Geschichten:Frühlingssturm - Zwei alte Bekannte

Seite an Seite ritten Aldron und der Binsböckel in die Bahn. Lehnsherr und Vasall wechselten noch einige Worte, bevor sie sich ans jeweilig zugewiesene Ende der Bahn begaben. „Nun, so wird es diesmal wohl ernst, Binsböckel. Jetzt gilt es und wir können zeigen, wie gut wir den anderen kennen gelernt haben in unseren Übungen.“ Tatsächlich hatten Reto und Aldron schon so manche Lanze gekreuzt hier oben am Arvepass und derweil den anderen weit zu respektieren gelernt: Der eine ein begeisterter und begabter Turnierreiter, der andere ein Veteran der schweren Kavallerie – und beides Kampfgefährten in den jüngsten Feldzügen ums Ochsenwasser. „Ja, es gilt. Macht euch gefasst darauf, dass ich euch nichts schenken werde, Hochgeboren!“ – „Ich will es nicht anders, Reto, bei Rondra!“ Zufrieden und selbstbewusst lächelnd nickte Aldron und schloss sein Visier. Reto tat es ihm gleich und beide nahmen ihre Plätze ein.

Das Zeichen ward gegeben. Der Anritt der beiden Veteranen war gewaltig. Beide Lanzen trafen, saßen gut – und glitten ab. An der gegenüberliegenden Seite angekommen gab Reto Zeichen, dass alles in Ordnung sei. Aldron ließ sich eine neue Lanze aushändigen, hob diese kurz zum Zeichen der Bereitschaft. Dann stürmten beide wieder aufeinander ein – und diesmal obsiegte der Jüngere von beiden, auch wenn der Binsböckel nur widerwillig aus dem Sattel rutschte.

Reto rappelte sich auf, öffnete das Visier und erwartete seinen Lehnsherrn. Der Sturz saß ihm etwas im Steiß, aber er ließ sich nichts anmerken. Anerkennend rief er Aldron zu: „Diesmal war es wieder an euch zu obsiegen. Ich glaube allmählich, ihr kennt meine Schwäche inzwischen zu gut.“ – „Ihr seid immer noch ein ernster Gegner, Reto, da gibt es kein vertun. Ihr ahndet jede Unachtsamkeit. Offensichtlich habe ich mir heute keine erlaubt ...“ Ernst nickte Aldron seinem Gefolgsmann zu, der nickte schmunzelnd. Der Firunslichter war ein verdammt guter Lanzenreiter, vermutlich gerade auf der Höhe zwischen Erfahrung und körperlichem vermögen. Er selbst baute allmählich schon wieder ab – so war es keine Schande, dem Jüngeren den Platz zu räumen.

Aldron indes hatte sich den hohen Zuschauern zugewandt und grüßte diese auf Kriegerart. Sein Blick und der seiner Gattin trafen sich und Leodane nickte zufrieden.

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Texte der Hauptreihe:

K1. Prolog: Von Planungen und Reaktionen

K2. Ein herbstlicher Besuch

K3. Ein kühner Plan

K4. Wieder auf der Arveburg

K5. Ein Streit auf Gut Westhang

K6. Bruder Abt und Schwester Praionna im Kloster Krähenwacht

K7. Kein Wort zu viel. Um keinen Preis.

K8. Am Urnenfeld

K9. Frühe Ankömmlinge - Einen Troll zu empfangen

K10. Löwenrudel