Geschichten:Freudenstein gleich nach der Schlacht - Teil 2

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Oberhainen...

Alissa ließ sich den Namen dieses Ortes förmlich auf der Zunge zergehen. Ole hatte ihrer Meinung nach eindeutig versagt. Wären ihre Waldläufer nicht gewesen, hätte es auf Freudenstein wahrlich düster ausgesehen.

Alissa verfluchte sich dafür, dass sie selbst nicht eingreifen konnte. Das lag einzig und allein daran, dass sie von diesem Bastart von Belcampo schwanger war und vom Leibarzt der Baronin verordnet bekam, an keinerlei Kampfhandlung mehr teilzunehmen und auch sonst jegliche Aufregung vermeiden sollte. So war sie dazu verdonnert, untätig auf der Burg herumzusitzen.

Alissa blickte gerade gedankenverloren aus dem Fenster, als sie ihre Tante fluchen hörte. Sauer war die Baronin und sie wollte tatsächlich das gesamte Dorf aburteilen lassen. Und woran lag das, dass das Dorf aufgewiegelt werden konnte? Alissa war sich ziemlich sicher: Ihre Tante zeigte in der Baronie einfach zu wenig Präsenz. Wie sollte sich auch ein Dorf verhalten, das von der eigenen Obrigkeit kaum beachtet wird?

Alissa grübelte nach. Irgendwie musste sie ihre Tante davon überzeugen, sich die Leute loyal zu machen und zu halten. Sie hatte dazu auch schon eine Idee, wie man das bewerkstelligen könnte, wollte ihrer Tante das jedoch erst in einer ruhigen Minute unterbreiten, da dies dann doch die ganze Aufmerksamkeit der Baronin forderte.

Tief in ihre eigenen Gedanken versunken schritt Alissa durch die Gänge der Burg Freudenstein und bemerkte nicht, dass sie wie zufällig den Weg zur Bibliothek einschlug, in der sie in den letzten Tagen immer wieder Zerstreuung suchte. Sie bemerkte auch nicht, dass sie, seit sie ihren Fensterplatz verlassen hatte, verfolgt wurde.

Immer noch grübelnd stand sie plötzlich vor der Tür der Bibliothek und wunderte sich über sich selbst, einfach ohne Grund diesen Weg eingeschlagen zu haben.

"Hmm, Hesinde meint wohl, ich könnte noch ein wenig mehr lernen...", kicherte Alissa in sich hinein.

Als sie sich umdrehte, um den Rückweg in ihr Zimmer anzutreten, erschrak sie heftig. Belcampo stand plötzlich vor ihr, versperrte ihr den Weg und hatte ein schiefes Lächeln auf den Lippen.

Sofort flackerte in Alissa die alte Wut über den Verrat und Betrug Belcampos auf. Reichte es noch nicht, dass sie sein Kind mit sich herumtrug? Sie war doch bereits genug gedemütigt und hatte genug gelitten! Ach, würde er doch nur auf der Stelle verschwinden.

Doch so sehr sich Alissa auch an ihren Wunsch klammerte, er wollte sich einfach nicht erfüllen. Daher funkelte sie ihn wütend an: "Was willst du?" Belcampo schluckte und antwortete dann: "Ich wollte nur sichergehen, dass euch nichts passiert, euer Hochgeboren."

"Achso, du meinst also, nur weil ich mit einem dicken Bauch herumlaufe, bin ich hilflos? Ich könnte mich sogar noch bei der Geburt mit einem Schwert erwehren! Also, was willst du?"

"Ich wollte doch nur in eurer Nähe sein. Schließlich werde ich bald Vater..."

In Alissa brodelte der Zorn und drohte, überzuschwappen. Sie spie ihm die Worte förmlich entgegen: "Und das wievielte Mal würde das sein? So, wie du dich hier mit den weiblichen Angestellten vergnügst, wird mein Kind da keinen Unterschied mehr machen. Dass du dir überhaupt anmaßt, du hättest einen Anteil an meinem Kind. Auf einen solchen Vater kann es da sehr gut verzichten! Und jetzt verschwinde aus meinen Augen. Ich will dich nie mehr sehen!"

Alissa stürmte an Belcampo vorbei und ließ ihn einfach stehen. Belcampo selbst konnte noch nicht so ganz begreifen, was gerade passiert war. Er wollte doch nur nett sein und seine Hilfe anbieten. Stattdessen sollte er Alissa nun aus dem Weg gehen. Er würde mit der Baronin reden müssen, damit Alissa wieder zur Vernunft käme. Gleich heute würde er ein Gespräch mit der Baronin vereinbaren.