Geschichten:Gerüchte um die Brautwerbung
Es herrschte ein dichtes Gedränge in den Unterkünften des markgräflichen Leibregiments "Orkentrutz" und nur mühsam schaffte ein einzelner Hauptmann etwas Ordnung in dem Tumult von Soldaten, Knechten und Handwerkern. Gerade rollte ein schweres Fuhrwerk beladen mit großen Baumstämmen herein, dessen Fuhrknecht sich in breitesten Koscher Dialekt mit Hilfe seiner Peitsche Platz verschaffte.
Die grauen Mauern der Festung im dunklen, fast schon schwarzen Granit des Finsterkammes wirkten an einem solche herrlichen Praioslauf noch bedrohlicher, dennoch konnte man allenorten zahlreiche, fleißige Zimmerleute und Steinmetze gleich Bienen die Schäden der letzten Wintermonde ausbessern sehen. Dachbalken und gesprungene Steine wurden da ausgewechselt, Schindeln neu gelegt und Drillseile der Bombarden neu montiert. Eine Lanze in den Farben des Leibregimentes marschierte gerade durch das Tor und das Knallen der genagelten Stiefel vermischte sich mit den dumpfen Hammerschlägen und schrillen Menschenstimmen.
Der Lärm drang durch das kleine Fenster im dem Arbeitszimmer des Heermeisters Reto von Schattenstein. Er rückte den Stuhl nach hinten, stand auf und ging langsamen Schrittes zum Fenster, um es zu schließen, als es plötzlich an der Tür klopfte.
"Herein" gab der Heermeister mit fester Stimme als Antwort auf das Klopfen und ging gemäßigten Schrittes zu seinem Schreibpult. Der Kopf des Hauptmannes Belnan von Krähenklamm lugte zur Tür herein und sprach
"Verzeiht, euer Exzellenz, wenn ich Euch störe. Aber es ist wirklich dringend." Er legte einen Stapel von Papieren auf das Pult und hielt noch einem Moment inne, ganz so als wollte er etwas fragen. Reto legte die Stirn in Falten, wie so oft in letzter Zeit.
"Was ist mit Euch, von Krähenklamm? Habt Ihr etwas auf dem Herzen?" fragte er mittlerweile neugierig.
"Naja, diese Papiere sind wirklich wichtig ... es fehlen dem Regiment einfach die finanziellen Mittel, um Eure Befehle ausreichend umzusetzen", brachte der noch junge Hauptmann mit dem wilden, schwarzen Haarschopf sichtlich beschämt hervor. Ein leiser Seufzer kam aus seinem Mund hervor und die Gesichtszüge entspannten sich, war der junge Soldat doch sein Last endlich losgeworden war.
"Es ist schon gut, Ihr könnt beruhigt gehen. Ich werde mich um das Problem kümmern. Vielleicht sollte ich unseren guten Hilgert wieder einmal aufsuchen...", entgegnete Reto mit einem sanften Lächeln.
"Ach, da gibt es noch eine Kleinigkeit...", begann von Krähenklamm etwas scheu "ich weiß nicht, ob Ihr schon von dem Gerücht gehört habt..."
"Was für ein Gerücht?" unterbrach Reto seinen Untergebenen interessiert.
"Nun, neuerdings bekamen wir ja aus dem Kosch Baumstämme für die Reparaturarbeiten an den Festungsanlagen hier in Greifenfurt. Einer der Fuhrknechte erzählte, daß Prinz Edelbrecht von Eberstamm um unsere Markgräfin werben wolle und sich..." begann Belnan zu erzählen.
"So, so. Hm", unterbrach ihn Reto erneut. "Belnan, schickt mir alsbald den Schreiberling herein! Ich muß noch etwas wichtiges erledigen. Habt dank für Euren Bericht. Geht jetzt zurück zu Euren Mannen." Der Heermeister stand auf und ging zum Fenster, öffnete es und schaute hinaus auf die Menschenmenge im Hof.
"Der Prinz will um Irmenella werben? Interessant!" murmelte er vor sich hin. Ein leichtes Lächeln umspielte seinen Mund. "Was wird da wohl unser guter Guneldian sagen, wenn er davon erfährt? Naja, überglücklich wird er wohl kaum sein. Erst recht nicht, falls die Markgräfin des Prinzen Ansinnen erwidern sollte... Vielleicht sollte ich den guten Edelbrecht einfach mal einladen, damit man über die Beziehenungen des Kosch zu der Mark sprechen könnte?" dachte der altgediente Krieger bei sich und befahl den Schreiber mehr beiläufig herein, der in just jenem Moment angeklopft hatte.
Er bedeutete ihm sich zu setzen und begann einen Brief zu diktieren "Schreibt folgendes...." Die restlichen Worte wurden vom Lärm im Hof überdeckt...