Geschichten:Jäger und Beute - Rote Arbeit

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Dorf Hardenstatt, Baronie Zackenberg, 13. Rahja 1045 BF

Die Geweihte des Firuns stützte sich auf ihren Stoßspeer, der mindestens halb so alt zu sein schien, wie die Geweihte selbst. Mürrisch ließ Firuna ihren Blick durch das Dorf streifen. Der Sommer hatte die Trollzacken längst fest im Griff und würde sie noch einige Zeit halten, ehe er sie in die nebligen Finger des Herbstes übergab. Nicht, dass die Alte das nicht in ihren Knochen spüren würde, aber sie hatte darüber hinaus auch lange genug Zeit in den Zacken verbracht, um die Anzeichen lesen zu können wie keine andere.

Aber nicht nur die Zeichen der Natur konnte sie wie kein anderer hier deuten, sondern auch die Zeichen ihres grimmigen Herrn. Er hatte ihr in Visionen gezeigt, dass es am Rande der Baronie eine Gefahr gab, welche es zu erlegen gab. Die Fährte hatte sie bis in dieses kleine Dörfchen geführt und tatsächlich, irgendetwas schien hier anders zu sein. Firuna würde schon herausfinden was der Grund für dieses Gefühl war.

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„Der Hausherr empfängt heute keine Besucher, Euer Gnaden, entschuldigt bitte vielmals“, erklärte der grauhaarige Waffenknecht mit bedauernder Mine.
Die Geweihte quittierte dies mit einem hochziehen der Augenbraue, was Gero wiederum dazu Veranlasste weiterzusprechen. „Nun, es ist nicht so, dass der Hohe Herr von Hardenstatt nicht wolle, er ist lediglich nicht im Hause, um jemanden zu empfangen. Er ist derzeit in Waldhain, wir erwarten sein Erscheinen in drei Tagen. Wenn Eure Gnaden so lange warten wollen, werde ich veranlassen, dass man Euch ein Zimmer herrichtet“.

Firuna blickte an der Mauer des Turm hoch, wandte sich dann ab und ließ den Blick abermals durch die Gegend wandern. Es hatte etwas gedauert, doch nun wusste sie was ihr so seltsam vorkam. Die Geräusche der Waldtiere waren hier nur in weiter Ferner zu vernehmen. Die Kreaturen des Waldes schienen in diesem Teil der Baronie außerordentlich vorsichtig und noch mehr zurückgezogener als üblich zu leben.

„Nein, das wird nicht nötig sein. Ich bevorzuge die Ruhe des Waldes“, ohne auch nur eine Reaktion des Waffenknechts abzuwarten wandte sich die Alte ab. Die verbleibenden Lichtstunden wollte sie nutzen, um sich Richtung Waldhain aufzumachen. Sie hatte das Gefühl nicht umsonst hierhergekommen zu sein. Der Wald der Herrschaft und seine Kreaturen verhielten sich anders als sie es gewohnt war. Irgendeine große Gefahr durchstreifte die Gegend hier und es war ganz gewiss kein großer Bär oder Wolf. Wenn sie raten müsste, was sie nie tat, dann hatte etwas Widernatürliches Besitz von der Gegend ergriffen. Auch wenn diese Bauern im Dorf nicht konkret werden konnten, die Natur würde Firuna nie anlügen.

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Die alte Geweihte schreckte aus ihrem Schlaf auf. Im Traum war sie einer Schweißspur gefolgt. Immer tiefer war sie dem Wild in den Wald gefolgt. Bald schon hatte sich der Wald gelichtet und Firuna musste durch immer höher werdenden Schnee stapfen. Dann als sie dachte ihr Ziel erreicht zu haben tauchte ein Eisbär vor ihr auf. Sein Brüllen und Schlagen hatte Firuna sodann aus ihren Schlaf gerissen.
Aufgeregt blickte sie sich um, griff nach ihre Speer und richtete sich auf. Eine Warnung, gewiss, doch wollte der weiße Jäger sie vor einer unmittelbaren Gefahr warnen?

„Bei Firun und seinen elf göttlichen Geschwistern! Kommt heraus und zeigt Euch!“, rief sie mit fester Stimme in die Dunkelheit vor ihr und umklammerte ihren Speer fester. Zu ihrer Verwunderung erschien zwischen zwei Bäumen tatsächlich eine Gestalt. Sein weißes Haupthaar war schüttern und ging fließend über in einen Rauschebart. Der Mann, fast zwei Schritt hoch, stand aufrecht vor ihr und hielt ein breites Schwert, fast schon spielerisch, in seiner Hand.

„Ich habe Euch beobachtet, seit Ihr mein Lehn betreten habt. Ihr solltet nichts jagen, was Ihr nicht auch töten könnt“, gab der Mann, den Firuna nun als Wolfhelm von Hardenstatt erkannte, mit einem höhnischen Lachen von sich.

„Seltsame Traditionen scheint Ihr hier zu pflegen, Ritter Wolfhelm! Seit wann beobachtet man seine Gäste, anstatt sie zu empfangen?“, die Geweihte nahm eine Kampfeshaltung ein. Ihr war mulmig, wenn Ritter Wolfhelm das Ziel ihrer Visionen war, dann konnte hier etwas nicht mit rechten Dingen zugehen. Doch was war es, dass diesen alten Mann so gefährlich machte?

Dieser machte einen Schritt nach vorne, womit das Madalicht ihn nun erhellte. Tatsächlich sah man Wolfhelm an, dass er wohl schon einige Götterläufe auf Dere verbracht hatte, doch von dem gebückten Gang, der von den vielen Wintern eines Lebens kam, fehlte jede Spur. Im Licht des Madamals erkannte Firuna nun auch, dass das Schwert, welches Wolfhelm so locker führte, ein altes Bastardschwert war. Sie kannte nicht viele, die die Kraft hatten eine solche Waffe mühelos einhändig zu führen und eines hatten sie alle gemein, es waren keine älteren Ritter, die eigentlich von Satinavs Zahn gezeichnet sein müssten.

„Und seit wann versucht der Besuch Jagd auf den Gastgeber zu machen?“, knurrte Wolfhelm knapp, ehe er blitzgeschwind nach vorne stürmte. Firuna schaffte es im letzten Moment ihren Speer hochzureißen und zu ihrer Verwunderung spießte sie den Ritter auf. Die metallene Spitze des geweihten Speers bohrte sich tief in die Brust ihres Angreifers hinein.

Dieser blickte mit weitaufgerissenen Augen auf den Speer, sein Körper schien zu erschlaffen, ein verschluckter Schrei entfuhr seiner Kehle. Doch gerade als Firuna sich schon über diesen lächerlich schnellen Sieg freuen wollte, wandelte sich das Entsetzen Wolfhelms in ein schaurig wölfisches Grinsen.

Sein linker Arm schnellte nach oben, packte den Speerschaft und entriss ihn den Händen der verdatterten Frau. Diese stolperte zwei, drei Schritt rückwärts und sah nun ihrerseits mit Entsetzen, wie der Ritter sich den Speer aus den Brustkorb zog. Als die Wunde leer war begann sie sich auch schon zu schließen. Die Furcht packte Firuna, welche zu allem Überfluss über einen großen Ast stolperte und rücklings auf dem Boden lag. Mit schallendem Gelächter kam ihr Kontrahent auf sie zu, quälend langsam, sich seines Sieges sicher.

Aufgeregt griff Firuna an die Stelle, wo sie sonst ihr Jagdmesser trug, doch das hatte sie zum Schlafen abgelegt und lag noch immer an ihrer Schlafstatt. Grimmig richtete sich ihr Blick auf Wolfhelm, der nun über ihr stand und sinister lächelte. „Keine Sorge, es wird rasch geschehen. Ganz wie es Euch und Eurem Herrn gefällt, nicht wahr?“. Die alte Geweihte wollte noch etwas erwidern, da fuhr jedoch schon Wolfhelms Schwert herab und durchstieß zielsicher ihr Herz.


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13. Rah 1045 BF
Rote Arbeit
Zuhause


Kapitel 6

Dunkles Licht
Autor: Vlad