Geschichten:Heißen ihre Klingen - Bahrgagant
Perricum, Rondra 1036 BF
Leobrechts Blick verweilte auf dem prunkvollen Palast des Markgrafen. Perricum war immer etwas Besonderes, auch für jemanden, der Gareth gut kannte, es sah hier so anders aus, so exotisch. Ein kleiner, verdreckter Mann in einer abgwetzten Lederrüstung rempelte ihn an und schaute ihn nun völlig abwesend, ohne ein Wort der Entschuldigung. Leobrechts Pranke schnellte nach dem Arm des Mannes, die andere tastete nach der eigenen Geldkatze, dann ließ er ihn los, "Verdammte Söldner, Ihr müsst die Treue Eures Schwertes mit dem Blut und nicht mit Gold binden!"
Der Mann schaute ihn allerdings weiter nur an, etwas unheimlich. "Dann... will ich... mal... wieder.", war das einzige was er hervor brachte, dann wand er sich zum Gehen. Den langen Ritter verwirrte der Dreckige, der noch einmal seinen Kopf drehte und sichtlich überfordert "Oh... verzeiht" stammelte.
Leobrecht strich sich von der Verwirrung angesteckt und verärgert durch den Bart, dann fiel sein Blick wieder auf den Grafenpalast. "Tedesco, Ogerstark - richtig!", ordnete er murmelnd seine Gedanken.
"Er kann Euch nicht antworten, der Folterknecht hat ganze Arbeit geleistet", hatte ihm die Wasserburger Kerkerwache mitgeteilt. Manchmal schien es Phex wirklich nicht gut mit ihm zu meinen, zwei Wochen früher, und er hätte sich mit Gerwulf Dreudwinder zu einem gemütlichen Plausch treffen können. Aber der götterverdammte Blödmann musste ja unbedingt auch Waffengeschäfte mit der anderen Seite machen!
Nun blieb ihm nur die Sichtung der beschlagnahmten Unterlagen. Hier jedoch meinte es der göttliche Fuchs wieder gut mit ihm, denn Hochwürden Bergram Hallstedt wurden die Unterlagen zur Aufbewahrung in den örtlichen Rondra-Tempel gegeben. Und Hallstedt wiederum kannte Leobrecht noch aus der Ogerschlacht.
"Tedesco aber gab am Vorabend seiner Abreise seinem treuen Nebachotenbaron einen geradezu furchterregend großen Zweihänder zur Aufbewahrung.", stand dort im alten Tagebuch von Dreudwinders Großmutter - die ganz der Familientradition entsprechend wenig später wegen Waffengeschäften mit dem Feind im Darpat ersäuft wurde.
Der längste Ritter Garetiens musste an den Ausspruch Viburns von Hengisfort denken: "Der Krieg treibt die Soldaten in die Tempel, er sollte aber die Tempel zu den Soldaten treiben." Seit den Ankündigungen des Erzverräters Haffax, das Mittelreich anzugreifen, waren die Tempel der Kriegsgöttin wieder gut gefüllt und Leomar-Tempel und Löwenburg machte da erst recht keine Ausnahme.
Mit dem roten Löwen des Hauses Berg auf der Brust genoss er an einem solchen Ort ungeschriebene Privilegien. Während die Pilgermassen auf der Treppe des Tempels mehr oder minder ordentlich anstanden, um an der Alveransgruppe beten zu dürfen, führte ihn ein junger Novize an der Schar vorbei zu den langen Mauern. Wenn Ogerstark solch ein bedeutendes und besonderes Schwert war, stellten sich die Fragen, warum sich soviele Spuren im Sand verlaufen hatten, warum keiner dieses Schwert jemals wieder gefunden hatte.
Leobrecht zog einen Eimer Wasser aus dem Dorfbrunnen von Mantikorszahn und schüttete dem Pferd davon in den Trog, dann zog er einen zweiten und goss ihn sich über den Kopf, so dass der Rauschebart vor lauter Wasserperlen in der Sonne glitzerte. Hier wollte ihn also die Vögtin Haselhains treffen. Leobrecht persönlich hielt nicht viel von der nahen Halle der Ahnen, entging doch den Nebachoten ein rechter Sinn für eine raulsche Ordnung.
Er musste nicht lange warten, ehe feste Schritte von dem Eintreffen der Vögtin kündeten. Obwohl sie nun schon einige Jahre in Perricum lebte trug Lyn ni Niamd von Brendiltal ihre Haare noch immer nach albernischen Traditionen geflochten. Die Lederrüstung und auch der Anderthalbhänder an ihrer Seite, sowie die Tatsache, dass sie sich mit Leobracht hier und nicht bei einer Tasse Tee traf zeigten ihm, dass er es nicht mit einer Erbsenzählerin zu tun hatte.
Nach einer kurzen und knappen Begrüßung fragte Lyn auch recht direkt nach, was Leobrecht zu ihr geführt hatte und bekam zur Antwort "Ich hoffe ihr könnt mir vielleicht Auskunft über den Verbleib einer Klinge geben, ein ungewöhnlich großer Zweihänder, den Tedesco von Perricum einem Nebachotenbaron gegeben hat." Lyn blickte nach diesen Worten nachdenklich und kramte in den Tiefen ihres Gedächtnisses "Zweihänder..? Hm... ich erinnere mich daran, dass mir mein Gemahl einmal davon erzählt hat. War es nicht einer der von Schurr der so ein Schwert getragen hat?" Ohne eine Antwort Leobrechts abzuwarten nickte sie wie zur Bestätigung und fährt fort "Ja, ein von Schurr, so war sein Name. Ich weiß nicht genau, wie er genau hieß und wo es sich jetzt befindet, aber ich glaube Ra’oul sprach in dem Zusammenhang von der Klinge 'Bahrgagant'... Begleitet mich doch in die Halle der Ahnen, dann finden wir es gemeinsam heraus."
"Eminenz de Sylphur", setzte Leobrecht an, und versuchte vor der mehr als einen Kopf kleineren Südländerin durch eine gebeugte Haltung möglichst demütig zu erscheinen, "Greif und Leuin haben mir eine Queste auferlegt, die mich nach langen Irrungen hier an Euren eichernen Schreibtisch geführt hat."
Ein kurzes Nicken und ein feuriger Blick aus den Augen der Roten Rätin deutete Leobrecht an weiter zu machen. "Ich verfolge die Spuren der Alten Schwerter der Goldenen Au, deren Bedeutung für Reich und Adel in den Zeiten verloren gingen. Eine dieser Klinge - Ogerstark genannt - ging nach dem Tode Barons Gaftarion von Schurr in den Besitz der Rondra-Kirche über, Ihr kennt sie wahrscheinlich unter dem Namen 'Bahrgagant'."
"Wohlgeboren vom Berg," die Schatzmeisterin war wie immer gut vorbereitet und ahnte um die noch unausgesprochene Bitte des langen Ritters, "Ihr seid ob Eurer Ritterlichkeit bekannt und besitzt Blut und Wappen eines kirchentreuen Hauses. Mehrere bedeutende Mitglieder unserer Kirche haben uns Euren guten Leumund bezeugt. Wenn Ihr der nächste Träger Ogerstarks werden wollt, so müsst Ihr Euch vor der Leuin beweisen."
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