Geschichten:Kressenburger Neujahrsstechen 1042 BF - Teil 29
Nach dem Tjost
Vor den Toren Kressenburgs, Baronie Kressenburg, Praios 1042 BF
„So ein Mist, wirklich, Aardor“, brummte Fählindis. „Das waren zwei blitzsaubere Anritte. Bessere habe ich heute im ganzen Teilnehmerfeld nicht gesehen. Man würde meinen, dass die Herrin Rondra so was honoriert. Sie hätte dich ruhig gewinnen lassen können.“
„Ne, schon gut“, presste ihr Vetter zwischen den Zähnen hervor, derweil Aldgirdas sich am Verband um seine linke Schulter zu schaffen machte. „Ist mir ganz recht so. Ich weiß ehrlich nicht, ob ich noch eine Runde durchgestanden hätte.“
„Hättest du vielleicht, du dummer Hornochse, aber für deinen Arm hätte es schlimme Folgen gehabt“, meinte Algirdas trocken.
Fählindis richtet den Blick auf den mittlerweile wieder knallroten Verband des Rauheneck und ein paar dünne Blutfäden, die sich den Weg über seine breite Brust bahnten. Ausnahmsweise musste sie dem Stockacher Spaßverleider Recht geben: Es wäre sicher nicht klug gewesen, Aardor noch einmal antreten zulassen. Und gut gestritten hatte er – also trotz allem etwas Ruhm an seinen Schild geheftet.
„Und du Algirdas“, meinte sie dann grinsend. „Das war ganz ordentlich für den ersten Lanzengang in einer Turney, würd ich meinen. Außerdem hat der Dschungelmensch eine Rüstung getragen – also vielleicht hat gar nicht jeder gemerkt, dass es nur einer von denen war.“
„Spottdrossel“, sagte Aardor und schüttelte den Kopf. „Hör schon auf! Wie er da im Fußkampf anfangs gegengehalten hat, das war aller Ehren wert. Hast deine Haut teuer verkauft, Algirdas, und die Familie stolz gemacht. Zumal du am Ende nicht wieder auf dem Hosenboden gelandet bist.“ Er blinzelte gutmütig.
„Und was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, Fäh?“, hakte der Stockacher nach. „Bist im ersten Anritt gefallen wie ein nasser Sack.“
„Pft!“, machte sie und lachte. „Ich hab mir überlegt, ob ich den blauen Fleck auf meinem Brustbein vielleicht mit nem Dolch nachziehe. So dass ein X als Narbe bleibt. Da könnt ich dereinst drauf deuten und zu meinen Enkeln sagen: Schaut her, hier hat mich die Lanze des Koscher Prinzen getroffen. Das wär doch was?!?“
Ihre Vettern starrten sie an. Belämmert grinsend und zugleich kopfschüttelnd. Ein bisschen so, als wüssten sie nicht, ob sie lachen oder weinen sollten.
„Wie dem auch sei“, meinte Algirdas schließlich. „Wir sind alle raus. Was machen wir jetzt?“
„Jetzt tragen wir eine Bank rüber zur Turnierbahn, setzen uns bequem hin und machen, was ihr die ganze Zeit schon wolltet“, beschloss Fählindis. „Wir besaufen uns!“