Geschichten:Jadekrieger - Die Pflicht ruft auch im Bade
Rashia'Hal, Ende Rahja 1041 BF:
Die heiligen Hallen der lieblichen Göttin waren erfüllt von heiter-ausgelassener Stimmung. Die Erhabene Yarasha hatte sich mit einer Handvoll Geweihten und Laien in das angenehm warme Becken begeben und plauderte ausgelassen mit ihren Gästen während am Beckenrand Musikanten ihren Instrumenten leise und wohlklingende Melodien entlockten. Reto war umgeben vom überaus ansehnlichen Geweihten Shahîn von Waraqis und beide tauschten die ein oder andere Neckerei aus. Der greise Mishan hatte sich den Jüngeren angenommen und erzählte Irisa, Salix und Tolmario in seiner unnachahmlich unterhaltsamen Art Märchen aus seiner alten exotisch anmutenden Heimat. Wie gebannt lauschten sie seinen Worten. Tawil und Ramin waren hingegen einfach froh nach dem langen Ritt nun endlich etwas ausspannen zu können.
So verging die Zeit des Müßiggang und der Unterhaltung wie im Fluge. Es war seine Nichte Canyreith die Reto aus seinem lustvollen Geplauder mit Shahîn entriss.
"Onkel, draußen ist ein Mann, er will dich unbedingt sprechen."
"Liebes Kind, ich habe hier bereits einen Mann und sprechen kann der auch ... kann das nicht warten?", maulte Reto sichtlich ungehalten.
"Er sagte, es sei wichtig!", entgegnete die Novizin der Rahja beharlich.
"Wenn er ansehnlich ist, soll er sich entkleiden und sich zu uns ins Becken gesellen. Dann können wir gerne ... reden." Reto zwinkerte Shahîn lustvoll zu.
"Er trägt die Farben des Markgrafen, ich weiß ja nicht ... ." Doch weiter kam das junge Mädchen nicht mehr.
"Bei Tharvuns Schweif, ich komme ja schon." Retos Blick wanderte noch einmal über Shahîns markelosen Körper. "Nicht weglaufen, du Geschenk der Liebholden, ich bin gleich zurück!"
Reto warf sich ein in Farben des Regenbogens schillerndes Seidentuch um die Lenden und folgte seiner Nichte.
"Junges Fräulein, manchmal bist du so garstig wie eine biedere Gans ... mich aus den Armen dieses göttlichen Wesens zu entreißen."
"Liebster Onkel", flötete die junge Novizin, "nichts läge mir ferner, aber einen Boten es Markgrafen sollte man nicht warten lassen."
"Ich weiß doch mein Kind, du meinst es nur gut mit mir."
Canyreith führte ihren Onkel in die Loge des Hauses Aimar-Gor. Durch üppige Spenden unterhielten viele der wichtigen Familien der Perrinlande Räumlichkeiten im Kloster, die diese für heikle und vertrauliche Gespräche nutzten.
Der um eine ausdruckslose Mimik bemühte Bote reichte Reto wortlos ein gesiegeltes Schreiben und entfernte sich sogleich. Scheinbar erwartete der Absender keine Antwort von Reto.
"Der Reichsgroßgeheimrat und Kaiserinnengemahl Rondrigan Paligan gewährt Euch die Gnade einer Audienz. Findet Euch am Abend nach den Eröffnungsfeierlichkeiten in der Yaquirbühne zur zehnten Stunde im Hotel Yaquirien ein, dort werdet ihr weitere Anweisungen erhalten. gez. im Auftrag von Rondrigan Paligan"
Verwundert lass Reto das Geschriebene. Offenkundig handelte es sich um die bevorstehenden Hadrokles-Paligan-Feierlichkeiten, die in wenigen Monden in Punin stattfinden sollten – und offenbar hatte der Reichsgroßgeheimrat einen speziellen Auftrag für ihn.
Reto warf das Pergament in eine der lodernden Feuerschalen. Zurück im wohltuend warmen Becken winkte der Romelio zu sich heran.
"Mein Guter, wir beiden Hübschen werden morgen beim ersten Hahnenschrei an den Markgrafenhof reisen."
"Aber wollten wir nicht alle morgen gen Heimat aufbrechen?", stammelte der junge Mann irritiert.
"Eine kleine Planänderung" flüsterte Reto, "wir werden Nachforschungen zu einem bestimmten Sachverhalt anstellen."
"Dann werden wir es aber nicht mehr vor den Namenlosen Tagen nach Hause schaffen." Romelios Unbehagen in seiner Stimme war kaum überhörbar.
"Dann sei es so!"