Geschichten:Heimkehr von den Schlachten - Der Zug nach Uslenried
Von der Reichsstraße aus waren wir nach Wandleth gezogen, wo sich der Zug nunmehr teilte. Jene, die in den Grafschaften Schlund und Eslamsgrund zuhause waren, zogen in südlicher Richtung weiter, der Großteil hingegen hielt auf Gareth zu. Doch zu groß war die Trauer, als dass wir uns durch die Kaiserstadt gewagt hätten. So umrundeten wir die Stadt. und alsbald trennten sich auch die Kämpen aus der Grafschaft Hartsteen von uns. um auf der Reichsstraße weiter gen Firun in die Heimat zu ziehen. Selbst Ihre Hochgeboren Maline von Natzungen, sonst immer auf ein spöttisches Wort gegenüber ihren Rivalen - und unter jenen insbesondere Baron Wulf von Streitzig j.H. zur Greifenklaue - bedacht, vergaß ihren Spott ob all der Bitternis und wünschte ihren Kampfgefährten den Segen der Zwölfe, bevor sie ihrem Pferd die Sporen gab und es gen Natzungen lenkte. Es blieb denn nur noch ein kleiner Zug, der schließlich über die Reichsstraße 3 nach Westen zog.
So verließen denn auch die Uslenrieder den Zug und überquerten die Raller am Zollhaus Rallerstieg. Ein leises Seufzen entwich da dem Uslenrieder Baron, als er seiner heimatlichen Gefilde ansichtig wurde, doch größer wohl war die Freude der Büttel, die im Zollhaus ihren Dienst verrichteten, als sie ihren Herrn unter den Lebenden weilend erblickten und den Zug mit Hoch-Rufen willkommen hießen. Dennoch verharrte der Zug nicht und setze seinen Weg unbeirrt fort. Es heíßt jedoch, dass Baron Wulf ein wenig betrübt dreinblickte, da er die Heimkehr nach Uslenried nicht auf dem Pferderücken, sondern auf dem Kutschbock sitzend erleben musste: Seine Hochgeboren hatte in der Schlacht gegen den endlosen Heerwurm einige schwere Verletzungen hinnehmen müssen, ob derer er schließlich ohnmächtig ward und sein Schlachtross nicht mehr hatte kontrollieren können. Als jenes daraufhin im Angesichte der stinkenden und fauligen untoten Leiber das Hasenpanier ergriff, stürzte Baron Wulf, noch immer ohne Bewusstsein, derart schwer aus dem Sattel, dass er sich beide Beine und den rechten Arm brach. Den Zwölfen sei's gedankt, dass Seine Hochgeboren alsbald von Magister Tan-Nirren von Bornstein gefunden ward, der die schlimmsten Verletzungen durch den Einsatz arkaner Kräfte heilte. Doch die Brüche waren bei weitem noch nicht so weit ausgeheilt, dass der Herr Uslenried schon wieder hätte reiten können.
ln Streitzensfeld schließlich ward jedoch eine Rast von einem Tag eingelegt, zumal etliche der der teils noch immer an ihren Verletzungen leidenden Rittersleut des jüngeren Hauses Streitzig dort ihre Heimstatt haben und zuvörderst nach ihren Familien zu sehen gedachten, bevor sie weiter mit in die Stadt Uslenried zögen. So ward denn am Abend bereits ein Fest gefeiert und den Zwölfen mit einem Götterdienste für die Heimkehr gedankt, ebenso wie um den Seelenfrieden der zahlreichen Gefallenen gebetet ward. Zu viele Kämpen der Familie waren in der Schlacht gefallen, allen voran der wackere Ardo von Streitzig j.H., ein Oheim des Barons, der seit fast zwei Jahrzehnten Hauptmann der Streitziger Rittersleut gewesen war.
Ardo von Streitzig j.H. ward zusammen mit den weiteren Rittern und Gefallenen aus Streitzensfeld am nächsten Morgen - es war wohl eine Stunde nach Sonnenaufgang, da die Zeremonie begann - auf dem nahe des Travia-Tempels gelegenen Boronanger feierlich bestattet, bevor sich der Zug auf den weiteren Weg über Usla nach Uslenried machte.
Dennoch hatte die Kunde von des Barons Heimkehr sich schnell ausgebreitet, denn nur zwei Stunden nach Mittag kam dem Zug kurz vor der Brücke über die Uslenriede eine Reiterin mit wehender Fahne entgegen - dem Banner des jüngeren Hauses Streitzig. Yalinda von Streitzig j.H., die jüngste Schwester des Barons, welche an der Trollpforte gemeinsam mit einigen anderen garetischen und greifenfurtischen Adligen gegen den schwarzen Drachen Razzazor gefochten hatte (der HEROLD berichtete) war es, die da kam, um den Zug willkommen zu heißen und die Kampen nach Uslenried zu geleiten.
Als der Zug schließlich die Stadt Uslenried erreichte. war der Jubel groß. Schon draußen auf den Feldern und Gehöften am Straßenrande standen die Bauersleute und jubelten den Heimkehrenden zu, und schon von ferne sah man die Banner mit den Wappen des jüngeren Hauses Streitzig, der Baronie Uslenried wie auch der Grafschaft Waldstein und Garetiens stolz im Winde wehen. Am Stadttore wartete bereits Halgan von Streitzig j.H., der Bruder des Barons, welcher sonstens im kaiserlichen Heer seinen Dienst versieht. So zog der Zug denn durch die Straßen der Stadt hinauf zur Burg Greifenklaue, unter dem Jubel der Bevölkerung. aber auch unter den Tränen derer, deren Verwandte nicht von den Schlachten zurückgekehrt waren.
Im Burghof schließlich stand das Gesinde schon bereit, den Baron und Burgherrn würdig zu empfangen, doch in mitten des Runds stand des Barons Gemahlin, die edle Dame Sinya Phexiane, neben ihr eine Magd, die den Knaben Corian in den Armen hielt. Als der Wagen angehalten hatte, stemmte sich seine Hochgeboren mühsam vom Kutschbock herunter - es war ihm deutlich anzumerken, dass die Knochen noch immer sehmerzten. Doch ein freudiges Funkeln, wie man es selten sah, soll dem Barone in den Augen gestanden haben, als er seine Familie nach langen und entbehrungsreichen vier Monden wieder in die Arme schließen konnte.
Zum Gedenken an die in der Schlacht Gefallenen, aber auch zum Dank für den Sieg, ward am nächsten Tage ein Götterdienst auf dem Marktplatze abgehalten, an welchem - so schien es zumindest - wohl die gesamte Stadt teilnahm.