Geschichten:Hehres Gebot - Teil 2
Grafschaft Hartsteen, Herbst 1030 BF
Am Markttag war Celesto Custodias in der Reichsstadt Hartsteen. Es war
ein Herbsttag 1030 BF, die Sonnenstrahlen umspielten die bunten Blätter
der Bäume und der Inquisitionsrat war guter Dinge.
Die Marktschreier überboten sich mit gewitzten Sprüchen oder auch
einfach nur mit grober Lautstärke und während der Custodias einen
Glasbläser bei der Arbeit betrachtete, drang im Getümmel eine Kinderhand
zu seinem Geldbeutel vor, wie eine kleine Maus auf der Suche nach einem
Korn.
Das es dem Inquisitor auffiel war mehr Zufall, aber dennoch redete er
sich ein, daß seine Reflexe immer noch die eines Kriegerasketen seien.
Obwohl er längst nicht mehr viel von einem Krieger hatte. Viele Menschen
warfen ihm Blicke zu, aber es war nicht mehr die Hochachtung vor einem
streitbaren Prediger, sondern die Furcht vor den Launen eines räudigen
Raubtieres.
Wäre er noch ein stolzer Mann, so hätte der Custodias die kleine Hand in
seiner kräftigen Hand zerdrückt und dann des Alters ungeachtet, dem Dieb
durch irgendwelche weltlichen Schergen diese Hand abschlagen lassen. Er
hätte dem Kind einen weiteren Abstieg durch eine ungewisse Zeit bis hin
zu einem sicheren Tod in der Gosse bereitet. Aber er war ein gebrochener
Mann und außerdem guter Dinge.
Also lachte er den Jungen an und stieß ihn dann seiner Eskorte zu, bevor
der verwilderte Bengel ihn mit seinen schwarzen Zähnen in die Hand
beißen konnte.
Zu seiner Freude war Aethra Acies vor einiger Zeit aus der Wildermark
zurückgekehrt und auch wenn sie schlechte Kunde brachte, so freute er
sich doch über ihren Besuch wie ein Vater über den Besuch seiner Tochter
ohne es zu zeigen. Ärgerlich wurde die Angelegenheit als Herdin von Helmenstein auf seinem Streitross heran geritten kam. Wie ein Hochadliger
ritt der Ritter arrogant durch die Menge, die nur unwillig wich. Solche
Ritter mochte man dieser Tage in Hartsteen nicht.
Der Custodias wandte sich vom Glasbläser ab und einem Waffenstand zu,
denn Herdin konnte sich nicht satt sehen an Mordwerkzeug und der
Custodias wollte das der Ritter ihm zuhörte. Es war nicht möglich
gewesen im letzten Monat mit ihm zu sprechen, weil Herdin ihm aus dem
Weg gegangen war, aber die Zeit drängte. Es mussten Entscheidungen
getroffen werden und die Gefolgschaft des Helmenstein war jetzt wichtig.
Herdin hätte vom Pferderücken zum Custodias herab sprechen wollen. Aber
diesen törichten Wunsch vereitelte Aethra Acies, die geistesgegenwärtig
in die Zügel griff und den Ritter gegen seinen Willen durch ihr Gefolge
wie ein kleines Kind vom Pferd zerren ließ. Dieser Auftakt ließ die Lage
eskalieren, denn Herdin war sein Leben lang von seiner Mutter und seinen
Geschwistern wie ein kleines Kind behandelt werden und er hasste es.
So hatte Herdin nur Wut im Kopf als er vor den Waffen stand und sich
bemühte nach Außen die Form zu wahren, während er nachsann, mit welcher
Waffe er dem Custodias den Schädel zertrümmern könne. Die Eskorte
drängte auf einen Wink von Aethra Acies die Bürger fort vom Stand, als
der Inquisitor beiläufig die Schneide eines Bastardschwertes zu prüfen
begann.
C: "Der Krieg schafft nur Leid. Es ist unerträglich wie dieses Geschmeiß
übereinander herfällt, statt in Formation gegen den Feind zu marschieren.".
H, provozierend: "Ist Ehre ein Begriff von Bedeutung und Wert für Euch?"
C: "Ehre findet der Ritter da wo er einem wahren Feind entgegentritt."
H: "Unser Stolz ist unsere Kampfkraft und die unserer Verbündeten. Treu
stehen wir zum Lehnsherren. Ihr aber wollt unseren Stolz zertreten und
uns als willige Schoßhunde halten, die beißen wenn ihr mit den Fingern
schnippt. Wir sollen unsere Verbündeten in den Kampf ziehen lassen und
in unserer Burg sitzen, als wären uns die Zähne ausgefallen. Sind wir
Euer Spielzeug, wie diese Frau, die Euch aus perverser Neigung hörig ist?"
C, erstaunt, aber noch spöttelnd: "Ihr seid solange treu bis das
Schiff sinkt und ihr zu Ratten werdet. Macht Euch doch nicht gemein mit
diesen Kreaturen, die jetzt unter jedem Stein hervor kriechen und die wie
ausgehungerte Tiere über wehrlose Menschen herfallen. Diejenigen die
jetzt als Ritter auftreten, aber in keinem Krieg den Schwertarm für das
Reich erhoben haben. Katterquell unterscheidet sich von den Räuberbanden
aus dem Feidewald nur durch den Wappenrock, die Gesichter sind die
Gleichen. Diese räuberischen Ritter erschlagen mit der Billigung ihres
Herren friedliche Untertanen des Reiches. Ihr dagegen könntet..."
H: "Ihr lügt. Wie viel gilt Euch noch die rechtmäßige Herrschaft, da ihr
selbst unter dem darpatischen Lumpenpack wandelt wie ein falscher Prophet?
Habt ihr nicht lange den Pfad tugendhafter Frömmigkeit verlassen, wenn
ihr ihn je beschritten habt? Wie war das neulich als ihr ihnen erklärtet
was man vom Wesen einer Schlange über die Ge..."
C auf Bosperano: "Schweigt still Lästerer oder ich lasse Euch die eigene
Zunge schlucken!"
H: "Was immer ihr sagt Pfaffe. Es wird ein Ende haben mit Eurer
Herrschaft über diese Kultisten, vielleicht findet ihr Läuterung durch
die eigenen Leute, bei Hesinde."
Jähzorn durchbrach die kühle Beherrschtheit des Custodias, aber das
Tageslicht wurde grell, Herdin hatte die Fratze eines lachenden Dämons
und der Custodias spürte den stechenden Schmerz seines Herzens bevor er
kraftlos zu Boden sank. Herdin aber drängte sich schon durch die
bestürzte Eskorte um seine Geilheit an einer Hure mit beliebigem Namen und unverbrauchtem Gesicht
in Hartsteen auszulassen. Danach ritt er nach Burg Helmenstein. Den
Greifenring des Inquisitors fest in der geschlossenen Faust.