Geschichten:Kriegsvorbereitungen in Hundsgrab - Teil 4
Die Baroness von Hundsgrab nahm die Informationen auf, ohne eine Reaktion zu zeigen. Sie war völlig fassungslos und konnte – sie wollte – nicht glauben was der Junker zu Pechackern ihr mitteilte. Als dieser mit seinem Bericht fertig war sagte sie leise, „Dies wird der Grund sein, weshalb Parainor so verschlossen war. Er erzählte mir nichts seit dem er hier ist. Komm, ich bringe dich zu ihm.“
Zusammen gingen die Beiden in den Flügel der Burg, der die Quartiere der Familie beherbergte. Lydia von Kieselburg brachte Anselm Hilberan zu dem Raum, in dem sich der Baronett aufhielt und öffnete nach dem Anklopfen vorsichtig die Tür.
Parainor von Kieselburg, ein schlacksiger junger Mann Anfang zwanzig saß in dem Einschnitt der Mauer, der mit einem bleiverglasten Fenster abschloss. Der Raum war trotz der warmen Temperaturen mit einem Kaminfeuer beheizt und der Erbe zu Hundsgrab saß in einer Decke eingehüllt und blickte nach draußen. Müde blickte er zu seiner jüngeren Schwester und dem Junker. Dieser nickte ihr nur zu und die Baroness verließ das Zimmer.
„Ich habe den EIndruck ich muß Dir nicht von allen Geschehnissen und den Neuigkeiten die ich in Elenvina erfahren habe erzählen?“ Er erntete nur ein schwaches, stummes Nicken und ging näher zu Parainor hinüber. „Du mußt loslassen können von den Ereignissen. Berichte darüber was dir widerfahren ist. Lydia erzählte, du warst auf dem Turnier zu Gareth nachdem du von Deiner Queste in Weiden zurückgekehrt warst.“
„Ja Anselm, wir haben in Weiden viel erlebt und ich habe Freunde gefunden, von denen ich jetzt hoffen muß, daß sie noch leben. So viel ist geschehen. In Weiden haben wir unser Ziel nicht erreicht und doch viel bewirken und Unheil abwenden können. Doch noch viel größeres Unheil ist nun über das Reich hereingebrochen. Ich denke nicht, dass ich Dir davon berichten muß, wie es um das Reich bestellt ist?“ Der Angesprochene schüttelte nur müde den Kopf.
„Ich hatte mich entschieden noch eine Weile zu bleiben, Anselm. Gareth ist – war solch eine wunderbare, große Stadt. Würdig die Hauptstadt vom Reich Rauls des Großen zu sein.“
Das Turnier war ein ruhmreiches Fest der Großen des Reiches und dessen Hauptstadt würdig und überschattet nur von dem Auftreten des Schwarzen Ritters, der wie es später herausstellte der Truchsess verfluchten Galottas, Udalbert von Wertlingen war. Er entschied das Große Turnier beinahe für sich, doch unsere Kämpen erwiesen sich als die Besseren. Er stand unter dem Schutze der Ritterschaft, und er zahlte uns diese Ehre mit der Aufforderung zur Unterwerfung unter seinen Herrn Galotta heim. Er beschmutzte den Kaiserpalast am Abend des Schlußbanketts indem er von dem Untergang des Neuen Reiches sprach und die Herrschaft für seinen dämonischen Herrn beanspruchte. Wie recht er damit beinahe hatte, wie viel Leid er für das Reich versprach vermochte zu diesem Zeitpunkt niemand glauben, doch glaube ich, dass die Reichsregentin Emer ni Bennain die Warnungen ernst nahm. Ich jedoch, wie naiv ich doch war, glaubte niemals daran, dass unsere strahlenden Heere tatsächlich von dem verfluchten Paktierer derartig hinweg gefegt werden könnte. Die Erben des Schwarzen sind zweifelsohne gefährliche Gegner aber das Wehrheim völlig und Gareth in weiten Teilen zerstört werden würde, daran hatte niemand jemals gedacht oder es jemals geglaubt.“
Parainor schwieg einen Moment. Anselm sah, wie er zitterte, wie ihn die Erinnerung fast in den Wahnsinn trieb. Anselm schwieg, blickte mit Parainor hinaus und sah hinunter auf die Stadt Hundsgrab, in der die Menschen ihrer Arbeit fast so normal wie immer nachgingen.
„Ich war dabei Anselm“, fuhr Parainor fort, „ich war dabei als brave und ehrliche Menschen wie diese dort unten in Hundsgrab in Verzweiflung gerieten und starben als die schwarze, fliegende Festung über Gareth kam. Ich war dabei als die geflügelten Schlangen und die Zerrbilder der Greifen durch die Lüfte flogen und Menschen ergriffen, sie zerfetzten und die Teile der Leiber fallen ließen. Ich schöpfte Hoffnung als die Greifen über die Feinde kamen und sie in Scharen zerfetzten. Meine Augen und mein Herz schmerzte als viele der Boten und Streiter Praios‘ selbst in den Klauen der Feinde vergingen. Ich hielt mich in der Nähe von Neu-Gareth auf als ich Augenzeuge des Endes der fliegenden Festung wurde. Die Erbe bebte als das Ungetüm, einen Feuerschweif hinter sich herziehenden auf den Sonnentempel und die neue Residenz stützte und große Teile davon unter sich begrub und alles zerstörte. Wir hatten die Schlacht gewonnen, doch zu welchem Preis. So viele sind gestorben, so viele Hohen des Reichs, so viele Menschen in Wehrheim und Gareth – so viele Symbole zerstört.“ Mit von Tränen erfüllten Augen blickte Parainor Anselm an und konnte schließlich nicht mehr als weinend in dessen Arme zu sinken. Anselm blickte über Parainors‘ Schultern auf die Dächer Hundsgrabs. Eine Träne lief über sein Gesicht, eine Träne die all den Schmerz in sich trug, der in dem Herz des Greifenfurter Junkers lag.