Geschichten:Heerzug wider die Finsternis - Teil 29
Dramatis personae:
- Nimmgalf von Hirschfurten, Heerführer
- Simiona di Silastide-Marvinko, Geweihte des Namenlosen im 4. Grad
- Bartholomäus Sinistron, Schwarzmagier, Limbusforscher und Dämonologe
- Tsaiane von Talbach, Kommandantin der Reiterei der Reichsforster Liga
- Thara von Bodiak, Edle zu Aschenfeld und Rittsmeisterin der Reichsforster Liga
- Praiadne von Greif, Magierin und Leutnant der Pfeile des Lichtes
- Serafin Feuerblitz, Wächter und Magus des Zornesordens
- Jandor, Sohn des Algor, zwergischer Geschützbaumeister
Burg Leihenbutt in der Nacht zum 14. Rondra 1032 BF, kurz vor Morgengrauen
Die beiden anderen Gruppen waren schon aufgebrochen, um die ihnen gestellten Aufgaben zu erledigen. Nimmgalf betete still, dass sie erfolgreich wären, denn was er von ihnen verlangt hatte würde schwer genug werden. Aber noch schwieriger würde seine eigene Aufgabe werden – die unmittelbare Konfrontation mit Simiona.
Gerade kam Frau Praiadne von Greif die Kellertreppe herunter. „Konntet Ihr etwas feststellen, was auf ihren Aufenthaltsort hindeuten könnte?“ fragte der Baron. „In der Tat!“ antwortete die Maga. In den Hauptgebäuden der Burg scheint alles ruhig zu sein, in den oberen Geschossen des Bergfriedes allerdings habe ich eine beunruhigend starke magische Präsenz feststellen können, die sogar durch die kleinen Schießscharten hindurch strahlte.“ „Das ist unser Ziel. Wenn Ihr bereit seid, können wir los!“ entschied Nimmgalf.
Obschon der Baron nun schon seit über vier Götterläufen keinen Fuß mehr hierher versetzt hatte, kannte er sich immer noch hervorragend auf dem Burggelände aus, und so war es ihm mit Leichtigkeit gelungen, den kleinen Trupp unbemerkt bis zum Eingang des Bergfrieds zu führen. Die Tür war nicht verschlossen, der schwere Riegelbalken lehnte achtlos daneben. Offenbar rechnete Simiona nicht mit unerwünschten Eindringlingen – eine Tatsache, die sie unbedingt zu ihrem Vorteil ausnutzen mussten.
Mit aller gebotenen Vorsicht drangen sie in den Bergfried ein. Die unteren Geschosse wurden teils als Lagerräume für Kriegsmaterialien genutzt oder auch als Vorratsläger für haltbare Lebensmittel, nichts was beachtenswert gewesen wäre. Schon auf den Stiegen zur dritten Etage hörten sie Stimmen.
„Psscht!“ warnte Nimmgalf die Nachfolgenden, und bedeutete ihnen ihm leise zu folgen.
Sie kamen in einen Raum, der zu einer astrologischen Forschungsstätte umfunktioniert worden war. Dort stand ein großes Astrolabium, Karten von Sternbildern zierten die Wände, Schränke und Regale mit Büchern über Sternkunde, Magiekunde und andere Wissenschaften standen an den Wänden. Alchimistische Gerätschaften waren auf Tischen angeordnet. Einige Apparaturen waren derartig komplex, dass Nimmgalf die Bedeutung nicht verstand. Die Mienen der beiden Magier verfinsterten sich allerdings, als sie die Anordnungen der Geräte und die Hieroglyphen an den Wänden überflogen und ahnten, was Simiona und ihr Magier hier vorhatten.
Und da waren sie: Simiona und Bartholomäus, beide vertieft in eine Diskussion. „Isch bin deine ständigen Ausreden leid, Bartolomäus. Was isch von dir verlange ist nischts weiter, als mir den Aufent’altsort von Ni…“
In diesem Moment glühte Bartholomäus Kristallkugel rot auf – ein warnendes Leuchten. „Bei den Niederhöllen!“ rief er, und beide drehten sich ruckartig zum Treppenaufgang um.
Nimmgalf zückte sein Schwert und stürmte vor. Die anderen folgten ihm.
„SIMIONA! Es ist aus mir dir und deinem Treiben! Stell dich mir!“ Simiona fluchte und sprang hinter einem Tisch in Deckung, den sie mit einem beherzten Tritt einfach umstieß. Bartholomäus hob seinen Stab, doch Magister Magnus Feuerblitz war schneller.
„FULMINICTUS DONNERKEIL!“ rief er und deutete mit der Linken Faust auf dem Magier. Bartholomäus wurde getroffen und nach hinten geschleudert, dass er hart gegen ein Bücherregal schlug, das ins Wanken kam. Einige Exemplare purzelten heraus. Eines landete auf einem Alchimiebord, wodurch ein paar Fläschchen zu Bruch gingen, was beißenden Qualm zur Folge hatte.
Nimmgalf und Tsaiane versuchten zu Simiona vorzudringen, doch in dem allgemeinen Chaos war das leichter gesagt als getan.
Praiadne von Greif ahnte, dass der Magus zwar getroffen, aber noch nicht besiegt war. Sie lief um den Tisch um sich in eine gute Position zu bringen. „Gebt auf! Ansonsten seid Ihr des Todes!“ rief sie laut. Bartholomäus kam wieder zu sich. Mit einem kurzen Gedankenbefehl lies er seinen Stab in seine Hand zurückkehren. Als Praiadne das sah handelte sie. „IGNIFAXIUS FLAMMENSTAHL!“ rief sie laut und konzentrierte ihre geballte magische Energie in der Rechten, die sie zur linken Schulter führte. „Nein, wartet!“ rief Magister Feuerblitz noch, doch zu spät. Ein Feuerstrahl aus Praiadnes ausgestrecktem Zeige und Mittelfinger zischte dem Schwarzmagier entgegen. „INVERCANO!“ rief dieser einen hochkomplexen Cantus auf. Im nächsten Moment wurde der Feuerstrahl durch Bartholomäus Handfläche gespiegelt und auf Praiadne zurückgeworfen. Der Strahl traf die Magierin und setzte sie schlagartig in Flammen. Schreiend wand sie sich am Boden. „AEOLITUS!“ rief Magister Serafin und blies die Flammen aus.
Von den Ereignissen kurz abgelenkt konnte Nimmgalf nicht vermeiden, dass Simiona die Treppe zum obersten Stockwerk hinauflief. „Tsaiane, Thara, schnell hinterher!“ Ein Zwerg, der gerade angelockt von dem Lärm die Stufen herunterkam, stellte sich ihnen in den Weg. Wütend schwang er eine Axt. Da er von oben herab kämpfte war er im Vorteil. Tsaiane zog ihren Reitersäbel und trat ihm entgegen. Der Zwerg erwies sich als harter Gegner. Die Enge der Treppenstufen verhinderte, dass Nimmgalf oder Thara ihr effektiv zu Hilfe kamen.
„Ihr werdet euch noch wünschen niemals hierher gekommen zu sein!“ rief der Zwerg und hieb mit der Axt von oben herab. Tsaiane wurde am linken Oberarm getroffen. Es blutete stark – jetzt vermisste sie schmerzhaft ihre Rüstung. Den nächsten Schlag konterte sie aus und stach dem Zwerg ihren Säbel in den Hals. Röchelnd brach dieser zusammen und kullerte die Treppen herab. Unten blieb er mit verrenkten Gliedern liegen. Der Weg war frei. Gemeinsam mit Nimmgalf und Thara folgte Tsaiane der Verräterin nach oben.
Der Qualm hatte sich derweil etwas verzogen. Praiadne war schwer getroffen, doch noch stärker war sie entschlossen, dem götterverfluchten Magier endlich das Handwerk zu legen. Sie verwandelte ihren Stab in ein Flammenschwert und ließ es auf Bartholomäus zu schweben. „Versuch das zu spiegeln, elender Schurke!“ knurrte sie.
Bartholomäus, der sich inzwischen ebenfalls wieder aufgerappelt hatte, grinste verächtlich: „Soll ich jetzt Angst haben?“ Mit einem geistigen Befehl rief er einen letzten gebundenen Dämonen herbei, der nur als durchschimmernder Schemen manifestierte. Dann deutete er auf die Magierin.
Paiadne und Serafin erkannten die Gefahr. Die Maga versuchte noch den Schemen aufzuhalten, doch die Schläge des Flammenschwertes gingen ins Leere.
Da ergriff der Dämon – es handelte sich um einen Morcan, einen Alptraumdämon aus Thargunitoths Domäne – Besitz von der Magierin. Serafin konnte ihr auf die Schnell nicht helfen und schwang stattdessen seinen Stab über den Kopf. Er wirkte einen GARDIANUM ZAUBERSCHILD, den er als persönlichen Schild wob, da die normale Version den Gegner miteingeschlossen hätte. Schreiend ging derweilen von Greif erneut zu Boden, diesmal gefangen in einer Alptraumwelt. Das Flammenschwert verwandelte sich zurück und fiel polternd herab. Praiadne kämpfe nun einen Kampf in ihrem Inneren aus.
„Und nun zu dir, Zornesmagier!“ wandte sich Bartholomäus siegessicher dem Magister zu, der sich bisher zurückgehalten und beobachtet hatte, wie erschreckend schnell Bartholomäus Dämonen zu Hilfe befehlen konnte. Doch hatte er dies bereits befürchtet, als er am Vortag gesehen hatte welche unheilige Kreaturen der Schwarzmagier beschworen hatte, um das Heer der Verbündeten zu vertreiben. Zudem machte ihn das Geschick, jegliche auf ihn gerichtete, elementare Zauber zu spiegeln zu einem äußerst gefährlichen Gegner. Zu einem gefährlichen, aber auch würdigen Gegner.
„Wie willst Du sterben, alter Mann?“ Höhnte Bartholomäus abfällig weiter. „Soll ich Dich gleich hier und jetzt den Gnadenstoß geben, oder soll Simiona noch ihren Spaß mit Dir haben?“
Nun, vielleicht doch nicht so würdig, sondern mehr arrogant und selbstüberschätzend, dachte sich Serafin weiter, dem ein Einfall gekommen kam.
„Keine Antwort? Nun dann machen wir es doch einfach schnell.“ „PROTECTIONIS IGNIFAXIUS!“ brüllte nun Bartholomäus seinerseits mit der Gewissheit, dass der vor Antimagie geschützte Flammenstahl den gegnerischen Zauberschild durchschlagen würde.
„MOTORICUS!“ rief Serafin noch bevor der Gegner den Spruch beenden konnte, und ballte die Faust. Damit ließ er einen telekinetischen Greifer an der oberen Kante des Bücherregals festklammern und zog kräftig daran.
„Was? NEIN!“ Bartholomäus ließ von seinem Zauber ab, drehte den Kopf nach oben und erkannte die Gefahr. Er versuchte dann noch zur Seite zu springen, doch es war zu spät, das Regal stürzte um und begrub ihn unter sich.
Magister Serafan beeilte sich zu ihm hinzukommen und sah den Magus unter einem Haufen Büchern begraben liegen. Mit einem Tritt beförderte er dessen Stab außer Reichweite.
„Nehmt dies als Zeichen der Wertschätzung von Serafin Feuerblitz, Frevler!“ und stieß ihm das stumpfe Ende seines Zauberstabes vor die Schläfe. Bewusstlos brach Bartholomäus zusammen.
Serafin verschnaufte, doch der Qualm ließ ihn leicht hüsteln. „Das wäre also geschafft.“ Meinte er nicht ohne Genugtuung. „Nun zu Dir Dämon!“ Damit wand sich Serafin in Richtung Praiadne, die Maga benötigte dringend Hilfe. Serafin kannte die Art des Dämons gegen die Praiadne innerlich stritt – und dass er noch nicht gänzlich von ihr Besitz ergriffen hatte, sprach für ihre innere Willenskraft. Der erfahren Anti- und Kampfmagier machte sich sogleich daran den Dämon auszutreiben und bereitete mit seiner letzten verbliebenen Kraft einen PENTAGRAMMA SPHÄRENBANN vor. Nimmgalf und die anderen waren Simiona hinterher, da musste sich der Magier drauf verlassen, dass sie zurecht kommen würden.