Geschichten:GG&P-Con 2024 Das Turnier - Pech im Spiel

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Nachdem Tsaiane sich von dem Pfalzgrafen verabschiedet hatte, kam sie gut gelaunt zurück in den Saal des Gasthauses. Es waren immer noch zahlreiche Gäste versammelt, die den schönen Tag mit Wein, Weib und Gesang ausklingen lassen wollten, so wie es sich auch gehört. Überall wurde höflich (oder auch etwas derber) parliert, gelacht und gesungen, in einer Ecke hatten sich gar einige Paare zum Tanz eingefunden.

Nachdem sich die schöne Junkerin in ihrem Zimmer im oberen Flur etwas frisch gemacht hatte, stolzierte sie zu einem Tisch, wo sich ein paar alte Bekannte zu einer zünftigen Boltanrunde versammelt hatten. So erkannte sie den neu bestallten Landvogt Rondradan von Pfortenstein, der seit kurzem die Herrschaft über gräflich Rubreth innehatte – sozusagen Nimmgalfs westlicher Nachbar. Er hatte einen der seltenen Horasischen Cigarillos im Mundwinkel und war gerade dabei die Karten zu mischen. Neben ihm saß Baron Erlan von Zankenblatt, der Baron zu Syrrenholt, was nördlich von Hirschfurten lag. Obwohl er bald auf die 70 Sommer zugehen musste, machte er einen erstaunlich fidelen Eindruck auf sie. Einen Platz weiter saß Junker Jalgor Drost von Böckelburg. Sie kannte den einäugigen Mann sehr gut, diente er doch lange Jahre gemeinsam mit ihr im Reichsforster Grafenbann. Der Vierte im Bunde war ein jüngerer Ritter aus Waldstein, den Tsaiane noch nicht gut kannte. Sie hatte nur mitbekommen, dass er ebenso wie die anderen – mit Ausnahme von Baron Erlan – bereits in der ersten Runde ausgeschieden war.

Mit einem lockeren „Phex zum Gruße, die Herren!“ trat Tsaiane an den Tisch. „Hättet ihr für mich noch ein Plätzchen in Eurer Runde frei? Ich würde gerne mein Glück versuchen!“ Sofort rückten die Adeligen zusammen und begrüßten die Junkerin hocherfreut. Tsaiane stellte sich einen Stuhl in die Lücke und nahm in der Runde Platz.

Der junge Ritter stellte sich vor als Grimmwulf von Hellrutsberge aus dem schönen Falkenwind. Tsaiane stellte sich ebenfalls vor und lächelte ihn dabei freundlich an.

Rondradan erklärte kurz die Boltanregeln, gespielt wurde die Variante „Chorhoper Halten“, aber Tsaiane war damit durchaus vertraut. Anschließend gab der Landvogt die Karten. Die Spieler gaben ihre Starteinsätze in Form eines Hellers in die Tischmitte und das Spiel begann. „Das geht ja gut los“, dachte sich Tsaiane, die sich bei ihrer Kartenhand diesmal kaum Chancen ausrechnete. Aber mit etwas Glück würde daraus ne Straße… sie würde es mal versuchen. Als sie an der Reihe war erhöhte sie und zog zwei neue Karten. Vergebens.

„Schön, dass du bei uns bist, Tsaiane“, sprach Erlan sie beiläufig an. „Ja, wir hätten dich kaum so schnell zurückerwartet, als du mit deinem neuen Freund verschwunden bist“, grinste Jalgor und nippte an seinem Weinpokal. Tsaiane errötete leicht. „Mitnichten! Ich habe mit dem freundlichen Pfalzgrafen nur noch ein paar Worte an der frischen Luft gewechselt. Er ist ein großer Turnierfreund, und wird demnächst auch ein eigenes Turnier im Schlundgau veranstalten.“

„Ja, genau!“ lachte Rondradan, zog einmal kräftig an seinem Cigarillo und blies eine Qualmwolke in die Luft. „Es sah fast so aus, als hättet ihr noch was ganz andres vorgehabt!“

Tsaiane warf ihm einen finsteren Blick zu. „Also bitte, Rondradan. Man wird sich doch noch mal ein wenig angeregter unterhalten dürfen, ohne dass einem gleich sonstwas unterstellt wird?“ antwortete sie. Aber sie beruhigte sich schnell wieder und man wechselte rasch das Thema.

Der junge Ritter Grimmwulf grinste spitzbübisch. Er gefiel ihr. Sehr sogar. Sie musterte ihn eindringlich. Nachdem sie das Spiel verloren hatte, versuchte sie ihn während der folgenden Spiele beiläufig in ein Gespräch zu verwickeln, aber viel war aus ihm nicht herauszubekommen, da er immer nur sehr knapp antwortete. Auch als sie ihm eindeutige Avancen machte, schien er sie entweder nicht zu bemerken oder bewusst zu ignorieren. Und beides frustrierte sie ungemein. „Was ist los mit ihm? Gefalle ich ihm nicht? Bin ich ihm vielleicht zu alt?“ Diese Gedanken bohrten sich wie Dolche in ihr bröckelndes Selbstbewusstsein, und ließen sie zunehmend unleidlicher werden. Längst war ihre gute Laune verflogen. Sie hatte auch die letzten 5 Spiele in Folge verloren, weil sie sich kaum noch konzentrieren konnte. Sie wollte schon aufhören, da fiel ihr plötzlich auf, dass der junge Mann auch die Schankmägde völlig zu ignorieren schien. Das einzige mal, als er sich etwas Neues zu trinken bestellte, rief er dafür extra einen Burschen heran, dem er dann auch noch etwas verträumt hinterher sah. Da ging Tsaiane ein Licht auf. Wahrscheinlich könnte man ihm sogar die Geliebte der Göttin nackt vor die Nase halten, ohne dass er Interesse zeigte. Das war zwar in gewisser Weise sehr schade, aber andererseits war diese Erkenntnis auch sehr heilsam für ihr angeknackstes Ego. Schlagartig verbesserte sich ihre Laune wieder und die Konzentration kam zurück. Noch hatte sie ein paar Taler auf ihrem Haufen liegen, so dass sie beschloss, doch noch weiterzuspielen.

Plötzlich trat ein großer Mann an ihren Tisch heran. „Mit Verlaub, Felian von Perainsgarten, für die die mich noch nicht kennen. Dürfte ich mich zu Euch gesellen, werte Herrschaften?“

Zwischen Tsaiane und Felian funkt es heftig beim Boltan © Nimmgalf

Die Runde blickte auf. Interessiert blickte Perainsgarten in die Runde, in der einen Hand einen vollen Humpen Bier, die andere auf eine scheinbar ebenso volle Börse gelegt. "Falls in der Runde noch ein Platz frei ist, würde ich gerne mitspielen. Er wartete noch auf Antwort, da meldete sich Ritter Grimmwulf zu Wort: „Oh das passt mir ganz gut, ich wollte ohnehin gerade gehen! Die Dame, meine Herren, einen schönen Abend wünsche ich noch.“ Damit strich er seine verbliebenen Münzen ein und verabschiedete sich freundlich.

Nachdem der Waldsteiner Ritter abgezogen war, stellte Felian Humpen und Börse hin und setzte sich auf den nun freigewordenen Stuhl. Dies gab Tsaiane einen kurzen Moment um den Neuankömmling genauer zu betrachten. Auch wenn der Schlunder nicht mehr der Jüngste schien (Tsaiane schätze ihn etwa in ihrem Alter), lag in seinen Bewegungen immer noch etwas kraftvolles und die geschmeidige Beweglichkeit jahrzehntealter Kriegserfahrung.

„Willkommen bei den Reichsforstern, Euer Wohl… ach nein, Euer Hochgeboren, muss es ja nun heißen!“ begrüßte ihn Tsaiane lächelnd nachdem er Platz genommen hatte. Ich hörte schon davon, dass ihr nun das Amt des Landvogtes von gräflich Eslamsgrund inne habt. Mir scheint, da hat Graf Gerwulf einen fähigen Vasallen gewonnen, und Hirschfurten einen neuen Nachbarn.“

„Das ist richtig, Euer Wohlgeboren von Talbach. Ich bin sozusagen nun ein Neu-Eslamsgrunder. Ich hoffe, dass ich die mir gestellten Aufgaben und die damit verbundenen Erwartungen zur vollsten Zufriedenheit erfüllen kann.“

Auch die anderen gratulierten daraufhin. Ein solcher Aufstieg ist wahrlich nicht alltäglich - von Rondradans Aufstieg zum Landvogt zu Rubreth mal abgesehen.

„Und noch Glückwunsch zu Eurem Weiterkommen in der ersten Runde. Das kann von den Anwesenden nur der gute Erlan ebenfalls von sich behaupten. Nun haben wir also einen zweiten Gewinner am Tisch. Mal sehen, ob Ihr das beim Boltan auch fortsetzen könnt!“ neckte Tsaiane ihn ein wenig und zwinkerte ihm kokett zu. „Ach übrigens, Ihr dürft mich gerne Tsaiane nennen. Wohlgeboren von Talbach klingt so förmlich.“

„Sehr gerne, Tsaiane, dann bin ich für Euch Felian“, lächelte der große Mann.


Während Felian sich von Rondradan kurz die Regeln erklären lies und aus seiner Börse eine Handvoll Heller und Taler vor sich aufreihte, hatte die ihm gegenübersitzende Tsaiane genügend Zeit, den Junker zu betrachten, und was sie sah gefiel ihr. Der erst kürzlich berufene Landvogt zu gräflich Eslamsgrund war ihr kein Unbekannter. Sie hatten sich schon des Öfteren auf Turnieren gesehen, zuletzt noch auf dem Ball anlässlich Nimmgalfs 50. Tsatag. An dem Abend hatten sie auch getanzt, was ihr noch gut in Erinnerung geblieben war, da der Schlunder sich ihr gegenüber durchaus charmant verhalten hatte.

Beim Abschied hat sie noch einen kleinen Vorschlag für ihn © Nimmgalf

Eine gute Stunde später kristallisierte sich langsam heraus, wem Phex an diesem Abend hold war. Es hatte nicht lange gedauert, bis Tsaiane Felians Interesse geweckt hatte. Zunächst hatte er den Blick der Obristin mit einer Schüchternheit, die so gar nicht zu seiner Erscheinung passte, erwidert, worauf Tsaiane ihm auffordernd zugenickt hatte.

Mit einem Zwinkern hatte Felian den Samthandschuh aufgenommen und während sich beim Rest der Spielrunde Gewinn und Verlust in etwa die Waage hielten mit dem besten Ende für Erlan, ließen Tsaiane und Felian regelmäßig die ein oder andere gute Gelegenheit für ein gutes Blatt verstreichen. Mit Stirnrunzeln, hochgezogenen Augenbrauen, verzogenen Mündern und gelegentlichem Zuprosten für einen gewonnen Pott spielten die beiden ihr eigenes Spiel.

Tsaiane wurde es langsam heiß. Erneut lockerte sie die Schnüre ihrer Bluse, um sich ein wenig zu kühlen. Immer wieder trafen ihre Blicke die des Landvogtes, so dass es zwischen ihnen regelrecht knisterte. Hin und wieder berührten sich auch ihre Beine unter dem Tisch. Er war nicht nur sehr groß, sondern hatte auch Arme wie Baumstämme. Und dieses markante Kinn. Wie es sich wohl anfühlte, wenn…

Plötzlich ertappte sie sich dabei, dass sie ihre Unterlippe zwischen den Zähnen eingeklemmt hatte. Das war der Moment, in dem sie beschloss, diese Nacht nicht alleine zu verbringen.


„So, meine Herren, das war mein letztes Spiel für heute. Ich bin nämlich pleite!“ Damit stand sie auf und verabschiedete sich aus der Runde. Im Vorbeigehen legte sie Junker Felian noch die Hand auf die Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: „Oberer Flur, dritte Türe links. In einem Viertelstundenmass.“ Der Junker nickte lächelnd und verstand.

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Etwas später hatte sich auch Junker Felian aus der Boltanrunde verabschiedet. Kurz darauf drangen von oben gedämpfte, jedoch recht eindeutige Geräusche in den Schanksaal.

Die verbliebenen Spieler sahen sich kurz an. „Hört ihr das auch?“ fragte Jalgor die anderen.

„Das Gestöhne? Ja. Klingt nach Tsaiane!“ bestätigte Rondradan grinsend.

Erlan schreckte hoch: „Was, unsere Tsaiane? Vielleicht ist sie in Schwierigkeiten? Wir müssen ihr helfen!“ und wollte schon aufspringen, doch Rondradan ergriff ihn am Arm. „Nein, Erlan, ist schon in Ordnung. Sie genießt gerade Rahjas Freuden, da sollten wir sie nicht stören.“

„Aaaaach so!“ lachte Erlan und setzte sich wieder. „Nun, vielleicht ist ja was dran: Pech im Spiel - Glück in der Liebe! Aber das klappt auch andersherum: vier Königinnen, meine Herren. Also her mit den Talerchen!“ befand er mit einem Grinsen und legte triumphierend sein Blatt auf den Tisch.