Geschichten:Grauen am Darpat - Katerstimmung
Dramatis Personae
- Marnion von Kelsenstein- Junker zu Kelsenburg
- Leomara von Isenbrunn, Ritterin zu Gnitzenkuhl
- Kor’win Beshir’a Danal han Bahr ai Danal - Großwildjäber aus Brendiltal - Alex K.
- Kain han Bahr ai Danal - Gehilfe Kor'wins – Alex K
- Unswin von Keilholtz ä.H., Edelknappe und Novize im Zornesorden
- Alexis Colon Darios, Praetor des Rondratempels zu Schwertwacht, Leutnant im Zornesorden
- Selinde von Löwenhaupt-Hauberach, Junkerin zu Allwinnen und Erb-Baronesse zu Vellberg
Kurz nach der Baronin fand sich auch Selinde beim Frühstück ein, begrüßte die bereits Anwesenden und nahm dann an der Tafel Platz, um ihr morgendliches Mahl einzunehmen. Sie hatte wider Erwarten sehr gut geschlafen und alles was ihr noch zu einem guten Start in den Tag fehlte, war ein ordentliches Frühstück. Die laufenden Gespräche verfolgte sie zunächst nur mit einem Ohr, lediglich als der Geweihte auf Bergthann zu sprechen kam, erwachte ihr Interesse und sie meldete sich nach dem Eintreten einer Gesprächspause zu Wort:
„Hochgeboren, was wird eigentlich aus den beiden Gefangenen? Eigentlich müßten sie ja nach Bergthann überführt und dort abgeurteilt werden, da sie ihre Verbrechen dort begangen haben. Oder aber Frau Efferdane ist nach entsprechender Anfrage damit einverstanden, daß den beiden Halunken hier Gerechtigkeit widerfährt. Das mag jetzt vielleicht nur als eine simple Formalie erscheinen, aber so wie ich die Herrin zu Bergthann kennengelernt habe, legt sie als Akoluthin des Götterfürsten auch auf solche Dingen großen Wert, weshalb wir diese Frage bald klären sollten.“
„Sicher Hochgeboren, diese Frage haben wir nicht aus den Augen verloren, aber danke, dass ihr noch einmal darauf hinweist.“ Geshla schien ehrlich erfreut über die Bemerkung der Baroness. Ernst setzte sie ihre weiteren Gedanken auseinander. „Mein Vogt hat bereits in der letzten Nacht einen Boten zur Baronin entsandt, in dem die Überstellung der Delinquenten bereits angekündigt wurde. Es passierte auf ihrem Land, man gab sich fälschlicher Weise als ihre Leute aus, wer sonst als sie sollte da Recht sprechen. Oder was meint ihr?“
Die Frage hatte sie sowohl an den Geweihten als auch Unswin gestellt. Unswin hatte derweil sein Frühstück beendet. Er fühlte sich so satt wie er nur sein konnte ohne sich zu überfressen. Der Tisch und die Speisekamer hätten sicherlich noch mehr hergegeben, aber in allem das rechte Maß zu halten was einer der ersten ritterlichen Leitsätze die sein Vater ihn gelehrt hatte. Der Novize schob den Teller beiseite und beugte sich vor um die beiden Frauen über den Tisch hinweg anzuschauen.
„Hier kann ich euch nur beipflichten Euer Hochgeboren. Was des Herrn Praios Recht ist muss des Herrn Praios Recht bleiben. Insofern ist die Überstellung der Straftäter an die Gerichtsbarkeit von Bergthann der rechte Schritt.“
Alexis nickte dem zustimmend. „Da es hierbei um keine Nebachoten handelt, die wir der hiesigen Kadi überstellen müssten, sehe ich auch nur ihre Hochgeboren von Bergthann als rechtens an.“
Die Türen zum Speisesaal öffneten sich erneut. Leomara von Isenbrunn war es, die in Begleitung ihres Knappen und eines fremden Mannes eingetreten war. Sie sah nicht so aus, als ob sie gerade aus ihrer Kammer gekommen wäre. Vielmehr als ob sie bereits einen Ritt hinter sich hätte. Der junge Bursche beeilte sich seiner Schwertmutter ihre Wünsche zu entlocken, und eilte sogleich wieder davon. Der andere Begleiter jedoch hielt sich dezent im Hintergrund des Geschehens. Er hatte eine lederne Mappe untergeklemmt, und in einem hübsch anzusehenden Holzkästchen konnte man Feder und Tusche vermuten.
„Die Götter zum Gruße.“ Leomaras Lächeln umfasste die gesamte Gruppe. „Hochgeboren“ Sie nickte Baronin Geshla zu „Wir müssen uns verpasst haben. War der Jäger Kor’win bei euch?“
Die ausgeruht wirkende Herrin Gnitzenkuhls schüttelte überrascht den Kopf. „Nein, sollte er?“ Leomaras Blick verdüsterte sich etwas. „Nicht unbedingt, wir waren nur auf der Burg verabredet, ich werde lieber einmal nach ihm sehen.“ Sie drehte sich dann doch noch einmal Selinde zu. „Mein Vater läßt euch den Schreiber schicken, damit ihr mit ihm den Bericht verfassen könnt.“
„Gut, erwiderte die Angesprochene, ich werde dann schauen, daß ich den Bericht innerhalb der nächsten Stunde fertig stelle.“
„Wenn ihr mich nun entschuldigt? Ich bin sicher gleich wieder hier“.
Sie warf einen Blick in Richtung des Geweihten und Unswin, bevor die Isenbrunnerin den Raum schnellen Schrittes verließ.
Alexis schaute der Ritterin nachdenklich nach. Was war nur nun wieder geschehen? Die Familie, das Gut und auch die Ritterin schienen ein Hort ständiger…. ‚Überraschungen‘ zu sein.
Unswin hatte den Wortwechsel zwischen der Baronin und der Ritterin aufmerksam verfolgt. Sein Blick lag auf Leomara seit sie den Raum betreten hatte und die Veränderung in ihrem Mienenspiel war ihm nicht verborgen geblieben. Irgendetwas schien ihr mit einem Mal Sorgen zu bereiten und es schien mit dem alten Jäger zusammenzuhängen. Aber was konnte das sein? Als sich ihre Augen trafen lag die Frage unausgesprochen in seinem Blick, doch meinte er ein leichtes Kopfschütteln erkannt zu haben bevor sich Leomara umwandte um zu gehen. Was war hier nur los?
Nur wenige Augenblicke später erschien Kain. An seiner Seite betrat auch der Knappe Leomaras mit einem Krug den Raum. Suchend schaute er sich nach der Ritterin um. Beschied dann aber einfach den Platz neben dem Rondra Geweihten für sie zu richten. Kain ging langsam und war darauf bedacht gewisse Bewegungen zu vermeiden. Mit einem matten Lächeln gesellte er sich an Selindes Seite. „Darf isch misch zu oisch gesellen?“
„Ihr dürft.“ antwortete die Baronesse grinsend. „Ihr könnt gerne mit mir gemeinsam noch eine Tasse dieses vorzüglichen Tees trinken, bevor ich euch meiner Gesellschaft wieder berauben muß. Auf Bitten Leomaras werde ich gleich zusammen mit einem Schreiber einen Bericht über die jüngsten Geschehnisse an die Baronin zu Bergthann verfassen. Danach können wir uns aber gerne weiter unterhalten."
„Ja, ja…“ Seufzte Kain und ließ sich übertrieben schwerfällig neben Selinde nieder.
„Dua ist man verlätzt und schon wird muan durch ainen Schraiberling är’setzt.“ Kain grinste bei dieser Bemerkung breit und schaufelte sich ordentlich Obst auf den Teller, bevor er sich etwas Milch in den Becher füllen ließ.
„Ich hoffä, Ihr habt gut genächtigt.“ Kain schaute sich mit einer hochgezogenen Augenbraue um, bemerkte aber, dass die anderen sie hören konnte und schluckte daher die Bemerkung ‚auch ohne mich‘ herunter.