Geschichten:Groß, stark, wie Perricum – Die Prüfungen (Teil I)
Mitte/Ende Efferd 1046 BF, Ochwienaue und der Raschtullswall
“Acht Prüfungen, gut, was ist deren Inhalt und wie lange habe ich Zeit mich darauf vorzubereiten?”
Leobrecht Prankhold lachte auf: “Das wirst du selbst ergründen müssen und gar keine Zeit. Wir beginnen jetzt.”
Noch ehe Perrica ihre Verwunderung kundtun konnte, verneigte sich der “Riese” vor dem Schwert auf dem Felsen, wie vor einem Freund, nahm es dann an sich und trieb die Klinge tief in den Spalt zwischen den beiden Felsblöcken. Ein tiefes Grollen und Poltern ging durch den Raum, die Türen hinter ihnen schlugen zu und Perrica wurde mulmig, beinahe schlecht, denn plötzlich hatte eine unbändige Kraft den Raum erfüllt, die Kraft alter Magie. Perrica bekam einen leichten Stups und plötzlich war der Raum verschwunden oder verschwommen oder langgezogen? Perrica verstand es nicht. Jedenfalls vermischte er sich mit anderen Farben und Schemen, die gleichzeitig in Zeitlupe und im Zeitraffer abliefern, es war absurd und der Verstand der Landrichterin begriff nicht was sie da sah, bewegte sich der Raum oder bewegten sie sich? Nur einem hellen Glanz irgendwo in der nachthimmelartigen Ferne folgend. Als plötzlich in der Ferne - oder war es ganz nah - ein scharfer, großer und massiver Umriss ihren Weg kreuzte. “Keine Sorge, das ist nur Grumbatsch.”, grollte Prankhold belustigt. “Vmtl geht er Fischen. Aber lasst Euch nicht zu oft hier blicken, da verstehen sie keinen Spaß.” Perricas Gesicht musste Bände gesprochen haben, denn der große Ritter lachte erneut sein tiefes Lachen. Nur kurz vernahmen sie beide ein Unwohlsein, als unter ihnen der vage Umriss eines Schlunds an ihnen vorbeizog. Nicht lang darauf - oder waren es Stunden - standen sie plötzlich in einer windigen und schroffen Fels- und Schneelandschaft. Es fröstelte Perrica sofort und die Luft war dünn hier. “Wo sind wir und wie sind wir hier hergekommen?”, fragte sie, obwohl sie zweiteres schon ahnte. “Warum fragt Ihr mich das? Ich bin Euch nur nachgegangen. Ihr habt uns hierher geführt.” Perrica blinzelte durch den umher wirbelnden Schnee, es hatte diesen eigentümlichen Geruch des Winters. “Ich? Wie viel Zeit ist vergangen?” - “Sagt Ihr es mir, Landrichterin.” - “Kaum.”, flüsterte sie in den Sturm hinein, der es zu Prankhold trug, der lächelte. “Was machen wir hier?” hätte sie beinahe gefragt, doch diesmal hielt sie sich zurück, stattdessen versuchte sie durch das Getöse zu schauen, sie wusste nicht woran sie sich orientieren sollte, sie sah nur Schnee, Fels und einige verschwommene, zugeschneite Bergspitzen. Wie hoch waren sie hier wohl? Sie hatte keinerlei Ahnung wo sie waren, hatte keine Karte, keine faktischen Anhaltspunkte. Intuitiv sah sie nach Oben in den weißen Schleier und das dahinterliegende Grau, erneut sah sie den Glanz, der mit dem Schneegestöber spielte, hörte den Wind und das Widerhallen. “Da lang.” Prankhold nickte.
Perrica atmete schwer, manchmal wurde ihr schwindelig durch die Höhenluft. Sie wusste nicht mehr wie viel Zeit mittlerweile vergangen war, als sie im Schneegestöber eine Höhle zu erblicken schienen. Auch wusste sie nicht, ob ihr jemals so kalt gewesen war, dennoch war sie stoisch voran gegangen, sie glaubte nicht, dass der Ritter hinter ihr ihr Jammern verstanden oder geduldet hätte, also ließ sie es.
Als sie vor der Höhle ankamen, drehte sie sich zu Prankhold um, der wirkte beinahe wie auf einem leichten Sommerspaziergang. Zwar hing ihm überall Schnee und Eis im langen Bart, doch er wirkte nicht als würde ihm all dies all zu sehr zusetzen. Oder er konnte dies gut verstecken. “Sie ist verschlossen. Ein großer Fels versperrt den Eingang.” Enttäuschung machte sich breit. “Das stimmt.”, antwortete der Ritter schlicht. Perrica schallte sich zum xten Mal eine Närrin, hier im Schatten des Höhleneingangs tobte das Gestöber nicht so sehr und sie setzte sich auf einen Fels und begann den großen Brocken vor sich zu analysieren, wie sie es immer tat, Probleme wurden betrachtet, analysiert und Lösungen dafür gefunden. Der Buamhafte legte sich Ogerstark über die Schulter und atmete tief die eisige Luft ein, als wäre es ein frischer Frühlingsduft. Perrica starrte auf das dunkelgraue Gestein, die Kälte um sie herum beinahe vergessend. Sie betrachtete die Unebenheiten, wie der Schnee darauf fiel und liegen blieb, die dunkelgraue Farbe, die sich an einigen Stellen in ein rotbraun gefärbt hatte…moment, sie trat näher. Waren das Handabdrücke? Wie am Rothandfelsen, in verschiedenen Größen, sammelten sie sich allerdings und verdichteten sich zu einem großen Fleck, an einer bestimmten Stelle. Sie sah auf ihre Handfläche, dann zu dem Träger und seinem Schwert. “Ernsthaft?”, fragte sie etwas genervt. Der angesprochene zuckte mit den Schultern: “Das sind Eure Prüfungen, mir war so ein Wegweiser nie vergönnt, ich musste alles mit der Zeit lernen.” Perrica stutzte, natürlich, bei ihren Nachforschungen hatte sie erfahren, dass der Ritter damals das Schwert aus dem Tempelschatz der Löwenburg gefordert und erhalten hatte. “Dann danke ich Euch, dass ihr mich begleitet.” Sie kniff die Augen zusammen und streifte mit dem Zeigefinger über die Klinge Bahrgargants - es war so scharf und schnitt trotz des wenigen Drucks tief in ihre Fingerkuppe. Es brannte, ihr blut war warm, ließ sie aber plötzlich gewahr werden, dass sie gar nicht mehr so fröstelte, vllt, weil mittlerweile alles an ihr gefroren war. Mit dem blutigen Finger ging sie hinüber zur Felsbrocken und drückte ihn auf den Fels. Nichts tat sich. “Wir hätten einfach den Nebeneingang nehmen sollen, oder?”, sagte sie und ließ den Kopf hängen. - “Vielleicht, nur ist die Frage, ob ohne Euer Opfer Euch diese Erkenntnis gekommen wäre.”, Prankhold lachte erneut, sein eisbehangener Bart klimperte leicht dabei. Er wirkte von Mal zu Mal gelöster, dachte sich Perrica.
Also umrundeten sie den Eingang und fanden einen Spalt vor, durch den sich zuerst Perrica quetschte, da der Große nicht die Anstalten machte vorzugehen. Dahinter öffnete sich eine riesige Höhle, die wohlig warm, aber dunkel war. Vorsichtig tastete sich Perrica voran, es roch nach Ruß, altem Ruß. “Ich sehe nichts.” - “Mh…”, kommentierte die dunkle Stimme hinter ihr. Dann stieß sie gegen etwas, etwas über Hüfthöhe, sie fühlte den Konturen, schnitt sich fast erneut. “Obsidian und Flintstein.”, sagte sie ganz selbstverständlich, als hätte sie eine Ahnung von diesen Dingen. Genauso selbstverständlich sagte sie: “Schlagt hier drauf.” Der Ritter brummte zufrieden und tat wie ihm geheissen. Funken blitzten auf, kurz konnte Perrica eine wahre Wunderwelt erblicken. Dann war es wieder dunkel und dann wieder hell, bis nach sechs Schlägen, entfacht durch die Funken, auf einmal ein Feuer entfachte, in mitten einer massiven steinern-kristallinen Schale. Dessen Licht erhellte sie Höhle binnen kurzer Zeit fast vollständig. Sie war grob und doch kunstvoll mit rauhen Reliefs und felsenartigen Säulen bestückt. Die Reliefs schienen sich zu bewegen, langsam, wie als hätten sie eine Ewigkeit dafür Zeit. Oder waren es nur die zuckenden Schatten, bespielt durch das flackernde Feuer? “Was ist das? Wann kommen wir zu meinen Prüfungen?” - “Ihr seid schon mittendrin.”, grollte der Baumhafte.
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