Geschichten:Kaiserturnier 1041 BF - Ugdalf von Löwenhaupt-Hauberach und Herzog Hagrobald
Ugdalf mochte diese Veranstaltungen nicht. Aber immerhin war aus seiner Sicht irgendwann auch das "Schlimmste" überstanden: Speisen, die zumeist nicht sein Fall waren und durch die Sitzordnung vorgegebene Gesprächspartner, auf die das in gleichem Maße ebenfalls zutraf. Furchtbar.
Als die Tafel endlich aufgehoben wurde und man zu einem, relativ gesehen, zwangloseren Beisammensein überging, kam das dem eher bodenständigen Junker fast wie eine Erlösung vor. Ganz anders sein Zögling Lechdan, der von der Pracht und den hohen Damen und Herren im Saal schier überwältigt war und sich nur mit Mühe auf seine Pflichten zu konzentrieren vermochte.
Nachdem er der Kaiserin und ihrem Gemahl seine Aufwartung gemacht und ihnen nochmals für ihre Beileidsbekundungen zum Tode seines Vaters Wallbrord gedankt hatte, mischte Ugdalf sich unter die übrigen Gäste, mit denen sich zum Teil durchaus interessante und kurzweilige Gespräche ergaben.
Wenig später erspähte der Oberst Herzog Hagrobald vom Großen Fluss und beschloss die Gelegenheit beim Schopfe zu packen - der Herzog war für einen Augenblick in keine Unterhaltung verwickelt - um ihm noch einmal in größerem Rahmen für die jüngst erwiesene große Ehre zu danken.
"Eure Hoheit, wenn ich kurz das Wort an euch richten dürfte?"
"Der Löwenhaupt-Hauberach!" Die Miene des Herzogs hellte sich schlagartig auf. Niemand, der dezent um den einen oder anderen 'Gefallen' bat - dagegen die Aussicht auf einen guten Schluck Bier. "Hier gibt's ein überraschend gutes Bräu - wollt Ihr einen Humpen mit mir trinken?"
"Aber gerne doch! Ich hoffe, Eure werte Gemahlin Concabella und das Kind unter ihrem Herzen sind bei guter Gesundheit, Eure Hoheit, und haben die Fährnisse dieser, ähm, denkwürdigen Schiffsreise gut überstanden. Ich möchte eure Zeit auch nicht über Gebühr strapazieren, sondern euch lediglich noch einmal für die mir erwiesene große Ehre, Pate eures nächsten Kindes sein zu dürfen, danken.
Selbstverständlich könnt ihr und die edle Dame Concabella jederzeit auf meinen Rat und meine Hilfe bauen, solltet ihr meiner bedürfen und mich meine Pflichten im Perricumschen nicht anderweitig binden."
"Ich danke Euch!" Der Herzog drückte Ugdalf einen der beiden Humpen in die Hand, die sein Page beigebracht hatte, und stieß mit ihm an. "Ihr seid jederzeit auf der Eilenwid - und auf meinem Tjostplatz - willkommen. Und ich hoffe, ihr werdet des Öfteren den Weg in die Nordmarken finden - nicht erst zur Geburt meines Nachwuchses."
"Das habe ich vor, eure Hoheit, liegen dort doch, neben dem mittnächtlichen Herzogtum, meine Wurzeln. Und allerlei liebe Freunde und Verwandte leben ebenfalls in euren Landen."
Recht zufrieden schien seine Hoheit mit der Entwicklung der Dinge. Und auch mit dem jüngst rapide gestiegenen Zuspruch, den das Zwergenbräu in seiner Umgebung erfuhr. Er hatte nichts gegen ein Glas guten Weins, aber ein schäumender Humpen Bier, das war eine handfeste Sache, die das noch allemal überstieg.
Er betrachtete einige der jungen Damen, die sich zum Ball rüsteten. Der beste Tänzer des Raumes war seine Hoheit gewiss nicht - doch konnte er sich sicher sein, dass er einer der Begehrtesten war. "Wie sieht's aus - habt Ihr schon eine Tanzpartnerin für den ersten Ball?"
"Ja, Eure Hoheit", sprach Ugdalf und deutete auf eine junge Edle. "Doch werde ich mich ansonsten beim Tanzen zurückhalten, schon allein der Füße der Damen wegen", antwortete der Oberst mit einem feinen Lächeln. Wenn ihr mich nun entschuldigt? Ich möchte die Dame nicht über Gebühr warten lassen."
Mit einer knappen Verbeugung verabschiedete sich der Junker vom Herrn der Nordmarken.
Dem anschließenden Ball wohnte Ugdalf nur solange bei, wie es gerade noch schicklich war und beschränkte sich, um der Form Genüge zu tun, auf einen einzigen Tanz mit besagter Edlen. Der Junker stellte wieder einmal fest, dass diese höfische Welt trotz seiner hohen Abkunft nur sehr bedingt und auch nur in passender Dosierung die seine war ...
◅ | Die Pflicht ruft |
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Nimmgalf von Hirschfurten und Melcher Sigismund von Ibenburg | ▻ |