Geschichten:Hagens Sieben Sünden

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Niedergeschrieben am 3. Tag des Ingerimms

im 29. Jahr nach der Inthronisation Kaiser Hals

auf der Feste Dragenfels in der Grafschaft Schlund
 
 
 
 
Eure Excellenz Staatsrat Praiodan von Luring,

ich schreibe Euch unterwürfigst diesen Brief, um Euch Vergehen zu beichten, über denen, so hoffte ich, der heilige Boron den schwarzen Mantel des Vergessens legen würde. Ich zähle nun unheilige sieben Vergehen gegen die Ordnung und bitte Euch deshalb, mir eine Buße aufzuerlegen von zwölf den Göttern gefällige, davon je einem jedem Gott eine. Ihr fragt Euch sicher, warum ich mich gerade Euch stelle, dies geschieht, weil Ihr einerseits dem allerheiligsten Herrn Praios, aber andererseits auch dem Staat dient, gegen die ich mich beide versündigt habe. Nun will ich Euch aber meine Vergehen schildern auf daß Ihr Euer Urteil fällen mögt:

Die erste Sünde - Wollust: War es Rahja oder ihre zwölfmal verfluchte Gegenspielerin, die mich in die arme der Dämonenbuhle Tizina von Fasar führte? Es läßt sich nicht mehr leugnen: Der junge Junker vom Dragenfels und seine von der Inquisition gesuchte Schwester Amehna sind nicht nur die Brut der Hexe, sondern auch die meinige.

Die zweite Sünde - Dummheit: Warum habe ich meinen Bruder in das Feindesland geführt? So bat ich kurz nach der Invasion in Tobrien den Großmeister meinen Bruder Tristan zu einem Ritter Golgaris zu ernennen, auf das er im Feindesland an meiner Seite, bei den Equites Golgari Ala Tobriae, reiten würde. Und nun ist er verschleppt, und trotz meiner Gebete will der Herr Boron ihm nicht den Tod schenken. Nur manch einmal erscheint mir seine geschundene Gestalt in meinen Träumen.

Die dritte Sünde - Hochmut: Warum ließ ich nicht umkehren, als wir die Überreste unserer Brüder in der Grafschaft Mendena bargen und in Borons heiligen Namen verbrannten? Aber in meinen Stolz, meine erste Schwinge im ersten Einsatz sogleich zum Erfolg zu führen, entschloß ich, das wir den Segen auch über die Toten in Mendena sprachen. Und nun ist die Schwinge zerschlagen, ich bin der einzige der zurückkehrte.

Die vierte Sünde - Trägheit: Warum blieb ich auf dem Dragenfels, an statt meinen Bruder oder die Hexe zu suchen. Den einen um ihn zu befreien, die andere um sie zu stellen. Aber Feigheit und Trägheit ließen mich ein Nest auf dem Dragenfels bauen, und die Macht über das Edelgut befriedigte meinen Hochmut.

Die fünfte Sünde - Feigheit: Welche Angst trieb mich dazu am Abend der großen dritten Dämonenschlacht auf der Burg Mersingen zu weilen und die Tore zu bewachen? Das ist eine Tat, die zwar einem Ritter Golgaris gebührt, nicht jedoch einem Schwingenführer. Aber aus Feigheit, noch einmal eine Schwinge an den Bethanier zu verlieren, versteckte ich mich hinter den Mauern der Burg.

Die sechste Sünde - Gier: Warum hoffte ich, der heilige Herr Boron würde den Junker am Sichelstieg zu sich holen? Ich wollte meinen Stuhl am Dragenfels nicht räumen. Auch hoffte ich, das der Großmeister seine Beziehungen einsetzen würde, auf daß der Dragenfels ohne Erben den Rittern Golgaris als Behausung dienen würde.

Die siebte Sünde - Neid: Welcher Haß trieb mich dazu, einen Plan auszuhecken, wie ich den Junker und seine junge Versprochene nach ihrer Hochzeit aus dem Weg räumen könne, ein Traviabund, den ich nur vereinbarte um meine Sünden zu decken. So plante ich, die beiden auf einem Jagdausritt in die Hänge des Walls unter einem Steinschlag zu begraben, denn so lange ich kein Glück haben sollte, so auch nicht mein Sohn.

Also bitte ich Euch Excellenz, prüft meine Vergehen und erlegt mir eine Strafe nach Eurem Ermessen auf. Wenn Ihr es wünscht, so werde ich zur Prüfung zur Stadt des Lichtes reiten.

Und eine weitere Bitte habe ich noch an Euch: Laßt mein schlechtes Licht nicht auf das junge Haus von Dragenfels fallen, denn der Junker ist der Königin und der Reichsregentin aufs treueste ergeben. Er soll nicht noch mehr unter mir leiden.
 
 
 
 
In tiefster Demut,

Ritter Golgaris Hagen von Despiona,

Burgvogt auf der Feste Dragenfels