Geschichten:Kunde aus Nebachot/Perricum 5
Teil V – Erklärungen
Alle waren sie in der großen Halle von Besh'hassal Ammay'shar zusammengekommen. Alle, die zur Zeit als Gäste im Haus der Pferde weilten und alle, die heute Nacht über die Mauern oder durch das Tor kamen.
Der Baron von Gallstein, der Baron von Höllenwall, Claudio, der Burgvogt von Mor'Tres, Wufhard von Steitzig j.H., sowie Simold von Haselhain, Perricum:Rimiona Paligan von Perricum, Ra’oul von Brendiltal, Hamardan a Rohd’far, Assim’a Ochtan, ein Nebachosia aus Aranien, Baron Alrik von Sturmfels, der Edle Ludovig Salvanger von Hügelwacht sowie Landvogtin Maia von Perricum und der Abt des nahegelegenen Klosters Krähenwacht, mitsamt seiner Leibwächterin Ritterin Praionna von Luring.
Nachdem die eslamsgrunder Barone von den Gerüchten berichteten, die im übrigen Königreich über die Edelgrafschaft im Umlauf waren und die sie beide veranlasst hatten gen Perricum aufzubrechen, war Simold zwar erleichtert, dass Eslam sich nicht an der Gemahlin Yendors vergriffen hatte und dass dies auch nicht der Grund des Gallsteiners für dessen nächtliches Eindringen hier war, glücklich konnte man ihn jedoch auch nicht nennen. Als die beiden Barone ihren Bericht beendet hatten, trat eine erdrückende Stille ein. Alle dachten über die Gerüchte und ungeheuerlichen Lügen nach, die außerhalb der Edelgrafschaft ihre Kreise zogen. Schlimmer aber noch, so fand zumindest Eslam von Brendiltal, dass sein Freund und Bundesgenosse ihm Verrat am Reich und an Praios zugetraut hätte.
Lauthals machte der Nebachote hier seinen Unmut Platz und teilte einem jeden im Raum seinen Zorn mit. Lediglich dem Einschreiten Simolds war es zu verdanken, dass es an diesem Abend nicht doch noch zu einem Blutvergießen kam. Auf Geheiss des Abtes wollte auch Ritterin Praionna eingreifen und wieder für Ruhe sorgen, doch kam ihr der Haselhainer zuvor. Beschwichtigend versicherte auch nochmals kühl die Grafenmutter, dass ihr Sohn nach wie vor Herr in diesem Lande sei und Eslam, der Baron von Brendiltal einer dessen treuesten Untertanen, auf dessen Unterstützung Seine Hochwohlgeboren gerade in diesen Zeit baue. Und gerade in diesen Tagen, sind wir hier auf Rat des Barons von Haselhain zusammengekommen, um zu beraten, wie wir der momentanen Lage am besten Herr werden können, wie wir den Flüchtlingen aus dem Fürstentum helfen, unsere Versorgung sichern, die Grenzen schützen und gleichzeitig vielleicht noch unseren Verbündeten im Norden Unterstützung gewähren können. Seltsam, dachte sich Ra’oul in diesem Augenblick, die Gräfinenmutter schien immer noch das Zepter in der Hand zu haben, während der Graf sich zur Zeit in anderen Teilen des Reiches aufhielt.
Doch Yendor hörte kaum das Gesprochene, entschlossen stand er auf und ging zu Eslam hinüber. Er wusste, dass er jetzt handeln musste, wollte er nicht für immer einen Keil zwischen sich und einem seiner besten Freunde treiben. Eslam sprang ebenfalls auf und erwartete den Gallsteiner mit zusammengepressten Lippen. Alle anwesenden hielten erneut den Atem an. Simold wollte erneut einschreiten, doch wurde er diesmal von Malepartus zurückgehalten. “Lass sie!” Raunte ihm der Höllenwaller zu. ”Sie sind alt genug!”
Doch die erwartenden Handgreiflichkeiten blieben aus. Lange standen die beiden Pulethaner sich gegenüber und blickten sich entschlossen in den Augen. Sie waren schon so lange Freunde, hatten Seite an Seite gekämpft, gelacht und getrunken. Es gab nichts, dass sie voneinander verheimlichten und dass sie nicht von dem anderen wussten. Von daher war es für beide Männer auch nicht nötig auch nur ein Wort zu sprechen. Alles stand in ihren Augen, ausnahmslos alles. Schließlich nickte Eslam verstehend. Er hatte die Entschuldigung seines Freundes angenommen.
Wulfhard von Streitzig atmete innerlich auf. Er war dem Gallsteiner gefolgt um einem Verräter seinen gerechten Lohn zu geben, auch wenn er ihn einmal für einen aufrechten Mann gehalten hatte und es freute ihn nun das er sich nicht in Eslam von Brendiltal getäuscht hatte. Auch der Abt Bre’shey’noks folgte der Szenrie. Wenn auch als einziger mit stoischer Ruhe. Doch nach dem Nicken des “Nebachotensultans” zuckte auch er zusammen, denn was Yendor in den Augen des Freundes gesehen hatte, entsetzte den Gallsteiner. Es war der Tod, aber nicht der Tod Yendors....