Geschichten:Grauen am Darpat - Teil 1
Die Wasser des Golfes von Perricum waren in dieser Nacht zwar ruhig, doch verdeckten große schwere Wolken die Sicht auf das Madamal. Ein kleines Fischerboot lag ruhig vor der Küste Brendiltals auf dem Wasser, während die beiden Fischer gerade damit beschäftigt waren, ihre Netze erneut auszuwerfen. In der Ferne konnten sie das Licht des Leuchtturms von Burg Efferdblick, oder Ef'fen'dien Byen, wie es auf Nebachotisch hieß, sehen. Ein beruhigender Punkt am sonst orientierungslosen Horizont.
„Was meinst n`du? Kriegn` wir die Netze heut`früher voll als sonst?", fragte der eine der beiden Fischer mit einem Auge gen Alveran schielend. Wie fast alle Fischer hier war er barfuß, und seine schäbige Hose hing ihm nur knapp über seine Knie, während er über dem einfachen Hemd eine dicke Weste trug. Er war unrasiert, und das schlechte Licht konnte nicht vollends verdecken, dass er bereits mehr als 40 Götterläufe eines entbehrungsreichen Lebens hinter sich hatte.
„Zumindest sin` wir früher dran als die anderen", raunte der zweite Fischer zurück. „So wie es aussieht könnten Efferd und Phex mit uns sein." Der zweite Fischer war ähnlich gekleidet wie der erste Fischer, trug jedoch noch zusätzlich eine einfache Mütze auf dem verfilzten Haar und ein verdrecktes Tuch um den Hals.
Der erste Fischer musste ein heiseres Lachen unterdrücken, um damit nicht die Fische zu vertreiben. Einträchtig werkelten sie noch einige Zeit still neben sich her, als einer plötzlich innehielt.
„Was war `n das?", fragte der erste Fischer schließlich.
„Was meinst `n du?", erwiderte der andere verwundert, ohne aufzusehen.
„Na das, das Geräusch da eben."
„Ich hör nichts, und jetzt sei still, du vertreibst uns mit deinen dammichen Einbildungen noch alle Fische." Zögernd gab der erste Fischer nach und half weiter bei den Netzen, bis er erneut auffuhr. „Da ist doch was!"
„Hm?" Jetzt sah der zweite Fischer doch alarmiert auf, da ihm das Verhalten seines Kumpels ansteckte.
„Irgendetwas ist da doch?", fragte der erste wieder flüsternd. Atemlos starrten sie in die Dunkelheit - jedes Wellenbrechen und jedes Knarzen registrierend.
„Was denn?" Auch der zweite Fischer flüsterte jetzt und sah verwundert, wie der erste Fischer auf die Luft vor ihm deutete. Kleine, kristallene Wölkchen hatten sich bei seinem Ausatmen gebildet und beide merkten jetzt auch, wie ihnen immer kälter wurde. Verwundert blickten sie sich an und dann wieder auf die See. Ein ohrenbetäubender Schrei erscholl plötzlich, der so klang, als würden tausend Stimmen zu gleichen Zeit schreien, und sie zusammenfahren ließ.
„Was war'n jetzt das?", fragte nun der zweite Fischer ängstlich. Starr blickte er in die Richtung, aus der sie den Schrei vernommen hatten.
Mit einem Mal schob sich die Wolke vor dem Madamal zur Seite, so dass die See leidlich beleuchtet wurde. Starr vor Angst sahen die beiden Fischer, wie ein Wesen, so groß wie eine Kogge, sich durch die See auf sie zu schob. Das Wesen schien riesiger Fisch, Drache, Schlange und Krake zugleich zu sein. Unter ohrenbetäubendem Lärm kam es auf die beiden zu, die erst laut ihre Angst hinaus in die See schrieen und dann wild übereinander herfielen, nur um möglichst schnell wegzukommen. Der erste Fischer warf den zweiten sogar über Bord, riss an dem Seil, an dem die Netze befestigt waren, und griff immer wieder zu den Rudern. Als er aber merkte, dass er zu viel zitterte und die Netze nicht so schnell loswerden konnte, sprang auch er ins Wasser und schwamm, so schnell und gut es ging Richtung Küste. Er bemerkte dabei nicht einmal, wie er seine Blase entleerte, noch sah er sich um. Nur weg wollte er. Weg von seinem Freund, weg von seinem Boot, weg von dem Monstrum ...