Geschichten:Im Osten was Neues - Ein neuer Feind
Baronie Leihenbutt, Herrschaft Rodenbüttel, Anfang Ingerimm 1035 BF:
Esmer von Zweifelfels sah abgekämpft und erschöpft aus als sie mit einer Hand voll Getreuen durch das Tor des befestigten Gutes hinein geritten kam. Ihr Gemahl Firnbrecht, ein hagerer Mann mit düsterer Ausstrahlung, striegelte gerade sein Pferd, war er doch auch erst vor kurzem von einem Botenritt aus der Baronie Zweiflingen zurückgekehrt. Viele der bewaffneten Kämpfer trugen offensichtliche Spuren eines Kampfes und auch Esmer war am Schwertarm verletzt. Der sonst so schweigsame Ritter Firnbrecht rief sogleich nach einem Heiler für seine Frau, doch die wiegelte energisch ab. Erst sollten ihre Kampfgefährten versorgt werden. Stattdessen begab sie sich in das Haupthaus des Gutes. Mit einem lauten Stöhnen ließ sich Esmer auf einem Stuhl fallen.
„Du siehst fertig aus“, bemerkte Firnbrecht trocken, während er begann ihre Wunde am Arm zu versorgen. „Ja, denkst du ich mache das zum Spaß?“ Fuhr ihn seine Gemahlin an. „Es geht hier um das Erbe meines Vaters, das bin ich ihm schuldig. Vor diesem elenden Raubritter werde ich kein Deut weichen, bei meiner Ehre.“
„Ist ja gut, ich verstehe dich ja.“ Firnbrecht betrachtete besorgt die Wunde, sie sah aus als hätten sich die scharfe Krallen eines Tieres tief in das Fleisch seiner Gemahlin gegraben. „Das sieht nicht gut aus. Hast du gegen ein wildes Tier gekämpft?“
„Ach, wir wurden in der Nähe von Schlachtenbüttel in einen Hinterhalt gelockt, wir hätten es besser wissen müssen, aber wir haben diesen verfluchten Verräter unterschätzt. Er und seine Leute waren mit besseren Waffen und gar Rüstzeug ausgestattet, nicht nur mit Knüppeln und abgerissenen Kleidern wie sonst. Auch hat so eine Furie an deren Seite gekämpft, ein wahrhaftiges Geschöpf aus den Niederhöllen sage ich dir, sie trug an einer Hand Krallen wie die eines Tieres. Glücklicherweise kam uns die Vögtin von Perainelob mit einer Hand voll Zornesrittern zu Hilfe, sonst sähe es echt schlecht aus um mich und meine Kameraden.“
„So kann das doch nicht weiter gehen“, Firnbrecht schüttelte den Kopf, „Gleich morgen werde ich nach Leihenbutt reiten um beim Baron vorzusprechen. Er muss endlich tätig werden. Viel zu lange schon hält der Schwarze Ogdan das Kastell Wulfshöh und das Gut Euplingen mit seinen Schergen schon besetzt. Wenn sich der Baron nicht um seine Land kümmern will, werden wir deine Mutter und die Zweiflinger Grenzwächter zu Hilfe rufen. Wir haben keine Wahl.“
Esmer saß nur still auf ihrem Platz und starrte gedankenverloren an die Wand. Ja, es musste etwas getan werden.
