböckel, die junge Hauptfrau Malina von Niederriet, Inelde von Seehof aus seinem früheren Stab, Ortho Grützberg, der Artilleriehauptmann mit dem verbranntem Gesicht. An einem Kopfende hatte sich Baron Strutzz unter viel Ächzen auf dem Boden niedergelassen. Auch so überragte er die stehenden Menschen noch um einige Finger, wirkte aber wenigstens nicht mehr ganz so einschüchternd. Gegenüber konnte Aldron Baron Wallbrord ins Gesicht sehen. Der Vellberger hatte offenbar gewohnheitsmäßig eine ebenfalls gut ausgeprägte Affinität zu Karten.

Als er der Meinung war, dass nun alle anwesend waren, die ihren Willen zur Teilnahme an dem Unternehmen signalisiert hatten, räusperte sich der Burgherr Angareths einmal.

„Vor vier Jahren haben uns die Totenbeschwörer überrannt. Wir konnten mit Mühe und göttlichem Beistand die Burgen retten. Bis heute sind der eigentliche Paß und Teile des Rockenwaldes in Feindeshand. Ich habe die Absicht, das jetzt endlich zu ändern, das wohl.“ Mit dem Finger hatte er während der Ausführungen auf die entsprechenden Gebiete gezeigt. „Mir stehen zwei markgräfliche Banner zur Verfügung: Die Infanteristen unter Hauptfrau von Niederriet und die Bombardiere von Hauptmann Grützberg. Dank der Großzügigkeit ihrer kaiserlichen Majestät befinden sich auch noch einige garetische Armbruster auf der Burg. Von den Erlgrimman ist mit begrenzter Unterstützung zu rechnen und ich habe die Zusage des Markgrafen, dass parallel zu unseren Aktionen hier in der Gegend von Devensberg und Aschenfeld ebenfalls Angriffe stattfinden werden.“ Ein kurzes Nicken gen Welfert signalisierte seine Anerkennung dieses Entgegenkommens. „Selbst für den Fall, dass wir es mit noch direkt Warunk unterstehenden Einheiten zu tun haben, werden wir vermutlich kaum die ungeteilte Aufmerksamkeit der Totenschänder zu spüren bekommen. Das wohl.“

Schweigend und mit steinerner Mine, die nichts über seine Gedanken verriet, verfolgte Wallbrord die Ausführungen des Vogtes, den Blick dabei stets auf die Karte gerichtet. Als dieser geendet hatte, ergriff der einstige Marschall selbst das Wort, wobei er sein Augenmerk von der Karte ab- und stattdessen dem Gastgeber zuwandte.

"Ein guter Plan, wie mir scheint, Herr Aldron", begann der Baron, wobei in seinen Worten deutliche Anerkennung mitschwang. Aber auch wenn wir es sehr wahrscheinlich nicht mit den Linientruppen des Feindes zu tun bekommen werden, müssen wir unsererseits dennoch wohl die Masse unserer - leider nur allzu kleinen - Truppenkontingente in die Waagschale werfen. Dies ist gewiß nicht ohne Risiko, aber genau wie Ihr halte ich dieses für kalkulierbar und die Erfolgsaussichten daher für ausgesprochen gut. Soweit es mich und mein Lehen betrifft, werde ich Euch im Rahmen meiner Möglichkeiten jedwede Unterstützung gewähren und selbstverständlich auch persönlich gegen den Feind zu Felde ziehen." Mit einem knappen Nicken in Richtung des Angesprochenen beendete Wallbrord seine Rede und wandte sich wieder der Karte zu.

Wie viele der anderen Turnierteilnehmer, die der Ankündigung Aldrons gefolgt waren, hörte sich Dankward von Fuchsbach den Plan des Landvogts vom Arvepass, gegen eine der Mittelsäulen des Rittersaales gelehnt, an.

Schön und gut, ein hehres Ziel hatte ihr Gastgeber ja vor Augen. Allein, was würde für Dankward selbst herausspringen? Aldron war nicht sein Lehnsherr, der ihn zum Waffendienst hätte zwingen können. Beute war da oben im Gebirge kaum zu erwarten. Ämter hatte der Landvogt wohl kaum zu vergeben und sich wie ein gemeiner Söldner mit Silber bezahlen zu lassen kam für Dankward auch nicht infrage. Andererseits, Aldron war hoch angesehen, besaß Güter auch in der Traviamark und mit seiner Gastfreundschaft hatte er sich alle Anwesenden in gewisser Weise verpflichtet. Der Fuchsbacher ließ seinen Blick noch einmal über die Anwesenden schweifen, dann stand sein Entschluss fest. Als schließlich auch Wallbrord geendet hatte und sich zunächst niemand zu Wort meldete, räusperte sich Dankward kurz und trat einen Schritt vor: „Fürwahr, Euer Hochgeboren“, wandte sich der Ritter an seinen Gastgeber, „auch mir mag es scheinen, als habe Euer Ansinnen mit dem Wohlwollen der Zwölfe gute Aussicht auf Erfolg. Es ist ehrenwert, dass Ihr möglichst viele dafür zu gewinnen sucht und gerne stelle ich Euch meinen Schwertarm zur Verfügung, zumal nach der Gastfreundschaft, die Ihr uns allen hier bisher habt angedeihen lassen. Nachdem Ihr uns nun Eure Ziele offenbart habt, hätte ich gerne gewusst, wie Ihr konkret vorzugehen gedenkt. Wollt Ihr beide Plätze zur gleichen Zeit angreifen oder nacheinander?“



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Texte der Hauptreihe:
6. Ing 1030 BF zur abendlichen Hesindestunde
Auf in den Kampf – Kriegsrat und Ausgangslage
Nach der Weihe


Kapitel 78

Grundsätzliche Planung