Geschichten:Im Sturm - Leichtes Spiel für Windischgrütz?

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Feldlager Bodeberts von Windischgrütz, wenige Wegstunden vor Natzungen, früher Nachmittag des 02. Travia 1030 BF


Ein breites Grinsen malte sich auf dem Gesicht des Grützers ab, als der Spitzel seinen Bericht beendet hatte. „Die Hochstaplerin ist gestern Morgen entführt und verschleppt worden? Perfekt. Besser könnte es nicht kommen – lasst alles bereiten für den Aufbruch – wir nehmen uns Natzungen morgen früh!“

Hektische Betriebsamkeit brach im Lager aus – und kurze Zeit später rückte die Streitmacht aus.


Gut Weisenfels, der Abend des 02. Travia 1030 BF


Hadrumirs Schädel brummte gewaltig, aber er versuchte dies zu ignorieren. Als er mit seiner Entourage Weisenfels erreichte, kamen ihnen Thronhardt von Schwingenfels, Eberhelm von Greyfentrutz und Korporal Elgor Karstrand entgegen.

Hadrumir wandte sich direkt an seinen Onkel: „Wie ist die aktuelle Lage?“

„Der Grützer steht kurz vor Natzungen. Er wird Natzungen morgen Abend erreichen!“

Hadrumir wirkte skeptisch: „Wie sieht seine Truppenstärke aus?“

Elgor antwortete an Stelle Thronhardts: „Unsere Späher berichten von etwa einem Banner an Fußtruppen. Dazu kommen nochmals etwa zwei Dutzend Schützen.“ Elgor wirkte betreten und blickte Tanira skeptisch an, welche die Unterredung aufmerksam verfolgte. Er deutete auf sie. „Kann ich hier offen sprechen, Kommandant?“

Hadrumir war ungehalten. „Unsere Pläne haben sich geändert. Wir werden ihre Hochgeboren bei der Verteidigung Natzungens unterstützen! Das ist ein Befehl! Gebt ihn an eure Männer und Frauen weiter! Und jetzt berichtet!“

„Der Blumenauer hat sich auf Seiten des Grützers gestellt! Er bringt etwa zwei Dutzend schwere Reiterei und nochmals ein Dutzend Fußtruppen ins Feld.“

Hadrumir fluchte laut. Tanira wirkte geschockt. Hadrumir zog sie zur Seite und wandte sich an seine Männer: „Entschuldigt uns einen Moment!“

„Vertraut Ihr mir?“ fragte Hadrumir Tanira.

Sie war verwirrt: „Was soll diese Frage?“

Hadrumir packte sie an den Schultern. „Ich habe einen Plan, aber dafür brauche ich Euer Vertrauen! Wenn Ihr mir vertraut, dann reitet unverzüglich nach Natzungen. Hauptmann Raul wird Euch mit seinen Reitern begleiten. Räumt die Unterstadt! Der Grützer ist mit seinen Reitern im Vorteil. Lasst uns diesen Vorteil in einen Nachteil umwandeln. In der Stadt wird er die Reiter nicht einsetzen können. Dort werden wir ihm eine Falle stellen.“

Tanira musste ihm Recht geben, aber es war gefährlich. ’Können wir so die Bevölkerung Natzungens schützen?’ fragte sie sich. „In Ordnung, Ich werde zusätzlich ein paar Barrikaden aufrichten lassen, die verhindern sollen, dass sie sich in der ganzen Unterstadt verbreiten. Vielleicht kriegen wir sie auf dem unteren Marktplatz konzentriert und können sie mit Schützen der Bürgerwehr in Schach halten.“, sprach sie laut. „Dann reitet und erwartet uns morgen früh! Und organisiert mir ein paar Natzunger Wappenröcke!“

Hadrumir wandte sich wieder seinen Männern zu. „Wir werden früh nach Natzungen marschieren und die Stadt gegen den Grützer verteidigen! Seite an Seite mit den Natzungern! In der Unterstadt werden wir dem Grützer eine Falle stellen. Ihre Hochgeboren wird die Unterstadt räumen. Thronhardt, du wirst mit mir den Hinterhalt vorbereiten! Korporal, Ihr werdet Eure Schützen in eigener Zuständigkeit strategisch verteilen! Alles weitere klären wir morgen! Wegtreten!“


Stadttor Natzungen, kurz vor Mitternacht, 2. Travia 1030 BF


Tanira blickte auf den Hauptmann, der mit dem Schwertknauf gegen die Sichtluke des Stadttors hämmerte. Nach kurzer Zeit wurde diese geöffnet und man verlangte zu wissen, wer störe. Raul diskutierte kurz mit dem Torwächter, winkte dann aber doch Tanira, die sich in einen Mantel gehüllt hatte herbei. Als der Wächter sich vergewissert hatte, dass er tatsächlich die Baronin vor sich hatte, wurde die Gruppe sogleich durchs Tor gelassen. Nachdem er zum Stillschweigen verpflichtet worden war, ritt die Gruppe weiter und erreichte kurz darauf den Amtssitz.

Verschlafen blickte der Vogt auf Tanira und den Schwingenfelser Hauptmann an ihrer Seite. „Bei den Zwölfen – ich bin froh, Euch unverletzt und zu rechter Zeit wieder hier zu…“

Mit einer knappen Handbewegung unterbrach ihn die Natzungerin „Keine Zeit für Phrasen – gebt mir Bericht!“ Äußerlich emotionslos hörte sie den Ausführungen zu ’Oh, ihr Götter – wie sollen wir das schaffen. Selbst mit den Schwingen als Entsatz werden wir Probleme bekommen. Kann ich Hadrumir wirklich vertrauen?’. Einzig, als ihr berichtet wurde, dass alle Vorräte des Umlandes sicher in die Stadt verbracht seien, nickte sie kurz zufrieden.

Ihr Blick irrte kurz zu dem schwingenfelser Hauptmann. Dann begann sie ihrerseits Befehle auszugeben „Im Morgengrauen beginnt ihr damit, die Unterstadt zu räumen, errichtet provisorische Barrikaden an der Einfallstraße. Sie sollen wirken, als hätte das Volk den Entschluss gefasst, den Grützer durchzulassen zum Amtssitz, wolle sich aber schützen. Legt so den Weg zum unteren Marktplatz frei. Jeder Bürger Natzungens, der mit einem Bogen umgehen kann und bereit ist zu kämpfen, soll sich morgen am Marktplatz unter den Befehl eines Korporals…“ Sie blickte kurz fragend zu Raul. „Elgor Karstrand, Euer Hochgeboren“ - „Karstrand stellen – er wird sie entsprechend platzieren. Unsere berittenen Männer unterstellt ihr Hauptmann Raul, wer die Fußtruppen befehligt, werdet ihr morgen in der Früh erfahren. Und lasst an Wappenröcken zusammentragen, was da ist.“

Der Gerstunger blickte sie entgeistert an „Ihr wollt unsere ganzen Truppen in die Hand des Schwingenfelsers geben? Ist das klug?“ Wieder wischte sie seine Einwände hinweg „Ja, ich werde dem Schwingenfelser vertrauen. Er ist der starke Arm, den Natzungen in diesen Tagen braucht.“ Der Vogt wurde bleich – was hatte dieses Weib nur in diesen zwei Tagen angerichtet?


Natzungen, Morgengrauen des 3. Travia 1030 BF


„Gerstunger, es ist wichtig, dass es nicht groß bekannt wird, dass ich wieder hier bin – und noch wichtiger – dass ich Entsatz mitgeführt habe.

Hadrumir von Schwingenfels wird in wenigen Stunden seine Fußtruppen auch herbeigeführt haben. Verhindert, dass Spitzel des Grützer die Stadt verlassen und ihm Kunde bringen!“ Sie blickte jedem ihres Stabes fest in die Augen. „Unsere einzige Möglichkeit in dieser Situation die Oberhand zu wahren, ist es, dass uns der Grützer in eine Falle läuft! Ich weiß, dies ist nicht der rondrianischste Weg – aber da er überlegen angreift, hat er sich das selbst verspielt. Wir werden ihm einen angemessenen Weg aus dieser Falle anbieten. Dann liegt es an ihm.“

Einige der jungen Ritter blickten sie beunruhigt an. „Meine Herren, ich weiß, ihr wollt dies im Moment nicht verstehen – doch vertraut mir – Garetien wird jeden Kämpfer brauchen, wollen wir unser Land wieder zu dem machen, was es einmal war. Jeder Kämpfer des Grützers, den wir töten, könnte in einer entscheidenden Situation fehlen. Wir kämpfen für das Wohl unseres Natzungen – doch wir dürfen auch das größere Ziel nicht aus den Augen verlieren.“

Der Gerstunger blickte sie unwillig an: „Euer Hochgeboren, womit habt Ihr Euch die Unterstützung des Schwingenfelsers erkauft?“

„Wollt Ihr mir unterstellen, ich würde mich verkaufen? Oder gar Natzungen?“ Sie blitzte ihn an.

Nach einem kurzen Seitenblick auf die andern Anwesenden machte der Gerstunger dann doch lieber einen Rückzieher. ’Verdammt – sie hat die Anderen fest in ihrem Bann’. „Nein, Euer Hochgeboren, natürlich will ich Euch selbiges nicht unterstellen.“

Tanira nickte kurz: „Gut, dies tut auch zum momentanen Augenblick nichts zur Sache. Wir haben eine Stadt zu verteidigen, meine Herren – jeder kennt seine Aufgaben – erledigt sie im Namen der Zwölfe, zum Wohle Natzungens und zum Besten des Reiches! Weggetreten!“

Hauptmann Raul, der die Besprechung aus einer Ecke heraus mit verfolgt hatte, musste kurz anerkennend nicken. ’Die Kleine mag nicht die kämpferischen Qualitäten des Kommandanten haben – aber sie versteht es mit Menschen umzugehen und sie für sich einzunehmen. Allerdings hätte mich auch interessiert, was dieser Anselm von ihr verlangt hat für unsere Unterstützung. Muss irgendwas gewesen sein, dass dem Kommandanten nicht gefallen hat.’ Dann straffte er sich und verließ mit den anderen den Raum, um den Befehlen der Baronin Folge zu leisten. Nachdenklich strich er über den Wappenrock mit den ungewohnten Schwänen.