Geschichten:Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF - Eheprobleme
Yolande von Sindelsaum hatte ihren letzten Kampf ausgefochten. Gegen Thargrîn von Arpitz hatte sie keine Chance gehabt, aber immerhin hatte sie es bis in das Viertelfinale geschafft. Sie hätte nie gedacht, soweit zu kommen, aber der Anblick ihres verhassten Gattens Rondwin von Keilholtz hatte sie zu immer neuen Höchstleistungen angetrieben. Der verweichlichte Jammerlappen war bereits in der ersten Runde ausgeschieden, geschah ihm Recht, die Tracht Prügel hätte Yolande ihm aber gerne selbst verpasst.
Bei ihrem zweiten Kampf hatte er auf der Bühne mit einem Märker Flittchen rumgeturtelt, und so hatte sich Yolande mit viel Hass und Abscheu in ihren nächsten Kampf geworfen. Ihre rücksichtslos vorgetragenen Angriffe hatten ihr den Sieg, aber auch einige Ermahnungen eingebracht. Nach dem Kampf hatte sie es sich nicht verkneifen können, kurz in Richtung Rondwins zu rotzen, bevor sie vom Feld gestampft war. Gegen ihre nächsten Gegner war es ganz ähnlich gewesen, aber Thargrîn hatte sie ins Leere laufen lassen und sie klar besiegt. Yolande hatte noch immer der Schädel gebrummt, als sie vom Feld getaumelt war. Kurz hatte sie geglaubt, dass Rondwin sie auslachte, aber das hatte sie sich vielleicht doch nur vorgestellt, jedenfalls hatte er ganz ernst geschaut, als Yolande ihm einen mörderischen Blick zugeworfen hatte. Warum hatte sie sich nur entschlossen, zu dem Turnier nach Kressenburg zu kommen? Es war ja klar gewesen, dass Rondwin auch da sein würde, aber sie hatte es in Föhrenstieg einfach nicht mehr ausgehalten und ein Besuch in die alte Heimat, nach Sindelsaum, wäre ihr wie eine Flucht vorgekommen.
In ihrem Zelt angekommen hatte die Hoffnung, Rondwin im Lanzengang gegenüber zu stehen, ein neues Feuer in ihr entfacht. Sie würde es ihm zeigen, bei Ingerimms Bart. Mit so einem Märker Milchbuben würde sie ja locker fertig. Dass der besagte Milchbube Hauptmann der Grenzreiter war, vergaß sie dabei geflissentlich.
Als es dann aber am nächsten Tag zum Lanzengang kam, schien ihr Rondra die Lanze zu führen. Eine Welle der Begeisterung schwappte über sie, als sie Rondwin ausgestochen hatte. Solcherart von ihrem Ziel befreit, machte sich allerdings eine neue Leere in ihr breit. Erst abends, als sie sich alleine in ihrem Zelt betrank, machte sich wieder eine angenehme Schwere bei ihr bemerkbar.