Geschichten:Hartsteener Kassen - Hartsteener Hehler
nördlich von Kaiserhain an der Grenze zur Wildermark, Ende Tsa 1034 BF
Der Mann, der sein Gewand mit einem Mantel aus waldgrünem Stoff, der in der Dunkelheit fast schwarz wirkte, gegen die spätnächtliche Kühle verhüllt hatte, knirschte so laut mit den Zähnen, das man meinen könnte ein ganzes Mühlwerk beim mahlen zu hören. Und er schämte sich zutiefst. Er schämte sich bis ins Mark seiner adeligen Knochen und konnte den missbilligenden Blick des Geistes seines Vaters geradezu im Nacken spüren. Doch half es nichts. Er redete sich erneut ein er tue es nicht nur zu seinem eigenen Besten, sondern auch dem der Bewohner des hiesigen Landstriches.
Die Steuer des Verwesers der Grafschaft war einfach zu hoch, um sie auf einfachem Wege zu erhalten. Die Kutsche der Familie war bereits verkauft, ebenso wie ein Gutteil des Tafelsilbers. Allein dafür, dazu gezwungen gewesen zu sein, hasste er den Oberst Alrik vom Blautann und vom Berg. Aber noch mehr dafür, dass er die Drohung gegenüber seiner Mutter hatte wahr werden lassen und ihren geliebten Zelter hatte verkaufen müssen. Seitdem redete sie kein Wort mehr mit ihm. Und dennoch hatte die Summe nicht ausgereicht, selbst wenn man die geschönten Berechnungen seines Vogtes Retobrecht zu Grunde legte fehlte ihm immer noch ein Gutteil Goldes. Also hatte er sich zu dieser Unternehmung verleiten lassen.
"Hochg..äh Herr? Sie kommen.", meldete eine Stimme von rechts von ihm aus einem Gebüsch. Er nickte nur und gab das Zeichen. Seine Leute wussten worum es ging, doch vertraute er ihnen, da auch ihr Sold davon abhing, ob es ihm gelingen mochte die Steuer zu zahlen oder nicht.
Gedämpfte Geräusche wurden laut, das dumpfe Getrappel von Zugpferden, deren Hufe mit Stoff umwickelt waren, und die nur leise reibenden Achsen von Wagen, die mit kundiger Hand geschmiert waren um jedes unnütze Geräusch zu vermeiden. Eine Person löste sich von dem Wagenzug und näherte sich ihnen. "Zum Gru...he, ihr seid nicht der Vogeler!", sagte die Person erst leise und dann mit einem Ausruf der Überraschung und schien zu einer Waffe greifen zu wollen.
Doch der grünbemantelte Mann winkte ab. "Nein, der bin ich nicht. Er und Kallerberg sind verhindert. Doch ich habe die Ware, die ihr bei ihm...in Auftrag gegeben habt."
"So? Na soll mir egal sein....", schien der Angesprochene sich zu beruhigen, und ließ sein Auge über die aufgestapelten Ballen und Kisten schweifen, die von ihrer Verhüllung durch Decken und Strauchwerk befreit wurden. "Ah, da sind sie ja. Sehr schön. Hähä, schade dass ihr die Kaufleute alle umgebracht habt. Die hätten wir euch auch noch abgenommen.", murmelte der Hehler und begann die waren zu untersuchen.
Grünmantel knirschte erneut mit den Zähnen, aber vermied es darauf hinzuweisen, dass er es nicht war, der die Kaufleute umgebracht hatte, sondern lediglich Kallerberg hinterher seine Raubbeute wieder abgenommen hatte. Doch anstatt sie ihren rechtmäßigen Erben zu übergeben stand er nun hier und handelte mit Schmugglern und üblen Gelichter. Natürlich hatte er auch versucht die Ware andernorten loszuschlagen, doch der gebotene Preis war einfach zu gering. Nur in der Wildermark konnte er derzeit für die in den Ballen und Kisten gelagerten Waffen und Rüstungen einen halbwegs angemessenen Preis bekommen. Gleiches galt für das geschmuggelte Rauschkraut. Eigentlich hätte letzteres verbrannt werden sollen und genau das hatte er der Junkerin von Sommerau auch erklärt habe er getan. Noch mehr für das er sich ewig schämen würde.
Der Hehler hatte seine Begutachtung abgeschlossen und nickte zufrieden. "Gut, da ist euer Lohn." Zwei seiner Fuhrknechte schleppten eine Kiste herbei, aus der er mehrere klimpernde Säcke entnahm und sie vor sich abstellte.
"Das sollte rei..."
"Das reicht nicht."
"Was? Aber das sind..."
"Das reicht nicht."
Erst jetzt schien der Hehler zu bemerken, dass mittlerweile zwei Dutzend Mann ihn und seine Wagen umstanden. Sichtlich nervös fing er an zu stottern.
"A-aber das ist es was wir ausgemacht..."
"Mit MIR habt ihr gar nichts ausgemacht. Wenn ich frei entscheiden könnte würde ich euch hier und jetzt umbringen und euer Gold einfach so an mich nehmen. Aber das wäre kein ehrlicher Phexenshandel und würde zu lästigen Fragen führen. Ihr lasst mir eure gesamte Kiste hier und dafür bekommt ihr die Waren und euer Leben. Ich denke das ist eine faire Abmachung. Anschließend verschwindet ihr und kommt nie wieder über die Grenze. Habt ihr mich verstanden? Und bringt mich nicht dazu zu bereuen euch am Leben zu lassen, sondern dankt dem göttlichen Fuchs, dass ich ihm soviel Respekt entgegenbringe."
Mit einem Fluch auf den Lippen überließ der Hehler die ganze Kiste und ihren Inhalt dem Grünbemantelten und seinen Leuten, während seine Knechte eilig die Beute aus vielen Raubzügen des Kallerberger Raubritters aufluden und machten dass sie fort kamen. Ein Viertelstundenglas später war der Ort wieder einsam und verlassen.
Dass sie beobachtet worden waren hatte aber keiner von ihnen bemerkt.
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