Geschichten:Im Herzen des Chaos Teil 3
Das alte Horn erklang und Bernhelm führte seine kleine Schar von Getreuen auf den Boronsanger. Der Schreck fuhr ihm eiskalt in die Glieder, als sich das Bild des Grauens vor ihm und den Seinen entfaltete. Beinahe alle Gräber waren offen, überall frische Erdhügel und Schaufeln.
Über ein Dutzend wankende Leichname standen inmitten des einstigen Ruheplatzes und direkt neben ihnen ihre Herren: eine Handvoll Söldner und ein buckliger, gebückt gehender Mann in einem langen schwarzen Umhang.
Der Anführer der Söldner reagierte schnell und packte sofort seine Armbrust. Der Bolzen pfiff an Bernhelms Kopf vorbei und bohrte sich tief in die Brust eines seiner Gefolgsleute. Ächzend kippte der frühere Zureiter aus seinem Sattel und stürzte.
Mit einem Kriegsschrei auf den Lippen preschte Bernhelm heran und bohrte seine Lanze tief in den Leib eines der halb zerfallenen Zombies. Von der Wucht des Treffers wurde die Kreatur zurück geschleudert und Bernhelm ließ die Lanze los.
Die Söldner wichen den Reitern behände aus, doch die schwerfälligen Untoten hielten stand. Zwei der Pferde scheuten und warfen ihre Reiter ab; die anderen Tiere waren unruhig, aber ließen sich noch kontrollieren.
Es dauerte eine Ewigkeit bis die Untoten sich in Bewegung setzten, doch dann, mit einem Mal griffen sie an.
Perainion, der Sohn eines ehemaligen Großbauern, rappelte sich gerade wieder auf, nachdem er von seinem Ross gestürzt war und schon waren zwei der Zombies bei ihm. Unbeholfen versuchte er sein Schwert zu ziehen, doch die erste Leiche warf ihn nieder und vergrub ihre fauligen Zahnstummel in seinem linken Arm. Schmerzgepeinigt schrie der Bauernjunge auf und schlug wild um sich, doch die zweite Leiche ließ eine verkrüppelte Faust auf seinen Kopf nieder fahren. Das Strampeln Perainions wurde schwächer und erschlaffte schließlich.
Fluchend riss Bernhelm sein Breitschwert aus der Lederscheide an seiner Seite und ließ die wuchtige Klinge herab fahren. Der abgetrennte Arm der toten Frau flog einige Schritte durch die Luft, doch sie spürte den Verlust kaum zu bemerken.
Ihre verbliebene Hand packte Bernhelms rechten Fuß und zerret daran.
„Las los, du Missgeburt,“ keuchte der Pfalzgraf und trieb die Spitze seiner Klinge durch die Brust des Zombies. Er löste den Fuß aus dem Steigbügel und versetzte dem Untoten einen harten Tritt, woraufhin dieser stürzte und Bernhelm freigab.
Die borbaradianischen Söldner formierten sich in einigen Schritten Entfernung und zwei von ihnen bereiteten gerade ihre Armbrüste vor.
Plötzlich sackten die beiden Schützen nach vorne und auch der Anführer der Söldner ging in den Rücken getroffen in die Knie.
Vicarius’ gut ausgebildetes Schlachtross ritt geradewegs über eine der wandelnden Leichen hinweg und begrub sie unter den Hufen des starken Svelttalers. Nach beiden Seiten mit seinem Schwert hackend, bahnte sich der junge Edle einen Weg durch die Reihen der Monster.
In kurzem Abstand folgte ihm unter lautem ermutigendem Gebrüll der Rest der behelfsmäßigen Miliz.
Der Bucklige zog sich ein Stück zurück und einer der verbliebenen Söldner trat mit der Streitaxt in den Händen vor ihn, um ihn zu schützen.
Rasch blickte Bernhelm sich um und musste mit ansehen, wie bereits die Hälfte seiner Mannen nieder gestreckt am Boden lag. Obwohl er die einfachen Leute kaum kannte, versetzte es ihm einen Stich mitten ins Herz. Perainion und Ramara waren Bauern gewesen, Wulfen ein Tischler und die beiden Zwillinge deren Namen er nicht kannte waren ebenfalls gefallen.
Ritter Answard von Treuenbrück hielt sich noch tapfer im Satteln, doch sein Wappenrock war bereits zerrissen und blutig.
Bernhelm von Wetterfels lenkte sein Ross nach rechts, um sich den Nekromanten vor zu nehmen. Der Bucklige war über den toten Anführer der Söldner gebeugt und vollführte kreisende Bewegungen mit seinen Händen.
Mit einem Ruck richtete sich der Weibel wieder auf und griff nach seinem alten Säbel.
Bernhelm preschte heran, doch der nunmehr untote Weibel wich nicht aus. Bernhelms Schwert trennte den Kopf mit einem brachialen Streich vom Rumpf, doch der Säbel des Söldlings schlitzte den Bauch seines Pferds gut zwei Spann lang auf. Kreischend bockte das Pferd des Grafen und überrascht stürzte Bernhelm zu Boden.
Der Aufprall war hart und trieb die Luft aus seinen Lungen. Wütend riss er sich den seine Sicht beschränkenden Helm von seinem Haupt und löste die Kampfaxt von seinem Gürtel. Als er sich aufrichtete, schoss ein stechender Schmerz durch seine linke Hüfte und er verzerrte das Gesicht zu einer Grimasse. Der kopflose Weibel stolperte wiederum auf Bernhelm zu, doch der Graf nahm all seine Kraft zusammen und versenkte das klobige Beil im Torso des Untoten.
„Stirb endlich, du verfluchter Abschaum,“ spie er ihm entgegen, als er die Axt zurück zog und sie ein weiteres Mal auf den zerschundenen, blutenden Leib nieder fahren ließ. Blut spritze hervor und das Wesen sackte in sich zusammen; das unheilige Leben war endlich aus ihm gewichen.
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